Wunder
schon.«
»Gut.«
Ich muss zugeben, August überraschte mich mehr und mehr. Er zog ein anderes Comicheft von seinem Regal und begann es durchzublättern.
»Auggie«, sagte ich. »Willst du dich wirklich von ein paar dämlichen Jungs davon abhalten lassen, zur Schule zurückzugehen? Ich weiß, dass es dir Spaß gemacht hat. Gib ihnen nicht so viel Macht über dich. Gönn ihnen nicht die Befriedigung.«
»Die haben keine Ahnung, dass ich sie gehört habe«, erklärte er.
»Nein, ich weiß, aber …«
»Es ist okay, Via. Ich weiß, was ich tue. Ich habe mich entschieden.«
»Aber das ist verrückt, Auggie!«, sagte ich nachdrücklich und riss ihm auch das neue Heft aus der Hand. »Du musst zur Schule zurück. Jeder hasst die Schule manchmal. Ich hasse die Schule manchmal auch. Ich hasse manchmal meine Freunde. Das ist einfach das Leben, Auggie. Du willst normal behandelt werden, oder? Das ist normal! Wir alle müssen manchmal zur Schule gehen – trotz der Tatsache, dass wir einen schlechten Tag haben, okay?«
»Gehen dir Leute aus dem Weg, weil sie es vermeiden wollen, dich zu berühren, Via?«, erwiderte er. Darauf hatte ich erst mal keine Antwort. »Ja, genau. Dachte ich mir. Also vergleich deine schlechten Tage in der Schule nicht mit meinen, okay?«
»Gut, das ist fair«, sagte ich. »Aber das hier ist kein Wettbewerb, wessen Tage am ätzendsten sind, Auggie. Der Punkt ist, wir müssen alle mit unseren schlechten Tagen klarkommen. Also, wenn du nicht für den Rest deines Lebens wie ein Baby behandelt werden willst, oder wie ein Kind mit Behinderung, musst du das einfach schlucken und weitermachen.«
Er sagte nichts, aber ich glaube, damit hatte ich ihn erreicht.
»Du musst mit diesen Jungs kein Wort reden«, fuhr ich fort. »Weißt du, Auggie, eigentlich ist das cool, dass du weißt, was sie gesagt haben, aber sie nicht wissen, dass du es weißt.«
»Was soll das denn heißen?«
»Du weißt, was ich meine. Du musst nie wieder mit ihnen sprechen, wenn du nicht willst. Und sie werden niemals erfahren, warum. Verstehst du? Oder du kannst so tun, als wären es deine Freunde, aber tief in deinem Inneren weißt du, dass sie es nicht sind.«
»Machst du das so mit Miranda?«, fragte er.
»Nein«, antwortete ich schnell. Ich wollte mich rechtfertigen. »Ich habe Miranda nie irgendwas vorgespielt.«
»Warum sagst du dann, dass ich das machen soll?«
»Sag ich gar nicht! Ich sage bloß, dass du dir von diesen kleinen Idioten nicht so zusetzen lassen solltest, das ist alles!«
»So wie Miranda dir zugesetzt hat.«
»Warum kommst du ständig mit Miranda an?«, rief ich ungeduldig. »Ich versuche, mit dir über deine Freunde zu sprechen. Lass meine bitte da raus.«
»Du bist ja nicht mal mehr mit ihr befreundet.«
»Was hat das mit dem zu tun, worüber wir hier reden?«
So wie August mich anschaute, erinnerte er mich an eine Puppe. Er starrte mich einfach nur mit seinen halb geschlossenen Puppenaugen an.
»Sie hat neulich angerufen«, sagte er schließlich.
»Was?« Ich war verblüfft. »Und du hast es mir nicht gesagt?«
»Sie hat nicht dich angerufen«, erwiderte er und nahm mir beide Comichefte aus der Hand. »Sie hat mich angerufen. Wollte nur Hallo sagen. Nur hören, wie es mir geht. Sie wusste noch nicht mal, dass ich inzwischen auf eine richtige Schule gehe. Ich kann nicht glauben, dass du ihr nicht mal das erzählt hast. Sie sagt, ihr zwei hängt nicht mehr so viel miteinander rum, aber sie wollte, dass ich weiß, dass sie mich immer gern haben wird wie eine große Schwester.«
Eiskalt erwischt. Komplett von den Socken. Mein Mund brachte kein einziges Wort heraus.
»Warum hast du mir das nicht erzählt?«, sagte ich schließlich.
»Weiß nicht.« Er zuckte mit den Schultern und schlug wieder das erste Comicheft auf.
»Also, wenn du nicht wieder zur Schule gehst, erzähle ich Mom und Dad das mit Jack Will«, sagte ich. »Pomann wird dich wahrscheinlich zur Schule bestellen und Jack und diese anderen Jungs dazu zwingen, sich vor versammelter Mannschaft bei dir zu entschuldigen, und dann werden dich alle wie ein Kind behandeln, das eigentlich auf eine Sonderschule gehen sollte. Ist es das, was du willst? Denn das wird passieren. Wenn nicht, geh einfach wieder zur Schule und tu so, als wäre nichts passiert. Und wenn du Jack darauf ansprechen willst, auch gut. Aber so oder so, wenn du …«
»Gut. Gut. Gut«, unterbrach er mich.
»Was?«
»Gut. Ich gehe«, stieß er aus. »Hör einfach nur
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