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Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
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wirklich nicht fit genug für die Halloween-Parade?«
    »Ganz sicher nicht.«
    Es überraschte mich. Normalerweise war August hart im Nehmen, was seine gesundheitlichen Probleme anbelangte, egal, ob es ums Skateboardfahren ein paar Tage nach einer OP ging oder darum, dass er sein Essen durch einen Strohhalm schlürfen musste, weil sein Mund praktisch zugenagelt war. Er war ein Kind, das mehr Spritzen bekommen, mehr Medikamente geschluckt, es mit mehr Behandlungen aufgenommen hatte, als die meisten Menschen es in zehn Leben tun müssen, und jetzt setzte ihn ein wenig Übelkeit außer Gefecht?
    »Willst du mir erzählen, was los ist?«, fragte ich und klang wohl ein wenig wie Mom.
    »Nein.«
    »Ist es die Schule?«
    »Ja.«
    »Die Lehrer? Der Unterricht? Freunde?«
    Er antwortete nicht.
    »Hat irgendwer was gesagt?«, fragte ich.
    »Die Leute sagen immer irgendwas«, antwortete er bitter. Ich merkte, dass er kurz davor war loszuheulen.
    »Erzähl mir, was passiert ist.«
    Und er erzählte es mir. Er hatte irgendwelche sehr gemeinen Sachen mitangehört, die irgendwelche Jungs über ihn gesagt hatten. Es machte ihm nichts aus, was die anderen Jungs gesagt hatten, das hatte er erwartet, aber es verletzte ihn, dass einer der Jungs sein »bester Freund« Jack Will gewesen war. Ich erinnerte mich, dass er diesen Jack im Lauf der letzten paar Monate einige Male erwähnt hatte. Mir fiel ein, dass Mom und Dad gesagt hatten, er scheine ein echt netter Junge zu sein und sie seien froh, dass August bereits so einen Freund gefunden habe.
    »Manchmal sind Kinder einfach blöd«, sagte ich sanft und hielt seine Hand. »Ich bin sicher, er hat das nicht so gemeint.«
    »Warum sollte er es dann sagen? Er hat die ganze Zeit so getan, als wäre er mein Freund. Pomann hat ihn wahrscheinlich mit guten Noten oder so bestochen. Ich wette, der hat gesagt: Hey, Jack, wenn du dich mit der Missgeburt anfreundest, musst du dieses Jahr keine Tests mehr machen.«
    »Du weißt, dass das nicht wahr ist. Und nenn dich nicht selber Missgeburt.«
    »Egal. Ich wünschte, ich wäre von Anfang an nicht zur Schule gegangen.«
    »Aber ich dachte, es würde dir gefallen.«
    »Ich hasse es!« Ganz plötzlich war er wütend und schlug auf sein Kissen ein. »Ich hasse es! Ich hasse es! Ich hasse es!« Er kreischte aus vollem Hals.
    Ich hielt einfach den Mund. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er war verletzt. Er war wütend.
    Ich ließ ihn noch ein paar Minuten vor sich hin wüten. Daisy begann, ihm die Tränen vom Gesicht zu lecken.
    »Na komm, Auggie«, sagte ich dann und streichelte sanft seinen Rücken. »Warum ziehst du dir nicht dein Jango-Fett-Kostüm an und …«
    »Es ist ein Boba-Fett-Kostüm! Warum bringen das alle durcheinander?«
    »Dein Boba-Fett-Kostüm«, sagte ich und versuchte, ruhig zu bleiben. Ich legte ihm den Arm um die Schultern. »Lass uns einfach zu der Parade gehen, okay?«
    »Wenn ich bei der Parade mitmache, wird Mom denken, dass es mir besser geht, und mich zwingen, morgen zur Schule zu gehen.«
    »Mom würde dich nie zwingen, zur Schule zu gehen«, entgegnete ich. »Na los, Auggie. Wir gehen. Es wird lustig, das versprech ich dir. Und du kriegst auch all meine Süßigkeiten.«
    Er legte keinen Widerspruch mehr ein. Er stand auf und zog sich langsam sein Boba-Fett-Kostüm an. Ich half ihm dabei, die Riemen zu richten und den Gürtel festzuziehen, und als er seinen Helm aufsetzte, merkte ich, dass er sich besser fühlte.

Zeit zum Nachdenken
     
    Am nächsten Morgen bauschte August die Bauchschmerzen noch einmal auf, damit er nicht zur Schule musste. Ich gebe zu, ich hatte doch ein schlechtes Gewissen wegen Mom, die sich ernsthaft Sorgen machte, ob er sich einen Virus eingefangen hatte. Aber ich hatte August versprochen, ihr nichts über den Vorfall zu erzählen.
    Am Sonntag war er noch immer fest entschlossen, nicht zur Schule zurückzugehen.
    »Was willst du Mom und Dad denn sagen?«, fragte ich ihn, als er mir das erzählte.
    »Sie haben gesagt, ich kann das jederzeit beenden, wenn ich will.« Er schaute nicht von dem Comic auf, den er gerade las.
    »Aber du warst nie jemand, der einfach so aufgibt«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Das passt nicht zu dir.«
    »Jetzt geb ich auf.«
    »Du wirst Mom und Dad sagen müssen, warum.« Ich nahm ihm das Comicheft aus der Hand, damit er mich beim Sprechen anschauen musste. »Dann ruft Mom in der Schule an und alle werden es erfahren.«
    »Wird Jack Ärger kriegen?«
    »Ich denke

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