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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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klapp
    »Der Alte Fritz!« dachte Dott. »Aber er
wird mich schon nicht einholen mit seinem Krückstock!« Und rasch lief sie weiter.
Aber unentwegt folgte ihr der Dreiklang. Sie raste um die Ecke, aber auch das
Klipp-klipp-klapp bog um die Ecke. Sie lief so schnell sie konnte, ihre Backen
glühten, und ihr Herz hämmerte, aber der humpelnde Schritt kam immer näher.
Schon ganz dicht hinter sich vernahm sie jetzt das Klappern des Krückstocks,
und deutlich hörte sie das Räuspern des alten Mannes. Noch nie in ihrem Leben
hatte sie eine solche Angst gehabt!
    »Stillgestanden!« donnerte es hinter
ihr. Im selben Augenblick fühlte sie, wie sich etwas Hartes zwischen ihre Jacke
und ihren Hals schob. Und nun wurde sie unwiderstehlich mit dem Krückstock
festgehalten und nach hinten gezogen.

    »Sie will wohl desertieren, he?« fuhr
die strenge, alte Stimme fort. »Ist mir das aber ein timides Mädel!«
    Die Kleine war mit hochrotem Gesicht
vor dem König stehengeblieben. »Timide« — das hieß wohl bange! Das wollte sie
sich gewiß nicht nachsagen lassen!
    So stellte sie sich gerade vor den
König hin und begann mit heller Stimme zu singen:
     
    »Und
wenn der Alte Fritze kommt
    und
klopft an seine Hosen,
    da
läuft die ganze Reichsarmee,
    Pan...«
     
    Weiter aber kam sie nicht, denn der
König lachte lautlos in sich hinein, und dann kniff er sie in die Wange und
sagte: »Hm, ich sehe, das kleine Frauenzimmer ist nicht ohne Courage. Nun komme
Sie man mit, ich werde mich schon revanchieren vor Ihrer guten Meinung for
mich!«
    Die Kleine wunderte sich nicht über die
seltsame Redeweise des Königs. »Es ist, wie wir es in der Schule gelernt
haben«, dachte sie. »Der König kann wirklich nicht richtig deutsch reden!«
    Nach dem Dreißigjährigen Kriege hatten
die Leute nämlich in der Mark zuviel damit zu tun, alles wieder aufzubauen, was
zerstört worden war. Da hatten sie sich natürlich nicht um eine feine Sprache
kümmern können, das wußte Dott. — Eine vornehme, schöne Sprache aber gab es
damals in Frankreich. Und der Alte Fritz glaubte, es sei am gescheitesten, wenn
er all das, was es in der Mark noch nicht gab, einfach aus Frankreich
herüberholte, die Bücher und Theaterstücke, die Pläne für seine Parkanlagen und
Schlösser und die französische Sprache. Deshalb sprach der König ein so
sonderbares Gemisch aus französisch, märkisch und hochdeutsch durcheinander.
    Der König legte seine kleine feste Hand
auf ihre Schulter, und sie mußte nun mit ihm gehen, ob sie wollte oder nicht.
So schritt sie denn stramm neben dem König einher. Klipp klipp und klipp klipp
klapp! im Fünfschritt durch die schlafenden Straßen.
    Überall mußte der König stehenbleiben
und alles mustern, und dabei brummte er vor sich hin: »Nicht übel!« oder: »So,
so! Das steht also noch!« oder auch: »Was soll denn das? Dummes Zeug!« Und
jedesmal, wenn er in Zorn geriet, schnupfte er. Die Schnupftabaksdosen waren
schön und prächtig, und jedesmal zog er eine andere heraus, aber der Rock, den
er trug, der war alt und schäbig und gestopft und, Dott konnte das wirklich
nicht anders bezeichnen — schmutzig. »Das kommt vom vielen Schnupfen«, meinte
die Kleine.
    Und während sie so nebeneinander
dahingingen, fühlte sie sich immer sicherer in der Gegenwart des Königs.
    Er hatte sich wieder auf ihre Schulter
gestützt und schritt rasch mit ihr in den Park von Sanssouci hinein.
    Kaum jedoch waren sie durch das Tor
hindurchgegangen, als zwei prächtige Windhunde herbeistürmten und am König
hochsprangen.
    Im Königspark war es so schön, daß die
Kleine meinte, etwas Schöneres könne es gar nicht geben! Lange Alleen von
gewaltig hohen, gewölbten Buchen gab es und dunkle Wege zwischen Fliederhecken.
Schweigend schritt die Kleine an der Seite des Königs durch den Park und über
die breiten Treppen zum Schloß hinauf, das hoch oben wie eine Krone über den
Königsgärten lag.
    Sie wußte wohl, was der Name Sanssouci
bedeutete. Schloß Ohnesorge hieß das Märchenschloß, das Friedrich der Große
dahin gesetzt hatte, wo zuvor nichts als dichter Eichwald war. Auf die Kuppe
eines Berges hatte er es gebaut, so daß er von da aus gerade noch die Stadt
Potsdam sehen konnte.
    Dott blickte zum Alten Fritz auf. Ganz
ohne Sorgen war Friedrich der Große wohl nicht geblieben! So sah ein König
nicht aus, der sein Leben in lauter Freude in einem Lustschloß verbracht hatte.
Seine Augen lagen tief in den Höhlen, und tiefe Falten zogen sich

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