Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott
Leichtfuß
und der da hinten, das ist Krai Topfgucker. — Du mußt nämlich wissen,
Menschenkind, daß mehr als eine alte Nebelkrähe nötig war, um
herauszubekommen, wohin Pica-Pica dich verschleppt hatte.«
Die kleine Dott errötete, als Cornix
auf die »alte Nebelkrähe« anspielte. Als sie aber verstohlen zu ihm
hinüberblickte, entdeckte sie das ihr so vertraute Blinzeln in seinen Augen.
»O Cornix!« rief sie und legte beide
Arme um seinen Hals. »Du darfst mir nicht böse sein! Denn siehst du, eine alte
Nebelkrähe bist du ja wirklich! Aber du bist die herrlichste aller Nebelkrähen
in der Welt!«
Cornix lachte kurz auf. Dann räusperte
er sich und schaute der Kleinen fest in die Augen. »Gurian ist mit seinem
Schwarm nach Osten weitergezogen. Er bittet dich, so schnell wie möglich zu ihm
zurückzukehren. Denn tust du es nicht, so müssen die Reiher glauben, Ruro
Sturmflug könne darüber entscheiden, mit wem die Reiher ziehen dürfen.«
Die Kleine fühlte, wie sie rot wurde.
Mit zusammengezogenen Brauen dachte sie nach. Nach ihrer Flucht mußten die Reiher
natürlich glauben, daß Ruro Sturmflug im Recht war. Denn Gurian reiste ja
wirklich ohne das Menschenkind und die Krähe weiter, wie Ruro Sturmflug es
gefordert hatte.
»Da habe ich ja etwas ganz Dummes
gemacht!« sagte sie. »Und ich wollte Gurian helfen, Cornix«, fügte sie leise
hinzu.
»Darum brauchst du dich nicht zu
schämen, kleine Dott«, sagte Cornix schnell. »Gurian weiß genau, wie du es
gemeint hast! — Aber auf nun und fort!«
Bevor sie aber ihren Flug nach Osten
fortsetzten, wollte die Kleine dem Krähenfürsten und Mutter Kra noch ein
Geheimnis mitteilen. In der Nähe von Leipzig nämlich, als die Elstern in einem Walde
wieder eine kleine Ruhepause gemacht hatten, war ihr Frau Harke noch einmal
begegnet. Nicht in ihrer Macht und Schönheit wie in der Frauharkenhöhle. Nein,
in der Gestalt, in der sie in jener Gegend erscheint: als Frau
Buckmarte, barfuß und alt, mit einem Tragkorb auf dem Rücken, so daß Dott sie
zuerst gar nicht erkannt hatte. Nachdem sie der jammernden Alten drei Dornen
aus dem wehen Fuß gezogen hatte, da hatte ihr Frau Harke verraten, wo sie ein
Heilmittel für das kranke Schwesterchen finden könnte.
»›Über den Wolken suche das Mittel aus
Sonne, Erde und Regem, hat Frau Harke gesagt«, schloß Dott ihren Bericht, »bei
dem Alten soll ich es suchen, der stärker ist als der Nebelgeist daheim. Ich
habe aber bis jetzt noch nicht herausbekommen, Cornix, was Frau Harke damit
gemeint hat! Wie soll ich denn über den Wolken nach dem Mittel suchen?«
»Hm«, machte Cornix, »ich glaube, das
Rätsel könnten wir lösen. Aber ich möchte dir doch raten, Dott, daß du die
Worte der Frau Harke nicht noch einmal aussprichst. Am besten ist es, du redest
überhaupt nicht mehr darüber, bis du den Alten vor die stehen siehst!«
Die Kleine hätte gern noch einige
Fragen gestellt. Zum Beispiel, wie sie denn den Weg zu dem Alten finden sollte,
wenn sie nicht nach ihm fragen durfte.
Aber sie beschloß, dem Rat des Cornix
zu folgen. Schweigen, das konnte sie schon, wenn es darauf ankam! Aber sie
meinte, daß man nicht gerade leichter aus den Schwierigkeiten herauskam, wenn
man nicht über sie sprechen durfte!
In Rübezahls
Garten
Neuigkeiten
Die kleine Dott hatte bei den Elstern
eine so rauhe Behandlung erfahren, daß sie meinte, die Krähen müßten nun um so
freundlicher zu ihr sein. Sie waren ja ihre Retter! Die jungen Krähen aber
schienen nicht die Absicht zu haben, sie zu verwöhnen.
Besonders unverhüllt aber zeigte Mutter
Kra ihre Unlust. — »Noch nie hat ein Tier so streng mit mir gesprochen wie
sie!« dachte Dott. Dabei hatte Mutter Kra eine Art, sie mit einem Auge
anzusehen und das andere zu schließen, die Dott in Verwirrung bringen konnte.
»Ich muß einmal ein ernstes Wort mit
den jungen Krähen sprechen«, überlegte Dott. »Was nutzt es, wenn Retter retten,
dann aber nichts von einem wissen wollen!«
So setzte sie sich eines Morgens auf
ein Grashügelchen. Sauber mit Großmutters Seife gewaschen und mit Großmutters
Kamm gekämmt, erwartete sie die Rückkehr der jungen Krähen, die zur
Nahrungssuche ausgeflogen waren. Dabei malte sich die Kleine aus, wie lustig es
doch sein könnte, mit den jungen Krähen zu reisen. Und sie dachte mit Sehnsucht
an die Spiele und Neckereien der jungen Reiher!
»So schön wie die Reiher waren die
Krähen natürlich nicht. — Aber Krähen haben
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