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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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einen Herrn hättest, der Jahr
für Jahr zu jeder Messe nach Leipzig kommt, so würdest du dich über nichts mehr
wundern!«
    »Was hat denn eigentlich dein Herr hier
ausgestellt?« fragte die kleine Dott neugierig.
    »Ach, ausgestellt hat er eigentlich
nichts«, erwiderte Schlampel ausweichend. Dann jedoch fuhr er eifrig fort:
»Aber eine ganze Musikkapelle bringt er mit. Denn wenn die Messe wochenlang
dauert, muß man auch für Kunst und Unterhaltung sorgen. Komm nur schnell hinter
mir her, ich rieche, daß jetzt das Beste von der Messe kommt!« Und eilig lief
er unter den Ständen hindurch quer über den Markt. Die Kleine folgte ihm, so
schnell sie konnte. Sie wollte Schiampel bitten, sie auf die Reise mitzunehmen.
Denn wenn sein Herr mit einem ganzen Konzerthaus reiste, so würde es ihm wohl
nichts ausmachen, wenn sie in einem der Wagen bei ihm unterkam.
    Auf der Hauptstraße, die über den
ganzen Markt führte, kam jetzt eine Menagerie herangezogen. Voran ein
Riesenelefant, dessen ganzer Körper von einem Bretterkasten verdeckt war, um
ihn bis zum Auftreten vor den Blicken der Neugierigen zu schützen. Nur die
mächtigen stampfenden Beine waren darunter zu sehen. Ihm folgten Kamele, Strauße
und in vielen Gitterwagen die seltensten Tiere.
    Die Kleine war so in den Anblick
versunken, daß sie mit offenem Munde dastand, als sie plötzlich um die Hüften
gepackt und in die Höhe gehoben wurde.
    »Wen haben wir denn da?« fragte ein
struppiger kleiner Mann, der sie fest in seiner Hand hielt und langsam vor
seinen Augen hin und her drehte.
    »O bitte, lassen Sie mich los!« rief
Dott voll Angst und wand sich in dem Griff des Fremden. — Ach, sie hatte
vergessen, daß sie wieder in eine andere Zeit hinuntergestiegen war und von
allen gesehen werden konnte!
    »O nein, mein Püppchen!« erwiderte der.
»So eine wie dich können wir gerade brauchen! Du wirst mir fein zu meiner Orgel
tanzen, und Schlampel wird dann ein schönes Stück Geld in meinem Hut
zusammenbringen!«
    Die Kleine blickte auf Schlampel. »Das
also ist sein Herr!« schoß es ihr durch den Kopf. Und die Musikkapelle, mit der
er reiste, war nichts anderes als eine alte Drehorgel! Hatte er sie vielleicht
absichtlich hierhergelockt, um sie in die Gewalt seines Herrn zu bringen?
    Als sie aber auf Schlampel schaute,
mußte sie diesen Verdacht sofort aufgeben. Er kroch mit dem Bauch auf der Erde
und sah mit flehenden Augen zu ihr auf, so sehr schämte er sich, weil seine
Großsprechereien nun herausgekommen waren.
    Dott schaute verzweifelt nach Hilfe
aus. Aber an dieser Stelle des Platzes war nichts anderes zu sehen als
fahrendes Volk: Seiltänzer und Gaukler, Luftspringer und Zauberer und davor die
Schaulustigen. Zu ihrer Rechten hatte ein Wunderdoktor seinen Stand, zur Linken
machte ein Taschenkünstler seine Kunststücke, und gegenüber stand neben einem
Wachsfigurenkabinett eine Wanderbühne.
    Nein, hier würde ihr niemand helfen,
denn hier war sie nur ein Schaustück für Neugierige, genauso wie die
Mißgeburten oder Spaßmacher auf diesem Jahrmarkt.
    Da wurde sie auch schon von Schlampels
Herrn auf die Drehorgel gesetzt. Und schon stellten sich auch die ersten
Zuschauer vor der Drehorgel auf. Gehorsam hatte sich Schlampel auf den
Hinterbeinen aufgerichtet und hielt den Hut seines Herrn zwischen den Zähnen,
um die Gaben entgegenzunehmen. Der kleinen Dott stieg das Blut in die Wangen,
als sie die Blicke der Menge auf sich gerichtet sah und ihre Bemerkungen hörte.
    »Nein, niemals werde ich vor diesen
Menschen tanzen!« dachte Dott empört.

    »Los jetzt!« flüsterte Schlampels Herr
und begann die Orgel zu drehen.
    »Diddeldumdei!« machte die Orgel. Und
die Kleine faßte mit beiden Händen ihr Röckchen und begann sich langsam auf der
Orgel hin und her zu drehen, während sie die Zähne zusammenbiß.
    »Cornix und Gurian habe ich verloren«,
sagte sie zu sich selbst. »Aber noch nicht meinen freien Willen und meinen
Mut!« Und bei diesen Worten machte sie einen Sprung vom Kasten und fiel —
mitten durch das Laubwerk und die Zweige des Baumes hinunter, auf dem sie am
Abend zuvor zwischen den Elstern eingeschlafen war.
    Betroffen blieb sie auf der Erde
sitzen.
    »So also war das!« dachte sie, während
die Elstern aufgeregt um sie herumsprangen, »aber solange ich nur meinen Mut
und meinen freien Willen behalte, kann noch alles gut werden. Und das will ich
mir merken!«
     
     
     

Freunde in der Not
     
    Nach den wunderlichen Erlebnissen in
Leipzig

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