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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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alles!«
sagte die kleine Dott. Sie erkannte, daß die Rennefarre sie wieder in eine
vergangene Zeit zurückversetzt hatte. Sie mußte wohl um hundert Jahre
zurückgewandert sein, denn da war es ja, daß gerade die ersten Eisenbahnen in
Deutschland gebaut wurden. Nun verstand sie auch, warum die Leute so altmodisch
gekleidet waren!
    Immer neue Planwagen rollten auf den
Markt. Auf schwankenden, hochbepackten Fahrzeugen kamen die Töpfer aus der
Oberlausitz. Die Wagen der Kammacher und Spielwarenhändler aus dem Erzgebirge
und der Glasbläser aus dem Riesengebirge und aus Böhmen polterten über das
holperige Pflaster. Alles, was man zum Leben brauchte, das wurde hier auf dem
Markt angeboten: Barchent aus Nürnberg und Kempten, Tücher aus Schlesien, Weine
aus Franken und dem Rheinland — Siebe, Matten, Öfen, Blechwaren, Porzellan und
Klaviere, Bücher, Trompeten, Geigen und Kinderwagen, Maschinen und
Lebensmittel, alles war hier ausgestellt.
    Die kleine Dott war froh, einen Führer
an der Seite zu haben, der es so meisterhaft verstand, unter den Ständen und
Wagen durchzuschlüpfen und sich zwischen den Beinen der Männer und den
Rüschenröcken der Frauen hindurchzuwinden. Aber immer wieder mußte sie
stehenbleiben, so viel gab es zu sehen! Jetzt mußte sie die englischen
Kaufleute aus Manchester beobachten, die ihre Ballen mit feinen Tuchwaren mit
elegantem Schwung über die Tischplatte rollten. Andere englische Kaufleute
legten ihre blitzenden Stahlwaren aus, oder sie bauten Proben der Waren aus
ihren Kolonien auf: Seide, Kaffee, Gummi, Tee, Reis und Gewürze. — Besonders
lange mußte die Kleine vor den Stickereien und Spitzen aus Brabant stehen und
überlegen, welche unter den Kostbarkeiten sie wohl für ihre Mutter und
Großmutter auswählen würde —wenn sie Geld genug hätte!
    »Wenn du fertig bist, könnten wir ja
auch einmal wieder weitergehen«, meinte Schiampel ungeduldig. »Ich bin ganz
anderes gewohnt als dies!«
    » Was für ein Hund!« dachte Dott.
»Ich darf ihn nicht immer warten lassen!« Sie lief wieder eilig hinter ihrem
Freund her, während ihre Achtung vor ihm zu wachsen begann. Nach wenigen
Schritten aber mußte sie wieder stehenbleiben, um die Türken anzustaunen, die,
den Fez auf dem Kopf, ihre Tabakwaren und getrockneten Früchte und Leckereien
feilboten, und die vorführten, wie ihre Teppiche gewebt wurden.
    Je größer aber die Begeisterung der
kleinen Dott wurde, um so gleichgültiger schien ihr Begleiter zu werden.
    »Was du hier siehst, ist ja noch gar
nichts!« sagte er wegwerfend. »Wenn du nur etwas schneller vorwärtskommen
wolltest, so würden wir endlich in die Straße kommen, in denen alle Häuser bis
zum Dach bedeckt sind von bunten Plakaten, Luftballons und lustigen Figuren,
die über der Straße baumeln. Ich könnte dich zu den alten Meßgewölben führen,
die ganz voll sind von den wunderbarsten Dingen. Aber was verstehst du schon
von der Messe!« fügte er mitleidig hinzu. »Ich will dir nur sagen, daß die
ganze riesige Stadt Leipzig einzig und allein wegen der Messe da ist«, erklärte
er plötzlich triumphierend, indem er vor der Kleinen stehenblieb. »Mein Herr
sagt, daß alle Bürger ihre Häuser und Stuben zum Quartier für die fremden
Kaufleute machen und daß immer neue Häuser für die Fremden und ihre Warenproben
gebaut werden. Die Messe ist es, die den Rat und die Bürger so reich gemacht
hat, sagt mein Herr«, setzte er stolz hinzu »Aber paß auf, was jetzt
geschieht!«
    In diesem Augenblick erklang ein
Glockenzeichen vom Rathaus herüber, und gleichzeitig fuhr dort ein großes
Strohbündel an einer langen Stange in die Luft.
    »Was bedeutet denn das wieder?« fragte
die Kleine schüchtern.
    »Jetzt wird die Messe eingeläutet«,
erklärte ihr Begleiter. »Und der Marktwisch da bedeutet, daß der Handel
beginnen darf. — Achtung! Jetzt geht’s los!« rief er. »Jetzt wirst du was
erleben!«
    Mit einem Male wurde das Brausen zu
einem ohrenbetäubenden Lärm. Von allen Seiten drängten die Kaufleute auf den
Markt, Deutsche, Russen, Amerikaner, Engländer, Bulgaren, Araber, Norweger — es
war ein Marktplatz der ganzen Welt, auf dem alle Völker der Erde Proben ihrer
Waren ausstellten, verkauften und kauften, Angebote machten und Bestellungen
annahmen. Ein solches Schreien, Lärmen und Wühlen war jetzt auf dem Markt, daß
Dott ganz betäubt in eine leere Kiste kroch.
    »Du bist das eben nicht gewohnt«, sagte
Schlampel herablassend. »Wenn du aber, wie ich,

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