Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott
darin mehrere Mägde an den
Tischen und am offenen Herdfeuer hantieren. Hölzerne Eimer und Schüsseln,
kunstvolle bronzene Siebe, schöne bauchige Tontöpfe und mächtige Schalen und
Schüsseln aus Bronze standen auf den Bänken und Tischen. In der Nähe der Tür
aber sah Dott eine Frau vor einem Holzgestell stehen, auf dem ein großer,
flacher, runder Stein lag.
»Was macht denn bloß die Frau da?«
fragte Dott, als sie sah, wie die Magd den Stein mit einem Holzstab im Kreis
drehte.
»Kannst du nicht selbst sehen, was sie
macht?« fragte der kleinste Junge erstaunt zurück. »Hier wird doch das Korn zu
Mehl gemahlen!«
Die älteren Kinder stießen den Bruder
an. »Wie sprichst du denn mit einem Gast!« flüsterten sie ihm zu. »Überhaupt,
starr das kleine Mädchen doch nicht so an!«
Die Kleine errötete und wandte sich
rasch wieder der Mühle zu. Jetzt konnte sie selbst erkennen, wie es vor sich
ging! Zwei runde Mahlsteine lagen aufeinander. In der Mitte des oberen
Mahlsteines war ein rundes Loch, in das die Magd aus einem Troge Körner
schüttete, die gerieten beim Drehen zwischen die Steine und wurden zermahlen.
An der Seite kam das fertige Mehl heraus und fiel in einen hölzernen Eimer. Das
war ganz einfach, meinte Dott. Aber wie mühselig, wenn jeder Bauer sein Korn
selbst mahlen sollte!
»Habt ihr denn keine ordentliche Mühle
im Dorf?« fragte sie darum.
»Ich verstehe gar nicht, wie du
sprichst! Bessere Mahlsteine als diese kannst du lange suchen«, erwiderte
höflich, aber bestimmt der älteste Junge.
Die Kleine meinte, schönere Kinder
hätte sie noch nie gesehen. Sie sahen nicht wie andere Bauernkinder aus, sie
trugen Sandalen an den bloßen Füßen, und ihre Kleider bestanden aus kurzen
Kitteln, die mit seltsam verschlungenen Mustern geziert waren. Schöngewirkte
Stirnbänder trugen die Mädchen über den blonden Zöpfen, und den Jungen wuchs
das Haar bis in den Nacken. Wie Königskinder sahen sie aus.
Die Kinder hatten sich von der Magd am
Herd einen Stapel warmer Fladenbrote auf einen Holzteller packen lassen. »Komm
jetzt!« rief der älteste Junge, und vergnügt sprangen die Kinder mit den Broten
davon.
Während sie aber über den Hofplatz
liefen, mußte die Kleine sich von neuem wundern. Das war doch wirklich ein
seltsames Bauerngehöft! Wie ein kleines Reich für sich war es, in dem man ganz
allein fertig wurde und niemanden brauchte. Da wurde gesägt und gehobelt,
große, schwerfällige Wagen wurden angefertigt, Korbe geflochten, Tontöpfe auf
einer Drehscheibe geformt, und ein alter Mann fertigte aus einem Lederstück
Sandalen an. Durch eine offene Tür blickte sie in einen Raum, in dem große
Webstühle standen, und aus einer Schmiede hörte sie die Schläge des Hammers auf
dem Eisen. Funken sprühten und Feuer loderte auf.
»Macht ihr denn alles selbst?« fragte
sie verwundert.
»Wer soll es uns denn machen, wenn wir
selbst es nicht tun?« fragte der älteste Junge zurück.
»Ich meine, ob ihr euch denn gar nichts
fertig kauft? Habt ihr denn keine Geschäfte und keine Händler?« fragte Dott nun
ungeduldig.
»O ja, wir kaufen auch etwas.
Großmutters schöne römische Gläser und Mutters Mosaikkästchen und ihre feinen
Stoffe aus Byzanz, die kaufen wir von Curtius, dem römischen Händler. Er aber
kauft dafür von uns Jagdhunde und edles Pelzwerk. Wir tauschen auch Pferde mit
den Nachbarn aus, und unsere Waffen sind begehrt im ganzen Land. Aber das, was
man täglich nötig hat, das kauft man doch nicht, das macht man doch selbst!«
Die Kinder traten jetzt über eine hohe
Balkenschwelle in das Hauptgebäude ein, und nun hatte die Kleine wieder über
etwas zu staunen. Nein, ein solches Bauernhaus hatte sie wahrhaftig noch nie
gesehen! Wie eine Halle sah das einzige Gemach des Hauses aus, und es reichte
bis zum Dach, man konnte das mächtige Sparrenwerk sehen. Und wie herrlich waren
die Pfeiler und Balken geschnitzt! Wunderschöne Teppiche hingen an den Wänden,
weiche Bärenfelle waren überall über den hartgestampften Lehmboden gebreitet,
Felle und weiche Kissen lagen auf den Bänken, und vor der offenen Feuerstelle
standen reichgeschnitzte Sessel.
Königsbauern waren es, die in einem
solchen Bauernhaus wohnten, meine Dott voll Bewunderung. Und plötzlich sprang
sie in die Höhe vor Freude. Jetzt wußte sie, was für Bauern es waren, die in
diesem seltsamen Dorf wohnten!
»Die Silingen sind das! Die Wandalen!
Jetzt gehe ich hier mit meinen Schuhen auf ihren Teppichen und
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