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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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Martin.«
    Zur Bestätigung nickte der Arzt. »Obersturmbannführer Varusbach. Der Verbindungsmann der SS zur IG Farben«, erklärte er ruhig.
    Unsicher fuhr Hannah fort: »Ich lag bereits im Bett, während sie nach dem Essen noch lange im Arbeitszimmer gefachsimpelt haben. Er ist ebenfalls Chemiker, musst du wissen. Sie haben sich auf Anhieb gut verstanden. Erik hat in den höchsten Tönen von ihm geredet. Doch dann …«, mehr und mehr fehlten ich die Worte. Es dauerte einige Zeit, bis sie weitersprechen konnte. »Die letzten Tage wollte er nur noch bei seiner Tochter sein. Hat das Arbeitszimmer gar nicht mehr benutzt. Ist mitten in der Nacht zu ihr gegangen und hat dort weitergearbeitet, während sie schlief.«
    Mit offenem Mund packte sie sich an den Kopf und starrte auf das Foto ihres Mannes. »Er wurde immer geheimnisvoller, ich kam einfach nicht mehr an ihn heran. Deine Kollegen von der Kriminalpolizei und Varusbach sagten, sie hätten in seinem Schreibtisch in der Firma unzählige Arzneien gefunden. Beruhigungspillen, dazu leistungssteigernde Präparate, was weiß ich, wie das Zeug heißt.« Erneut schüttelte sie den Kopf. »Wieso habe ich davon nichts bemerkt? Wieso ist es mir nicht aufgefallen?«
    Nikolas konnte nur ahnen, wie schwer es für sie sein musste, jetzt weiterzureden. »Was sagen die Ermittlungsakten?«
    »Abgeschlossen«, wisperte sie, bevor ihre Stimme vollends versagte und in ein schmerzvolles Schluchzen überging.
    »Hannah, das ist nicht deine Schuld«, sagte Martin ruhig und legte seine Hand auf ihre. Nikolas überließ ihm den Teil des Tröstens. Immerhin war er Arzt und hatte eine gewisse Übung im Umgang mit trauernden Menschen.
    Mehr und mehr ließ Nikolas’ Geist dem unguten Gefühl Platz. War es erst unterschwellig und kaum zu greifen, breitete es sich mit jedem Satz mehr aus. Erik? Mit einem Schreibtisch voller Drogen? Hannah hatte das richtige Wort benutzt: unfassbar.
    »Wohnt dieser Varusbach auch hier in der IG-Farben-Siedlung?«
    »Das kann ich dir nicht sagen, Nikolas. Wenn du mit ihm reden willst, dann solltest du ihn morgen auf der Arbeit aufsuchen. Erik arbeitete in der chemischen Forschung, soviel weiß ich.«
    »Danke.« Es dauerte ein paar Momente, bis sie sich wieder gefangen hatte.
    Nikolas wusste nicht, ob er die Frage stellen sollte, die ihm seit heute Morgen auf der Seele lag und mit jeder Sekunde schwerer wurde. »Hannah, glaubst du daran, dass es Selbstmord war?«
    Ihre Reaktion blieb aus, als hätte sie damit gerechnet. Ihr Gesicht war in Stein gemeißelt. »Ich kann es dir nicht sagen. Es ist schwer zu glauben. Wenn du etwas bei Varusbach rausfinden solltest, und ist die Information noch so klein, bitte sag es mir, ja?«
    Dann brannte sich ihr Blick in seinen. Durch das vom Kerzenschein glühende Schwarz ihrer Pupillen schien sie direkt auf seine Seele zu sehen. In diesem Moment wirkte sie kühl, aber die rötliche Haut um ihre Augen verriet, dass sie heute noch viele Taschentücher benutzen würde.
    »Wenn ich irgendetwas weiß, wirst du es als Erste erfahren, das verspreche ich.«
    Angestrengt nestelte sie an einer Serviette herum, bis nur mehr wenige Fetzen übrig waren. »Danke schön.«

Kapitel 5
     
    – Sirenenlied für einen Toten –
     
    Draußen war es ruhig. Wer nichts zu erledigen hatte oder seinen Dienst verrichten musste, war nicht mehr auf der Straße. Alle suchten die Nähe eines schützenden Bunkers.
    »Du glaubst nicht an Selbstmord, oder?«, wollte Martin wissen, als sie in den Dienstwagen stiegen. Ihre Blicke trafen sich.
    »Du hast gesagt, du bist Arzt und glaubst allein an die Wissenschaft. Ich bin Polizist und glaube an Verbrechen.« Bevor er die Tür schloss, hob er sein Gesicht und schmeckte einen scharfen Geruch.
    »Kommt von den Werken da hinten«, sagte Martin matt, ohne aufzusehen. »Ich habe keine Ahnung, was die da produzieren oder mischen, aber es riecht scheußlich.«
    Als sie die Stadtgrenze erreichten, konnte er einen Blick auf die Verteidigungsanlagen werfen, die scheinbar extra für das Werk aufgebaut waren. Die Flakbatterien waren einige Meter in der Erde versenkt, sodass nur das Rohr der Acht-Achter herausragte. Diese Bezeichnung hatte das donnernde Rückgrat der Luftverteidigung wegen des Kalibers erhalten, das sie auf feindliche Bomberverbände feuerte. Der IG-Farben-Komplex war gut gesichert. Waren für Städte nur wenige dieser grauen Ungetüme vorgesehen, säumte hier eine Batterie nach der anderen das Feld vor dem

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