Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
Vom Netzwerk:
aufgeknöpften Uniformjacken streckten sie die rechte Hand aus und schlugen die Hacken zusammen.
    »Herr Kommissar, entschuldigen Sie bitte, wir dachten es wäre wieder mal eine der Wachen …«
    Er war zu aufgeregt, um zu antworten, winkte deshalb nur ab. Dann trug er sich aus der Liste aus und einer der Soldaten zeichnete gegen. Im Augenwinkel konnte er Rohn erkennen, der den Kolben des Gewehrs befühlte. Eine einzige falsche Bewegung, ein falsches Blitzen in den Augen und er würde …
    Nikolas wollte nichts als weg, auch um das Leben der Soldaten willen. Rohn wurde nervös, die Muskeln an seinen Wangenknochen spielten, seine Augen rasten. Nikolas musste etwas tun.
    »Gut«, polterte er, allen Mut zusammennehmend. »Disziplin und Ordnung, meine Herren.«
    »Jawohl, Herr Kriminalkommissar!«, riefen die drei im Chor.
    Er stapfte davon und versuchte, selbstsicher auszusehen, obwohl er das Gefühl hatte, seine Beine würden jeden Augenblick einknicken.
    Sie hatten Glück, niemand kam ihnen auf der Treppe nach oben entgegen. Es konnte durchaus vorkommen, dass im Keller der Avenue Foch die Hölle los war. Dutzende Verdächtige gingen in diesen Keller und wurden später wieder herausgetragen – entweder in die Zellen oder direkt ins Grab. Doch nicht heute. Die Wachsoldaten an der zweiten Schleuse salutierten lediglich, ohne sie direkt anzusehen. Ein Hoch auf die anonyme Masse und die unzähligen schwarzen Schatten, die sich nur im Detail unterschieden. Aber wer guckt schon in Gesichter, wenn er den Rang auf der Schulterklappe im Auge haben muss.
    Nikolas konnte selbst nicht glauben, wie weit sie gekommen waren.
    »Ruhig«, mahnte Rohn ihn und legte die riesige Hand auf den Unterarm. Im beleuchteten Gang konnte Nikolas die Wunden in dessen Gesicht besser erkennen. Rot schimmerten sie unter der Schirmmütze hervor und Rohns Auge nahm langsam eine violette Färbung an. Das würde nie funktionieren, nie.
    »Wo ist der Haupteingang?«
    Nikolas deutete mit dem Kopf auf die große Halle, die von Büsten Hitlers gesäumt war. »Zu viele Kontrollen. Vielleicht durch den Hintereingang, wo die Autos stehen, da sind weniger.«
    »Gut, dann los, und immer schön grüßen.«
    Um diese Zeit waren kaum noch Soldaten und Ermittler auf den Korridoren unterwegs. Sein Augenmerk und die Hauptsorge bildeten die Wachposten, die stoisch ihr Werk verrichteten und wie stumme Säulen an den Eingängen postiert waren. Er hielt sich an, langsam zu gehen. Dann traf es ihn wie ein Schlag. »Scheiße!«
    »Was ist los?«, flüsterte Rohn hinter seiner Schulter.
    »Luger.«
    Mit dem Soldaten, den Nikolas geschickt hatte, um den Arzt zu holen, und drei weiteren Uniformierten stapfte er missmutig die Treppen zu den Bürogebäuden hinunter, direkt in ihre Richtung.
    »Ab nach oben«, befahl Rohn kühl und zog Nikolas die Gegentreppe hoch. »Was ist da?«
    Nikolas stolperte. »Die Büros des Reichssicherheitshauptamt V, die Reichskriminalpolizei.« Die Worte kamen automatisch aus seinem Mund.
    »Also deine Abteilung und dein Büro.«
    Bevor er eine Antwort geben konnte, hatten sich Rohns dicke Finger um seinen Oberarm gelegt und zogen ihn die Treppe hoch. Sein Griff schien aus Stahl zu sein, so sehr schmerzte die Stelle. Nur noch die letzten Stufen, und endlich hatten sie es geschafft. Dann, nur für einen Moment, wandte Nikolas sich nach hinten um. Luger blieb wie angewurzelt stehen und legte die Stirn in Falten.
    »Brandenburg?«
    Auch wenn Luger die Worte geflüstert hatte, so meinte Nikolas doch, dass die Lippen des Vorgesetzten seinen Namen geformt hatten.
    »Brandenburg!«
    Jetzt war er sich sicher.
    »Beweg dich«, befahl Rohn. Er hatte völlig die Kontrolle übernommen. Von etlichen Büros drang ein Lichtschimmer auf den Flur hinaus. Ihre Schritte wurden vom gemusterten Teppich gedämpft, der dem Bau etwas Beruhigendes geben sollte.
    »Haltet sie!« Lugers durchschneidende Stimme hallte mehrmals wider. Es dauerte nur wenige Momente, bis mehrere Kriminalkommissare ihre übermüdeten Gesichter aus den Türen herausstreckten. Zuerst blickten sie fragend, doch als Lugers Stimme erneut ertönte, zogen sie ihre Waffen.
    Sofort schoss Rohn mit dem Mauser-Gewehr. Das dumpfe Knallen in direkter Nähe ließ Nikolas’ Trommelfell beinahe zerspringen. Das Projektil schlug krachend in die Wand ein, Holzsplitter flogen durch die Luft. Rohns Gesicht hatte sofort etwas Animalisches, als hätte man einen Löwen zu lange gereizt. Nikolas spürte die Pranke des

Weitere Kostenlose Bücher