Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
Vom Netzwerk:
Kiste. Aber da war er. Atmete kaum noch. Vollgepumpt mit Drogen.« Sie stöhnte auf. Ihre braunen Haare legten sich vor ihr Gesicht und verbargen ihre Augen. »Wir haben in Leverkusen viele gute Leute verloren.« Dann fiel sie wieder in die kühle Starre, wollte die Emotionen behüten wie ein kostbares Gut.
    Nikolas befühlte den Brief in seiner Innentasche. ›Für Dich hinterlassen.‹ Es trug nun die Verantwortung, der Junge, das Geschenk. »Warum sollte Erik mit Ihnen Kontakt aufgenommen haben? Warum nicht direkt mit den Tommys oder Amis? Sie und Ihre Leute werden ja wohl kaum in der Lage sein, so eine Wunderwaffe zu stoppen.«
    Sie sah tief in seine grünen Augen, als versuche sie, in ihnen zu lesen, sie zu ergründen.
    »Wir haben Beziehungen«, sagte sie schließlich. »Falls es wirklich so etwas wie eine Wunderwaffe geben sollte, dann können wir sie an die richtigen Stellen weiterleiten.«
    Beinahe grotesk, wie Schnee im Sommer, wirkte das Lachen, das in dieser Situation aus dem kleinen Raum zu ihnen hereindrang. Die beiden blickten einander fragend an, spähten dann in das Zimmer hinein.
    Rohn hockte auf der Bettkante, das nasse Tuch in den Händen und redete mit dem Jungen auf Polnisch. Dabei steckte er den Finger so in den Lappen, dass es unanständige Geräusche machte. Auch wenn Mareks Augen in tiefen, dunklen Höhlen lagen, so blitzten sie lebendig auf. Es war nur für einen kurzen Moment, ein Funkeln, ein kurzes Lächeln. Rohn drehte sich zu Nikolas und Claire um.
    »Habe ihm einen dreckigen Witz erzählt. Jungs in seinen Alter stehen auf so was.«
    Über Nikolas’ Gesicht huschte der Anflug eines Lächelns. »Rohn, kannst du ihn fragen, was er über Erik weiß? Wir brauchen mehr Informationen. Was ist passiert, was hat er da in seinem Bauch?« Seine Stimme überschlug sich beinahe.
    Der Feldwebel knurrte missmutig. »Solltest lieber mal gucken, dass du einen Arzt findest, Kommissar. Der arme Marek macht es nämlich nicht mehr lange.«
    Mit Engelszungen redete er auf den Jungen ein und benetzte dessen Lippen mit etwas Wasser. Nach jedem Wort stockte Marek, um sich zu erholen, als wäre jeder Laut eine Aufgabe, die es zu meistern galt.
    Nikolas verstand kein Wort. Es dauerte eine Ewigkeit, bis der Junge erschöpft die Augen schloss und in einen unruhigen Schlaf fiel. Dann verließ Rohn den Raum und öffnete ungefragt eine Flasche Whiskey, die auf dem Tisch stand. Der schwarze Widerständler protestierte kurz, doch Rohn zog bereits kräftige Schlucke in sich hinein. Anschließend hielt er dem Mann die Flasche hin.
    »Dein Freund ist kein Heiliger, das sag ich dir jetzt schon.«
    »Was hat er getan, Rohn?«
    Zum ersten Mal, seitdem er den Mann kannte, war die Härte aus Rohns Antlitz gewichen. Nachdenklich stemmte er die Hände auf den Tisch, tief in seine eigenen Gedanken vergraben.
    Nikolas trat an ihn heran. »Rohn, was hat der Junge gesagt?«
    Der Feldwebel mied seinen Blick. »Vor ein paar Wochen wollten deutsche Vertreter der IG Farben in Polen Leute anwerben. Die arbeitsfähigen Männer sind alle an der Front oder nicht mehr zu gebrauchen. Als ihnen das Anwerben nicht gelungen war, setzten die SS und die Wehrmacht sich militärisch durch. Haben den Jungen einfach mitgenommen vom Bahnhof. Sie pickten Leute raus, ließen sie antreten und wer einigermaßen arbeitsfähig war, wurde mitgenommen.«
    Rohn nahm erneut die Flasche und setzte sie an, als könnte der Alkohol die Worte abmildern. »Ihr Ziel war Köln. Ein regelrechter Menschenhandel wurde dort aufgebaut. Vertreter der Firmen kamen und es wurde verhandelt. Eine Fleischbeschau.«
    »In Köln?«, hakte Nikolas ungläubig nach. Einen kurzen Moment ergründete er seine eigenen Gedanken. Es gab Gerüchte, Hörensagen, es wurde weggeguckt, um die schöne Illusion, den Schein einer heilen Welt aufrechtzuerhalten. Er hatte selbst mehrmals davon gehört, hatte gesehen, wie Menschen in der Nacht verschleppt wurden. Verdammt, er war bei der Kripo in Düsseldorf, hatte selbst mitgemacht. Doch das hier war etwas anderes. Es waren keine Mörder und Vergewaltiger, die gejagt wurden und deren Inhaftierung eine gewisse Genugtuung brachte. Es waren ganz normale Menschen, die einfach einkaufen oder nach Hause wollten. Nur hinter vorgehaltener Hand wurde darüber gesprochen. Entweder sich aktiv daran beteiligen oder schnell weitergehen und vergessen. Diese beiden Optionen blieben.
    »Mitten vor dem Hauptbahnhof«, bestätigte Rohn. »Er wurde nach Leverkusen

Weitere Kostenlose Bücher