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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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leider sein.« Dann sog sie den Rauch tief ein und blies ihn über die Stadt.
    Einige Momente beobachtete er die Menschen unter ihnen. »Mademoiselle Corbousiere, wie wird man Widerstandskämpferin?«
    Seine Fragen schienen sie zu belustigen. »Sag Claire zu mir. Mademoiselle hat man mich schon lange nicht mehr genannt.«
    War das ein Lächeln? Oder nur der Gedanke an vergangene, schönere Zeiten, die unwillkürlich eine Reaktion ausgelöst hatten?
    »Wie wird man ein Mensch?«, flüsterte sie schließlich mit glasigem Blick und starrte sehnsüchtig in den blauschwarzen Himmel. »Man kann es sich nicht aussuchen, genauso wenig wie man sich aussuchen kann, ob das eigene Land von den Deutschen überfallen und die Familie ermordet wird.«
    Nikolas schloss die Augen. »Claire, das tut mir leid, ich wollte das nicht.«
    »Du entschuldigst dich nicht wirklich dafür, oder? Bitte beleidige mich nicht«, ihre Augen blitzten ihn scharf an. »Es war nicht dein Maschinengewehr. Du warst nicht derjenige, der den Befehl gegeben hat.«
    Mit der freien Hand schüttelte sie den Gedanken ab. Dann wurde sie ruhiger. »Es ist lange her.«
    »Und trotzdem bin ich hier, sind wir Deutschen hier.«
    Sie lachte verzerrt und schnippte den Stummel der Zigarette über die Brüstung. »Alles hat seinen Grund«, seufzte sie. »Irgendwann gehen das Leid und die Schmerzen, aber der Hass bleibt für immer.«
    »Sind Sie gläubig?«
    »Natürlich«, entfuhr es ihr sofort. Sie klang entrüstet. »Ich muss es sein. Wie könnte ich sonst weiterleben? Wie könnte ich weitermachen?«
    »Wie Erik es auch war.«
    Mehr und mehr bröckelte sein Gedankenfundament. Es bekam Risse, die Nikolas nicht mehr ignorieren konnte. Hatte Erik es erkannt? Hatte er gesehen, auf was diese Welt zusteuerte? Erik, der Christ? Erik, der immer ihr aller moralisches Gewissen war.
    Hastig kramte er den Brief hervor.
     
    Bis dahin vergiss bitte Deinen alten Freund nicht, und lies das Buch, welches ich Dir ausgeliehen habe. Ich werde es bald schon brauchen!
     
    »Claire, haben Sie eine Bibel?«
    »Natürlich«, entgegnete sie schulterzuckend und verschwand im Innenraum. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag, als er diese eine Zeile wieder und wieder las. Das einzige Buch, was er ihm jemals gegeben hatte, war die Bibel. Doch war es keine Leihgabe, sondern ein Geschenk. Obwohl er jede Silbe auswendig kannte, las er erneut.
    Diese Worte, sie passten nicht. Nicht zu ihm. Die Daten waren verdreht, so hätte er nie geschrieben, nie. Und das Wort ›offenbar‹, hätte er klein schreiben müssen.
     
    Ich freue mich schon sehr, mit Dir über des Führers großartige Erfolge zu reden, besonders die Offensiven vom 13. und 14. auf den 19. waren Offenbar sehr erfolgreich.
     
    Claire hielt ihm das schwarze Buch hin und wippte ungeduldig auf den Zehen.
    »Mein Französisch ist leider nicht so gut. Können Sie mir bitte die Offenbarung Kapitel 13, Zeile 14 bis 19 übersetzen?«
    Schnell hatte sie die Stelle gefunden. Der Wind pustete weiter sein Lied um ihre Ohren, sodass sie lauter reden musste, damit Nikolas sie verstand. Sie musste bei einigen Passagen kleine Pausen einlegen, damit sie die Wörter übersetzen konnte.
    »… und verführt, die auf Erden wohnen, um der Zeichen willen, die ihm gegeben sind zu tun vor dem Tier; und sagt denen, die auf Erden wohnen, dass sie ein Bild machen sollen dem Tier, das die Wunde vom Schwert hatte und lebendig geworden war. Und es ward ihm gegeben, dass es dem Bilde des Tiers den Geist gab, dass des Tiers Bild redete und machte, dass alle, welche nicht des Tiers Bild anbeteten, getötet würden. Und es macht, dass die Kleinen und die Großen, die Reichen und die Armen, die Freien und die Knechte allesamt sich ein Malzeichen geben an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn …«
    Nikolas lauschte ihren Worten. Unwillkürlich ging seine Hand zu seinem Kriminalausweis. Im trüben Licht prangte es dort allgegenwärtig. Das Hakenkreuz.
    »… allesamt sich ein Malzeichen geben …«, flüsterte er.
    Sein Blick fiel auf die Banner, welche die Wehrmacht an größeren Gebäuden im Umkreis hatte aufhängen lassen. Vor den Farben des Deutschen Reiches war es auch dort zu sehen. Es war überall, auf jedem Dokument, jeder Uniform, in jedem Haus, Dutzende Male.
    Claire musste ihre Stimme erneut erheben, um gegen den Wind zu bestehen. »Dass niemand kaufen oder verkaufen kann, er habe denn das Malzeichen, nämlich den Namen des Tiers oder die Zahl seines Namens.«
    Er

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