Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
vernichtet.« Blasiert winkte er ab wie ein Oberlehrer, der es leid war, seinen Schüler zu unterrichten. »Ist aber alles egal. Wenn Sie ein Abenteuer suchen«, säuselte Luger. »Dann hätten Sie sich entweder an die Front versetzen lassen oder sich eine Geliebte zulegen sollen.«
»Wie Sie?«, zischte Nikolas unter Schmerzen.
Luger legte die Stirn in Falten. Nur kurz, für den Bruchteil eines Momentes. Er senkte den Kopf und nickte leicht. »Sie ist süß, nicht wahr? Ein richtiger Betthase.«
Mit aller Kraft rammte Nikolas sein Knie in die Magengrube von Luger. Nach Luft ringend, musste Luger sich an die Wand anlehnen. Die Ader an seiner Schläfe pochte nun so unerbittlich, dass sie jeden Augenblick explodieren könnte. Es dauerte einige Zeit, bis er wieder aufrecht stehen konnte. Mit einer Mischung aus Vorfreude und Häme grinste er Nikolas an. »Sind unserem Kleinen endlich Eier gewachsen?«
Mit wutverzerrtem Gesicht zog er seine schwarze Uniformjacke aus und ließ die Hosenträger von der Schulter rutschen. »Schon interessant, wie schnell uns hier alles verändern kann, oder? Es wird mir eine Freude sein, Ihnen das Gesicht zu Brei zu schlagen. Und wissen Sie was? Dabei kann Ihnen selbst Ihr Vater nicht mehr helfen. Genug Beweise habe ich und sollte es irgendwelche Fragen geben, dann haben Sie und Ihr Freund, der Arzt, das Vaterland verraten und sind auf tragische Weise vom Widerstand getötet worden.«
Nikolas schmerzte jeder Knochen, seine Augen war blutunterlaufen, sein Blick glasig. Es fühlte sich an, als wäre er vor wenigen Stunden operiert worden. Er spürte, wie sein Körper aufschrie, endlich diese Pein zu beenden, doch sein Geist widersprach. Schmerzverzerrt hob er den Kopf. »Was hast du mit Martin gemacht?«
Luger ließ seine Fingerknochen knacken. »Das Gleiche, was ich mit dir machen werde.« Dann holte er aus.
Es war ein dumpfes Klopfen, das Luger innehalten ließ. Im ersten Moment dachte Nikolas, er hätte es sich nur eingebildet. Doch als Luger aus dem Augenwinkel zur Tür spähte, wurde ihm bewusst, dass es nicht das Pochen seines Herzens gewesen sein konnte.
Entkräftet fuhr sich der Hauptsturmführer mit der Handfläche über sein verschwitztes Gesicht. »Wir setzen das gleich fort.«
In einer Bewegung nahm er seine Uniformjacke und schritt energisch zur Tür.
Nikolas’ Beine gaben nun endgültig nach. Stöhnend ließ er sich auf den Stuhl fallen.
Wo hast du mich hingeführt, Erik? Auf den dunkelsten aller Wege. In eine Welt, in der Recht und Ordnung nicht mehr existieren. Auf die andere Seite des Verhörraums, die andere Seite des Tisches, wo man auf Gedeih und Verderb jenem Menschen ausgeliefert ist, der einem gegenübersitzt.
Nikolas spuckte Blut auf den nackten Boden. Im nächsten Moment wurde die Tür geöffnet. Schwer atmend wurde Luger von einem Major und einem Oberstleutnant der Wehrmacht flankiert. Hinter ihnen standen eine Handvoll Gefreite und Soldaten still.
»Das ist er?«, wollte der Oberstleutnant wissen.
»Jawohl«, antwortete Luger atemlos.
Der Wehrmachtsoffizier deutete in den Raum. Sofort stapften die schweren Stiefel der Soldaten auf Nikolas zu und zogen ihn auf die Beine. Die Augenbinde legte sich schmerzend über die Schwellung an seinem Kopf. Zwei Männer packten ihn grob an den Armen, während sie den Raum verließen. Das Echo trug die Schritte weit voraus. Er konnte nicht sagen, wie viele Männer es waren – es mussten über ein Dutzend sein. Mehrmals rutschte schmerzhaft er auf der Treppe aus, sodass die Soldaten ihm wieder hochhelfen mussten. Dann schlug ihm die Kälte der Nacht ins Gesicht. Sein Hemd war nass vor Schweiß und Blut, der Wind fraß sich augenblicklich eisig in seine Glieder. Doch er wurde weitergeschoben und hatte nach wenigen Minuten völlig die Orientierung verloren. Irgendwann verließen sie den von Menschenhand geschaffene Weg und er spürte, wie Erde unter seinen Füßen nachgab. Endlich löste sich der Griff der Soldaten.
So sollte es also enden. Ein Erschießungskommando. Schnell, einfach, niemand würde Fragen stellen.
Ich habe versagt, Erik. War zu dumm und zu naiv, deiner Spur zu folgen. Bitte verzeih mir, dachte Nikolas.
Als er durch die Nacht eine allzu bekannte Stimme vernahm, schrak er zusammen.
»Ich bin deutscher Arzt, wurde entführt«, klagte Martin verzweifelt.
Nein! Nikolas’ Kopf sackte auf seine Brust.
»Er kann nichts dafür. Ich habe ihn angerufen. Sie haben mich erpresst«, schrie Nikolas in
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