Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
sein rötliches Gesicht, wurde fahl und weiß.
»Was? Was soll ich denn sagen, wenn sie mich doch schnappen?« Hektisch lief er im Raum umher, kalter Schweiß benetzte seinen Nacken. »Nikolas, ich habe Familie, ich habe …«
»Ganz ruhig, sag einfach, dass die Résistance mich entführt hat und dich erpressen wollte. Deshalb musstest du hierher kommen und für sie eine Operation durchführen.« Der Tonfall seiner Stimme erinnerte an einen Befehl. Kräftig drückte er dabei seine Hände auf Martins Schulter.
»Und jetzt raus hier«, rief Claire bestimmt.
Pascal hatte erhebliche Probleme, Marek samt Trage die Treppen hinunterzuhieven. Schon auf den ersten Stufen wurde es Rohn zu bunt und er trug seinen neu gewonnen Freund beinahe allein. Auf dem Weg schenkte er Yvette noch einen Kussmund, als sie ihm etwas nachrief.
Der kalte Sturm peitschte ihnen sofort in die Gesichter. Er kratzte an Nikolas’ Haut und schmerzte in seinen Ohren. Düstere Wolken hetzten über den grauen Himmel und schluckten jeden Sonnenstrahl. Eine drohende Kulisse baute sich vor ihren Augen auf. Die Straßen waren wie ausgestorben. Vereinzelte Zeitungsblätter tanzten über die Bordsteine des Montmartre zu den hell kreischenden Sirenen der Einsatzwagen, deren Dröhnen der Wind in den Stadtteil hereintrug.
Hugo öffnete die Tür eines Lieferwagens, der vor der Bar abgestellt worden war.
»Schnell, alle rein«, brüllte Rohn gegen den pfeifenden Wind.
»Non! Nicht genug Platz.«
Rohn baute sich vor der Frau auf. »Ich bleibe bei Marek!«
Erst als sie kurz nickte, stieg er tatsächlich ein. Sofort wies sie Hugo und Pascal an, zuzusteigen. »Ihr kommt mit mir, wir haben noch ein anderes Fahrzeug«, rief sie an Nikolas, Martin und Pascal gewandt.
Dann knallten die Türen und der Wagen setzte sich ratternd in Bewegung. Der Klang der Sirenen drang nun spitzer in ihre Ohren, sie konnten nicht mehr weit entfernt sein.
»Schaffen sie es?«, rief Nikolas Claire im Laufen zu. Sie antwortete nicht, sah nur kurz zu ihm rüber. Ihr Blick war fest, von einer hasserfüllten Energie durchzogen. Claire setzte zum Spurt aus der Seitenstraße an. Nikolas hatte keine Probleme, ihr zu folgen, musste jedoch auf Martin achten, der prustend neben ihnen lief. Als er sich umdrehte, um ihm die Tasche abzunehmen, bogen die Soldaten um die Ecke. Luger hatte sein komplettes Arsenal aufgefahren. Mehrere Mannschaftstransporter schossen mit quietschenden Reifen über die Straßen und sahen wie stählerne betongraue Ungetüme aus, aus denen spitz die Gewehre der Soldaten stachen. Pascal hatte bereits auf dem Fahrersitz Platz genommen und den Wagen gestartet.
Nikolas fühlte einen Ruck am Ärmel seines Mantels. Claires Handgriff war kräftig und ließ keine Zweifel zu.
»Steig ein!«, befahl sie und zog Nikolas zu sich. Ihre Haare wirbelten dabei um sie herum. Dann krachten die ersten Schüsse.
Kaum ein Laut war zu vernehmen, als die Projektile fingerdicke Löcher in die Karosserie des Wagens schlugen. Nikolas sprang zurück, Martin schlug die Hände über dem Kopf zusammen und hechtete mit einem lauten Schrei in eine Häusernische. Claires wüste Beschimpfungen drangen bissig in seine Ohren. Doch es war kein Ausdruck ihrer Angst, aus ihrem tiefsten Inneren keifte sie den Soldaten Flüche entgegen, wie eine Furie dem Wahn nahe. Hitze und Wut schienen gleichermaßen in ihr hochzusteigen und verwandelten das ebenmäßige Gesicht in eine Fratze des Zorns. Ihre Wangen glühten rot. Schnell hatte sie ihre Pistole aus dem Halfter gezogen, schritt auf die Soldaten zu und feuerte unkoordiniert auf die Transporter. Ein weiteres Mal versuchte sie, Nikolas in den Wagen zu ziehen, doch die Schüsse der Soldaten trafen nun genauer. Halb gebückt ging Nikolas in Deckung, verlor dabei das Gleichgewicht und landete neben einer Häuserwand. Ein groteskes Bild spielte sich vor seinen Augen ab. Diese junge zierliche Frau kämpfte mit so einer Inbrunst gegen die nahenden Fahrzeuge, dass man tatsächlich glauben könnte, sie hätte eine Chance, diese Schlacht zu gewinnen. Tatsächlich startete sie einen letzten Versuch.
Die Soldaten waren nicht mehr weit entfernt. Das Dröhnen der Motoren schien nun von zwei Seiten zu kommen. Nikolas wirbelte herum, sein Herz schlug ihm heftig gegen den Hals, sodass er trocken schlucken musste. Er hatte das Gefühl, seine Beine würden ihm den Dienst versagen, nahm dann allen Mut zusammen, den er aufbieten konnte, und stürzte in Claires Richtung. Doch
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