Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
er aufhören soll mit seinen Hasspredigten gegen den Reichskanzler. Sonst würde noch mehr passieren.«
Er verschränkt die Arme, sein Blick geht aus dem Fenster, wird glasig, er grübelt. »Es ist allein Vaters Ansehen zu verdanken, dass sie ihn nicht totgeschlagen haben. Vielleicht wollten sie auch ein Exempel statuieren, ich weiß es nicht. Er will nicht zur Polizei, Nikolas. Es würde sowieso nichts bringen außer nicht absehbaren Folgen für meinen Vater. Du solltest das am besten wissen«, flüstert er resigniert und mit dem Hauch von Wut in der Stimme. Dann deutet er nach draußen. »Viele der Beamten sind in der Partei, von denen macht niemand auch nur einen Finger krumm.« Seine Augen fixieren Martin. »Und die Parteiangehörigen werden immer mehr, nicht wahr?« Eriks Blick durchbohrt Martin fast.
»Darüber wollte ich mit dir reden«, antwortet Martin, gießt sich selbst nach und lasst sich anschließend erschöpft auf einen der Stühle fallen. »Die Partei ist ein Schutz in diesen Zeiten. Sie kann dir helfen.« Mit weit aufgerissenen Augen lehnt er sich nach vorn. »Über eure Familie wird geredet hier in Oberkassel. Ich will dir doch nur helfen.«
»Was willst du mir sagen, Martin?« Seine Stimme klingt rau und unbarmherzig. »Komm schon, raus mit der Sprache, für solche Spielchen habe ich keine Zeit.«
Martin lässt sich Zeit für seine Antwort. »Ich denke, du solltest in die Partei eintreten.« Aus der Innentasche holt er ein Blatt Papier und breitet es auf dem Tisch aus. »Wir haben alles ausgefüllt, du musst das Beitrittsformular nur noch unterschreiben.«
Erik schnalzt mit der Zunge, schnaubt verächtlich. »Du weißt, dass ich das nicht kann, mein Freund.« Als Erik Wein nachschenkt und mir das Glas reichen will, hält er meine Hand fest. »Was denkst du, was soll ich machen, Nikolas?«
Ich räuspere mich, gewinne dadurch etwas Zeit. »Um ehrlich zu sein, ich überlege selbst, einzutreten«, gestehe ich stammelnd. Er wendet sich ab, entschuldigend hebe ich die Hände. »Komm schon, Erik. Du weißt, dass ich bei Weitem nicht hinter allem stehe, was er sagt. Aber es ist besser, gerade in deiner Situation. Wir sind deine Freunde und würden dir immer helfen, egal, wobei.« Ich reiche ihm sein Glas. Mit Engelszungen rede ich auf ihn ein. »Es ist doch nur ein Stück Papier, auf dem dein Name und der Reichsadler abgebildet ist, mehr nicht. Was du tatsächlich glaubst, muss niemand wissen.«
Er nickt verstehend, lehnt sich an die Wand, den Blick wieder auf den Boden gerichtet. »Nur mein Name und der Reichsadler – sowie das Hakenkreuz«, diese Worte waren nicht für uns bestimmt. Er kaut auf seiner Lippe, ist tief versunken in seinen Gedanken. Schließlich erhebt er das Glas, seine Stimme zittert. »Auf euren großartigen Führer. Möge er uns nicht ins Verderben stürzen. Ich bete zu Gott, dass ihr recht habt.«
Dann nimmt er das Stück Papier und hält es in die Flamme.
Kapitel 13
– Entscheidungen unserer Väter –
Nikolas presste die Zähne aufeinander. Er wartete auf die erlösenden Schüsse, die ihn von allem Schmerz und aller Pein befreien sollten. Er würde sie nicht hören, nicht spüren. Zumindest, wenn die Soldaten den Kopf oder das Herz trafen. Von einer auf die andere Sekunde würde er einfach aufhören zu leben – getilgt aus dieser Welt, wie Luger es genannt hatte.
Doch etliche Zeit passierte nichts. Rein gar nichts. Die Dunkelheit schien zu leben. Er fühlte sich verloren in seiner eigenen Hilflosigkeit. Die Schwärze vor seinen Augen bauschte das Nichts immer weiter auf, bis er sich nicht mehr sicher war, ob er überhaupt noch lebte. Irgendwann war die Stille so intensiv, dass er sich einen Laut wünschte, einen Ton, irgendwas.
»Martin?«
»Ja, ich bin noch hier«, hauchte er leise und mit angestrengter Stimme.
»Warum schießen die nicht?«
»Keine Ahnung«, keuchte er gepresst. »Wollen uns wohl ein wenig auf die Folter spannen.«
Im Hintergrund hörten sie die Soldaten scherzen. Zigarettenrauch drang ihnen in die Nase. Dann brüllte jemand etwas. Es dauerte einen Moment, bis Nikolas die Stimme zuordnen konnte.
»… ich werde diese Dokumente überprüfen lassen!«, schrie Luger laut und voller Zorn. Nikolas hörte heraus, dass er jede Faser seines Körpers sehr zügeln musste, um nicht auszurasten. Innerlich brodelte es in Luger.
»Machen Sie das, Herr Hauptsturmführer«, erklang die Stimme des Oberstleutnant der Wehrmacht. »Ich bitte sogar
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