Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
absolut vertraulich ist und ich alles leugnen werde, was in diesem Zusammenhang steht. Sie verstehen?«
Unsicher nickte Nikolas. War dies eine Falle? Was hatte die Wehrmacht mit ihm vor? »Natürlich, Herr General.«
Zur Bestätigung nahm der Offizier einen weiteren Schluck. »Sie haben in Ihrem Leben einen bestimmten Weg eingeschlagen. Einen Weg, den ich persönlich nicht gehen kann. Noch nicht.« Von Stülpnagel ließ ihn nicht aus den Augen, fixierte ihn, nahm mit wachem Blick jede Reaktion wahr. »Es gibt bestimmte Einflüsse in unserem geliebten Land, die gegen das soldatische Handeln sprechen, es ad absurdum führen, und deren Taten Entscheidungen nach sich ziehen werden, die ungeahnte, ja schreckliche Konsequenzen haben können.«
Nikolas musste die Worte mehrmals im Geiste wiederholen, damit er ihren Sinn verstand.
»Des Weiteren«, fuhr von Stülpnagel fort, »muss man diesen Einflüssen Einhalt gebieten. Es ist meine Pflicht als deutscher Offizier dieses zu tun und eventuelle Maßnahmen zu ergreifen, um ein Ausufern dieser Auswüchse zu verhindern.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Herr General?«
»Sie sitzen hier, weil bestimmte Verbindungen, die diese Denkweise nicht ganz uneigennützig unterstützen, mich kontaktiert haben. Sie haben mich sozusagen über ihre Intention aufgeklärt, mich ins Bild gesetzt.«
Nikolas sah zu Boden. »Verbindungen …«, flüsterte er gedankenverloren zu sich selbst.
Der Offizier sprach jetzt leise, als könnten allein seine Worte dieses Gebäude zum Einsturz bringen. »Ich möchte, dass Sie diesen Weg weitergehen. Warum Sie das tun, ist nebensächlich. Aber Ihr Freund, Herr Stuckmann, war bereit, es zu riskieren und hat einen hohen Preis bezahlt.«
Nikolas atmete tief ein, als er Eriks Namen hörte. »Den höchsten.«
Mit einer Geste stimmte von Stülpnagel ihm wortlos zu. »Meine Verbindungen haben mich auch darauf hingewiesen, dass sich in Ihrer Obhut oder der von Dr. Weißenfels ein Gegenstand befindet, der unabdingbar an die richtigen Stellen weitergeleitet werden muss, um diesen Gruppierungen im Reich Einhalt zu gebieten. Um ihnen damit sozusagen eine grausame Option zu entziehen.«
War Nikolas’ Verstand eben schon wach gewesen, so war er jetzt scharf wie ein Skalpell. Diese Information konnte von Stülpnagel nur vom Widerstand haben oder von Martin selbst. Nikolas’ Überlegungen überschlugen sich.
Hatten sie Claire und die anderen doch noch geschnappt? Martin so lange gefoltert, bis er geredet hatte? Oder einfach den Zylinder in seiner eigenen Manteltasche gefunden und wussten nichts damit anzufangen? Brauchten sie nun weitere Informationen?
»Sie überlegen, ob Sie mir trauen können«, stellte der Offizier fest.
Ohne Frage, der General der Infanterie war gebildet und hatte die Fähigkeit, Menschen richtig einzuschätzen. Doch wie viele seiner Worte entsprachen der Wahrheit? Im nächsten Moment hätte Nikolas über sich selbst lachen können. Es war gleichgültig, er hatte gar keine andere Wahl.
Von Stülpnagel ließ die Arme auf die Lehnen des Sessels sinken. »Ich will Ihnen diese Frage beantworten: Sie können sich nicht sicher sein. Niemand kann das in der heutigen Zeit. Nichts ist mehr sicher. Nicht einmal, ob wir den nächsten Tag erleben werden.«
»Was ist in diesem Behälter?«, frage Nikolas gerade heraus. Er wollte so wenig wie möglich von seinem Wissen preisgeben.
Von Stülpnagel erhob sich, goss sich noch einen Cognac ein, ohne Nikolas einen weiteren anzubieten. »Diese Gruppierungen, von denen ich sprach, haben ein Ziel vor Augen. Bei dessen Umsetzung schrecken sie vor nichts zurück.« Eindringlich sah er ihn an. »Vor gar nichts. Beim Militär gibt es Befehle, wie man auf bestimmte Aktionen des Feinds zu reagieren hat. Doch bevor diese Befehle erteilt werden, müssen Machbarkeitsstudien angefertigt werden. Also verschiedene Optionen durchgespielt und die Situation bewertet werden.« Er ließ sich wieder in seinen Sessel sinken und stellte den Schwenker vor ihm ab. »Sie wissen, wovon ich rede?«
»Planspiele«, antwortete Nikolas.
»Ganz genau. Im Allgemeinen wird die militärisch beste Option gewählt, natürlich unter dem Einfluss von Politik und Prestige.« Von Stülpnagel nippte an seinem Getränk. Er war ruhig und bedacht, nicht ein Wort verließ seinen Mund, über das er zuvor nicht gründlich nachgedacht hatte.
»Vor seinem Tod gab Heydrich eine Studie in Auftrag, für den Fall einer Invasion der Alliierten des
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