Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
französischen Festlands. Es scheint, als würde das Oberkommando ein bestimmtes Planspiel favorisieren, das nicht abschätzbare Folgen nach sich ziehen würde. Er nannte es das ›Projekt Dunkle Wolke‹. Ich muss nicht betonen, dass die Pläne dafür streng geheim sind und nur ein kleiner Personenkreis eingeweiht ist.«
Nikolas verstand nicht. War die Sache wirklich so groß? »Und was hat dieser Zylinder damit zu tun?«
»Es ist Ihre Aufgabe, das herauszufinden, diesen Weg weiterzugehen.«
Von Stülpnagel ließ die Worte auf Nikolas wirken und schwieg, als wolle er sichergehen, dass Nikolas darüber nachdachte. Dann setzte er erneut an. »Ich kann Ihnen nicht mehr darüber erzählen, auch mir sind lediglich Fragmente bekannt. Ich weiß allerdings, dass dieses Projekt niemals in die Tat umgesetzt werden darf. Hören Sie? Niemals.«
Für einen kurzen Moment war der sowieso schon stechende Blick des Mannes nicht aushaltbar für Nikolas.
»Setzten Sie die Puzzleteile zusammen, die vor Ihnen liegen. Dieser Zylinder ist der Schlüssel zum Projekt Dunkle Wolke. Und nur ein Mann kann Ihnen dabei helfen.«
Nikolas ahnte, was er jetzt sagen würde. Das Netzwerk, die Beziehungen, alles passte zusammen. Er war selbst überrascht, als ihm ein Schauer über den Rücken lief, während seine Lippen die Worte formten: »Pâquerette.«
»Das Gänseblümchen«, bestätigte der General.
»Es ist also wahr. Er existiert wirklich.«
»Und hat beste Verbindungen zum britischen und amerikanischen Nachrichtendienst.«
Nikolas hielt die offenen Hände vor das Gesicht. Die Blutergüsse an seinem Auge schmerzten. Das war zu viel, alles zu viel. »Warum tun sie das?«, schoss es aus ihm heraus.
»Weil ich Soldat bin und mein Land liebe.«
Am Ausdruck des Mannes konnte er erkennen, dass diese Aussage endgültig war. Nichts würde er hinzufügen. Das war seine Antwort auf alle weiteren Fragen, die Nikolas zu stellen gedachte.
Er drehte den Kopf zur Wand. »Ich habe den Zylinder nicht mehr. Wurde bei der Durchsuchung konfisziert.«
Von Stülpnagels Faust schnellte auf den Tisch, sodass das Glas klirrend umfiel und die Flüssigkeit sich auf dem Tisch verteilte. Beständig tropfte der Cognac auf den Boden.
»Dann wird Varusbach ihn bereits wieder an sich genommen haben«, sagte von Stülpnagel ruhig.
»Sie kennen ihn?«, wollte Nikolas mit lauter Stimme wissen.
»Natürlich. Er war derjenige, dessen Planspiel bei Heydrich großen Anklang gefunden hat. Es war sein Vorschlag, der vom Oberkommando favorisiert wird. Und er ist hier in Paris. Hat vor zwei Stunden Kontakt mit mir aufgenommen. Er wird Sie morgen früh in einer Eskorte zurück nach Deutschland begleiten.«
Nikolas musste auflachen. Natürlich, es war so einfach. »Für einen Schauprozess.«
Der Offizier spielte mit einem Kugelschreiber. »Nein, nicht für einen Schauprozess«, stellte er nach einiger Zeit klar. »Sie werden die Nacht hier im Hôtel Majestic verbringen. Ich habe Sie lediglich verhört und bin dann zu dem Schluss gekommen, dass Sie entführt wurden. Zumindest wird es so im offiziellen Bericht stehen. Alles Schriftliche habe ich bereits in die Wege geleitet. Sie werden mit Obersturmbannführer Varusbach fahren. Bis zur allgemeinen Überprüfung Ihrer Dienstfähigkeit sind Sie suspendiert.«
Er nahm den Kugelschreiber fester in die Hand, notierte schnell etwas auf einem kleinen Stück Papier und hielt es anschließend fest in seiner Hand. »Sie dürfen das Reich vorerst natürlich nicht mehr verlassen. Aber Ihrer Wohnung nach zu urteilen, haben Sie in Frankreich sowieso nicht mehr viel, was Sie hält.«
Nikolas kicherte verbittert in sich hinein. »Die Wohnung ist leer, oder?«
»Ein paar Anzüge, die wir zwischenzeitlich auf Ihr Zimmer gebracht haben, ansonsten nur dieser Brief.«
Er griff in eine Schublade und ließ das Schriftstück über den Tisch gleiten. Nikolas öffnete es hastig und las den Brief, der lediglich aus einer einzigen Zeile bestand. Er war auf den Tag seiner Abreise nach Düsseldorf datiert.
›Bin ausgezogen. Du weißt, warum. Lisa‹
Ja, er wusste warum. Daran hatte sie ihn nie zweifeln lassen. Sie wollte weiter. Genau wie Luger. Hat sich von dessen süßen Versprechungen blenden lassen, von dessen Zukunftsvisionen, der Härte in seiner Stimme und der Unbarmherzigkeit seines Gemüts.
In diesem Moment wollte er sie hassen, doch er empfand nur Bitterkeit gegenüber sich selbst, weil es ihm nicht egal war, wo sie jetzt war. In
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