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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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Weg zurück in sein Gehirn. Zwischen seinen Schläfen hämmerte der Schmerz sein dumpfes Lied, während die Glieder nur widerwillig ihren Dienst versahen. Er frühstückte ausgiebig, fand dann erst die Muße, das Zimmer zu betrachten. Das Hôtel Majestic war eine Unterkunft der Luxusklasse. Als Frankreich okkupiert wurde, hatte die Wehrmacht das Hotel umgewandelt zum Hauptsitz des Militärbefehlshabers. Aus Konferenzsälen wurden Büros, aus weitläufigen und vor Prunk und Protz strotzenden Zimmern wurden Archive und Fernmeldezentren. Anscheinend behielten manche Räume auch ihre ursprüngliche Aufgabe. Das breite Himmelbett, auf dem er die Nacht verbracht hatte, war weich und hatte ihn federnd in den Schlaf gewiegt, sodass er sich seit Langem wieder ausgeruht fühlte. Die Räume waren glanzvoll ausgestattet. Mehrere Garnituren teurer Vasen und goldener Bilderrahmen zeugten von der ehemaligen Herrlichkeit dieses Hotels und präsentierten sich in einem frisch hergemachten Gewand.
    Nikolas ließ sich Zeit, als er ein Bad nahm, die vergoldeten Armaturen bewunderte und sich rasierte. Er hatte es nicht allzu eilig, Varusbach zu begegnen. Ein teurer, mit Ornamenten bestickter Teppich schmiegte sich weich an seine Füße, während er nackt seine Sachen durchwühlte, welche die Wehrmacht achtlos auf eines der Sofas geworfen hatte.
    Tatsächlich. Lisa hatte offenbar alles mitgenommen, was sie auch nur ansatzweise als brauchbar einschätzte. Lediglich seine Kleidung hatte sie ihm gelassen und einen alten ausgefransten Koffer, der einmal seiner Mutter gehörte. Er entschied sich für einen anthrazitfarbenen Anzug und eine schmale dunkle Krawatte. Dazu den alten Hut, den sein Vater ihm zum 16. Geburtstag geschenkt hatte. Damals, als er noch nicht verbittert und kühl in die Welt geschaut hatte. Alles andere packte er in den Koffer. Die Kleidung des gestrigen Tages mit den Blutflecken, die Zeugen seines Martyriums waren, befühlte er oberflächlich, bis er etwas Festes spürte. Die orangefarbene Salem-Packung steckte er ein, genau wie die Streichhölzer. Als er anschließend seinen Ausweis und die Dienstmarke befühlte, hielt er inne. Seine Finger glitten über das Metall, das ihn als Mitarbeiter des Kriminaldienstes auswies.
    Er hatte nie vorgehabt, Polizist zu werden, aber jetzt, wo die Ungerechtigkeit ihn ansprang, wo sie allgegenwärtig schien und das Recht immer mehr verloren zu gehen drohte, konnte er nicht anders. Mit glasigen Augen ließ er beides in die Innentasche seines Jacketts gleiten. Plötzlich klopfte es an der Tür.
    Ein Unteroffizier begrüßte ihn unterwürfig und erklärte, seine Eskorte wäre nun bereit. Die Wachen an der Tür nahmen Haltung an, als er das Zimmer verließ.
    Von mehreren Soldaten der Wehrmacht wurde er die Treppen hinunterbegleitet, sie trugen sogar seinen Koffer. Emsige zivile Mitarbeiter und Wehrmachtsangehörige wuselten an diesem Morgen über den roten Teppich. Man hätte meinen können, dass man sich tatsächlich in einem Berliner Bürotrakt befände, wäre da nicht die Eingangshalle, wo an dem typischen Empfangstresen drei Damen Platz genommen hatten. Das Foyer war mit einigen Skulpturen ausgestattet. Es wirkte edel, jedoch nicht protzig. Mehrere Sitzgelegenheiten schmiegten sich in die Ecken. Nur die Hakenkreuzbanner, die von den Wänden prangten, durchbrachen die Ruhe, welche die Halle eigentlich ausstrahlte.
    Dann hielt er inne.
    Immer noch in der Kleidung von gestern wartete Martin umringt von Soldaten und tippelte nervös von einem Bein auf das andere, während sein Blick durch den Raum irrte. Als er Nikolas entdeckte, hellte sich sein Gesicht auf. Im Laufschritt liefen die Männer aufeinander zu. Nur zu gern hätte Nikolas seinen Freund in den Arm genommen, doch sie beließen es bei einem kurzen Händedruck.
    »Wie geht es dir?«, schoss es aus Nikolas hervor.
    »Konnte die Nacht kein Auge zutun«, antworte Martin und fuhr sich wie zum Beweis mit seinen fleischigen Fingern über die Ringe, welche dunkel unter seinen Augen lagen. Dann sah er prüfend auf Nikolas’ Verbände und strich über das mittlerweile violett schimmernde Veilchen an seinem Auge. »Hm, gute Arbeit. Sie sagten mir, dass wir jetzt nach Hause gefahren werden, stimmt das?« Ein ungläubiger Tonfall beherrschte seine Stimme.
    »Ja«, bestätigte Nikolas. »Wir müssen danach reden, dringend.« Er lehnte sich vor, sodass die Soldaten sie nicht hören konnten. »Haben sie dich befragt?«
    Heftig schüttelte Martin

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