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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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Worte mehrmals in seinem Kopf widerhallen. »Was ist mit Gerechtigkeit?«, fragte er bestimmt.
    »Interessant, aber leider unerheblich. In der Geschichte der Menschheit gab es schon immer Völker, welche besser gestellt waren als andere. Jemanden, der profitiert. Historisch gesehen war es meist die am höchsten entwickelte Kultur. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, ist unser Handeln nicht nur gerecht, sondern evolutionstechnisch unabdingbar.«
    Die blanke Wut kroch in ihm hoch. Neben ihm saß der Mann, der mit Eriks Tod zu tun haben könnte. Er könnte es sein, der den Befehl gegeben hatte, ihn zu töten.
    Nur eine Armlänge trennte die Männer. Es wäre so einfach. Nikolas wollte die Wahrheit aus ihm rausprügeln, ihn so lange würgen, bis er rot anlief. Doch etwas hielt Nikolas davon ab. Es waren nicht die vielen SS-Männer, welche ihn sofort erschossen hätten, sondern der Wille, die Wahrheit endlich herauszufinden und das zu verhindern, wofür Erik gestorben war. Die Sache war größer, viel größer.
    »Selbst wenn das den Tod von Menschen bedeutet. Ist das auch unabdingbar?«
    Varusbach verzog das Gesicht zu der Parodie eines Lächelns, zeigte seine makellosen, weißen Zähne. »Absolut.«
    Nikolas musste sich konzentrieren, dass seine Hand keine Faust formte, und den aufkommenden Hass hinunterkämpfen.
    Dann wandelte sich die freundliche, etwas arrogante Stimme Varusbachs in vorwurfsvolles Zischen. »Sehen Sie, Herr Brandenburg, ich bin Familienvater. Sie haben die Fotografie selbst gesehen. Ich möchte meinen Kindern eine Welt voll Schönheit hinterlassen und ich kann äußerst unangenehm werden, wenn man versucht, mir diese Schönheit zu nehmen«, er lehnte sich zu Nikolas herüber, seine Augen glühten, die blutleeren Lippen bewegten sich kaum, während er die Sätze fauchte.
    »Nur leider stehen Menschen wie Sie zwischen mir und diesem Ziel. Wenn es nach mir ginge, wären Sie längst nicht mehr unter den Lebenden.« Dann schnaubte er abfällig. »Bedauerlicherweise werden Sie von einer mächtigen Stelle protegiert. Diese hat angeordnet, dass Sie weder getötet noch beschattet werden dürfen.« Wieder vollführte er eine Handbewegung in der Luft, als würde er ein Orchester anleiten; dabei erhob er seine Stimme. »Kein Leid soll Ihnen geschehen. Wir beide wissen, wem Sie das zu verdanken haben.« Mit dem Kopf deutete er in die Pariser Innenstadt hinein, die sie nun im Begriff waren zu verlassen. »Noch stehen Sie unter einem mächtigen Protektorat, aber wer weiß, wie lange noch.« Er leckte über seine Zähne. »Es wird bröckeln, das verspreche ich Ihnen. Für ein höheres Ziel muss es immer Opfer geben.«
    Langsam, als würde sie sich vor dem Tag fürchten, kroch die Sonne über die Provinzen der Île-de-France. Der rötliche Schein des Morgens zauberte einen violetten Schweif, auf den sie zu fuhren.
    Nikolas musste blinzeln, während er dem Offizier ins Antlitz blickte. »Opfer? Wie im Haus der Schreie? Wo Sie Experimente an Menschen durchführen?«
    Die angestrengte, drohende Grimasse wich sofort aus Varusbachs Gesicht. Er lachte schallend auf, lehnte sich wieder in das schwarze Leder und klopfte sich auf den Schenkel. »Ja, ich hab gehört, dass sie es so nennen.« Das ausschweifende Lachen mündete in ein leises Kichern, er hielt eine Hand vor das Gesicht. »Nun tun Sie mal nicht so scheinheilig. Ich verspreche Ihnen, Herr Brandenburg, dass keine Handlungen oder Begebenheiten sich auf dem Gelände der IG Farben zutragen, die nicht von ganz oben abgesegnet sind. Insofern wünsche ich Ihnen viel Spaß mit Ihrem kleinen und ach so gefährlichen Teilwissen. Es wird Ihnen nichts nutzen. Jeder bessere Aufseher hat einen größeren Einblick in unsere internen Studien.«
    Langsam, aber mit steigender Intensität erhellten die Sonnenstrahlen den Wagen mit einem warmen Licht, was Varusbach dazu verleitete, den Hut abzulegen und seine Handschuhe auszuziehen.
    »Und, wenn ich mir diese Bemerkung noch erlauben darf, ich würde Ihnen nicht raten, weitere Bestrebungen in dieser Sache zu unternehmen. Nicht, dass irgendetwas davon einen besonders hohen Sicherheitsstandard genießen würde, aber die IG Farben … ich … reagiere äußerst empfindlich, wenn man versucht Betriebsgeheimnisse weiterzugeben. Besonders, wenn man verdächtigt wurde, mit französischen Widerstandskämpfern zu paktierten. Auf Spionage steht nicht nur Ihr Tod. Aber wem erzähle ich das, Herr Kriminalkommissar.« Er machte eine Kunstpause,

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