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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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den Kopf, als würde er vorsorglich jede Schuld von sich nehmen wollen.
    »Nein, ich wurde direkt aufs Zimmer gebracht. Heute Morgen kam ein Offizier und sagte, dass ich nach Hause kann. Das war’s.«
    »Gut, aber wir müssen dringend reden, wenn wir zu Hause sind, hörst du?«
    Bevor Martin verdutzt etwas antworten konnte, wurde Nikolas mit sanfter Gewalt aufgefordert, weiterzugehen. Ein Soldat hielt die Schwingtür des Gebäudes auf, als er hinaustrat. Ohne seinen Mantel fröstelte es ihn augenblicklich, sodass er die Schultern hochzog und sich die Hände rieb. Auf der viel befahrenen Allee parkten vier schwarze Horch, alle mit SS-Kennzeichen. Ohne dass er die Schönheit des Hotelbaus bewundern konnte, drängten sie ihn weiter. Nikolas wurde zu der letzten Limousine geleitet. Als er sich umdrehte, sah er, wie Martin in die erste einsteig. Die Tür des Wagens wurde mit Hitlergruß von einem Soldaten aufgehalten, dann stieg er im hinteren Teil des Fahrzeugs ein.
    »Ihr Mantel, Herr Brandenburg, es ist ja immer noch sehr kalt draußen.«
    Einen Moment war er wie erstarrt, als er die weichen Gesichtszüge Varusbachs sah. Er war überrascht, dass ihm bei dessen Anblick ein eiskalter Hauch unangenehm in den Nacken fuhr.
    »Danke«, knurrte er halblaut und nahm das Kleidungsstück entgegen. Mit etwas zu viel Schwung ließ er sich auf das Leder fallen, stützte sich mit dem Ellbogen gegen die Tür und würdigte den Chemiker keines Blickes.
    Der Wagen war durch eine mit Stoff bezogene Wand getrennt, anscheinend vermutete Varusbach in ihm keine Gefahr, da kein weiterer Soldat im hinteren Teil Platz nahm. Mit einem Ruck setzte sich die Kolonne in Bewegung und die morgendliche Betriebsamkeit der Stadt zog am Fenster vorbei. Die schwarze Uniform eines Obersturmbannführers hatte Varusbach eingetauscht gegen einen feinen, grauen Zweireiher, der wahrscheinlich mehr gekostet hatte, als Nikolas im Monat verdiente. Varusbach legte das Kinn auf die schwarzen Lederhandschuhe und blickte aus dem Fenster. »Hatten Sie einen angenehmen Aufenthalt?«, erkundigte er sich freundlich.
    Er sagte die Worte, als ob er gerade aus dem Urlaub gekommen wäre.
    »Sehr interessant«, grollte Nikolas, ebenfalls aus dem Fenster starrend. »Sehr ergiebig.«
    Von Varusbach unbemerkt, befühlte er die Innentasche seines Mantels. Er war nicht überrascht, lediglich das raue Papier von Eriks Brief zu ertasten. Kurz überlegte er, ob Varusbach den Zylinder bei sich führte, verwarf den Gedanken jedoch schnell. Der Mann war weder einfältig noch dumm. Entweder lagerte er ihn in einem der anderen Horchs, die voll besetzt mit SS-Soldaten waren, oder er hatte ihn schon am gestrigen Abend zurück nach Deutschland bringen lassen.
    »Ich soll Sie übrigens von Hauptsturmführer Luger und seiner Lebensgefährtin grüßen. Er meinte, dass Sie wüssten, worum es gehe.«
    Nikolas schniefte mit einer Mischung aus Belustigung und Verachtung. Seine Finger gruben sich in die Haut seines Oberschenkels.
    Interessiert beobachtete Varusbach die Szenerie und musterte ihn aus warmen Augen. »Ein schrecklicher Mensch, nicht wahr? Er ist so …«, er hob eine Hand und wedelte formvollendet in der Luft herum, als er nach den richtigen Beschreibungen seinen Wortschatz erkundete, »… ungehobelt, so laut und vulgär. Aber gut, wer bin ich, dass ich über das Verhalten von anderen Menschen urteile.«
    »Tun Sie das nicht?«, entfuhr es Nikolas angriffslustig, den Blick nicht von den vorbeiziehenden Gebäuden nehmend.
    »Nur wenn es nötig ist, Herr Brandenburg. Nur wenn es nötig ist. Wie zum Beispiel in Ihrem Fall.« Varusbach schlug die Beine übereinander.
    Ein fragender Ausdruck stahl sich in Nikolas’ Augen, er zog die Augenbrauen streng zusammen, dann sah er Varusbach direkt an. »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Nun, erinnern Sie sich noch an unser letztes Gespräch?« Selbstgefälligkeit schwang in seinen Worten mit.
    Nach einigen Augenblicken nickte Nikolas wortlos.
    »Schönheit«, sagte Varusbach. »Der Grund, warum wir all das machen. Warum Kriege geführt werden. Nicht wegen Macht oder Geld oder aus irgendwelchen idealistischen Gründen. Gäbe es Schönheit nicht, etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt, wäre die Menschheit nichts anderes als eine primitive Spezies unter vielen. Eine pervertierte Existenz ihrer selbst. Aber wir haben die Kunst, den Genuss, die Liebe, kurzum das, was ich Schönheit nenne. Ohne sie gäbe es keinen Grund zu leben.«
    Nikolas ließ die

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