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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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zusammengerufen. Zwei Dutzend Männer in den unterschiedlichsten Armeeuniformen. Hauptsächlich Franzosen, aber auch ein paar Briten, deren Namen sich Nikolas nicht merken konnte. Ein kurioses Sammelsurium an Waffen hatte er vorgefunden, wobei jeder Widerständler anscheinend seine eigenen Vorlieben hatte. Während ein bulliger Franzose sich nicht von seinem deutschen MG-34-Maschinengewehr trennen konnte, bevorzugten die meisten die MP 40. Die Briten benutzten das M1-Garand der Amerikaner, die Nikolas bisher nur aus den Berichten der Wehrmacht kannte. Zusätzlich waren eine Handvoll Widerständler mit dem K98-Scharfschützengewehr von Mauser ausgestattet.
    Als Claire die Truppe über alles informierte, hatte Nikolas gar nicht erst versucht, ihre schnellen und strengen Worte zu verstehen. Da man ihm anscheinend nicht über den Weg traute, hatte sie ihn bei der Einteilung der Wache ausgelassen und ihm ein Zimmer im ersten Stock zugewiesen. Selbst sein Wagen wurde von Hugo zu den anderen Fahrzeugen in eine der beiden weitläufigen Scheunen gefahren.
    Rohn hatte es nicht für nötig befunden, irgendetwas von sich zu geben, war sofort eingeschlafen, während Nikolas gar nicht daran dachte, die Augen zu schließen.
    Langsam stand er schließlich auf. Er gab sich größte Mühe, damit die Holzdielen nicht verräterisch knarrten. Leise schloss er die Tür hinter sich und schlich die Treppe hinunter. Zwei mürrisch dreinblickende Franzosen spielten im Schein der Lampe Karten und hielten kurz inne, als sie ihn entdeckten. Zwischen zwei Fingern balancierte er die Zigarettenpackung und hob sie in die Höhe. Offenbar gaben sie sich damit zufrieden und setzten ihr Spiel fort.
    Obwohl ein kleiner Ofen zur Verfügung stand und sogar Holzscheite überall bereitlagen, war dieser nicht entzündet worden. Anscheinend wollten sie keine Qualmwolken, welche ihr Versteck verraten könnten. Als Nikolas in die Scheune trat, fröstelte es ihn sofort. Keine bittere, durchdringende Kälte, trotzdem ausreichend, dass er sich die Hände rieb. Hier schien die Zeit stehen geblieben. Zwei alte, verrostete Schneidemaschinen ruhten unter einer dicken Staubschicht, während überall auf dem Boden verteilt noch Holzspäne lagen und jeden Schritt dämpften. Der Duft von Baumharz hatte sich hier konserviert. Aromatisch lag er in der Luft und vermischte sich mit dem typisch benzinhaltigen Geruch einer Werkstatt zu einer ganz eigenen, angenehmen Note. Sie benutzten das Gebäude als Vorratskammer. Mehrere Kisten mit Konserven und einige Rucksäcke und Koffer waren lieblos an eine Werkbank gelehnt. Daneben fanden sich Kerzen, Petroleumbehälter, Batterien und alles Weitere, was man für einen längeren Aufenthalt in der Abgeschiedenheit benötigte. Nikolas entzündete zwei Petroleumlampen und stellte sie im Raum auf.
    Er sah sich um, ihm war niemand gefolgt. Der Versuchung nicht widerstehen könnend, nahm er sich den ersten Rucksack vor. Mit einer gewissen Abscheu durchwühlte er die übel riechende Wechselkleidung, bis er am Boden des Rucksacks angelangt war. Briefe in französischer Sprache kamen zum Vorschein, an einen war ein Bild geheftet. Dieser Rucksack musste Pascal gehören. Die ältere Aufnahme zeigte ihn am Strand. Im Arm hielt er zwei kleine Jungen, anscheinend seine Kinder. Sie hatten das gleiche von Sommersprossen gesprenkelte Gesicht und feuerrote Haar.
    Ein ähnliches Bild ergab sich bei den anderen Rucksäcken und Koffern. Fotografien der Liebsten, Briefe in verschnörkelter Schrift, meist aus längst vergangenen Tagen.
    Lediglich der letzte Koffer war anders. Aus ihm stieg kein Gestank von getragener Kleidung empor. Bücher mit teilweise losen Seiten sowie vollgeschriebene Notizblöcke und Schreibutensilien kamen zum Vorschein. Nikolas nahm das erste Buch an sich. Im Schein der Kerze betrachtete er den roten und mit Ornamenten verzierten Buchdeckel näher.
    »Jules Verne, Reise um die Erde in 80 Tagen«, übersetzte er leise murmelnd. Das Buch wirkte dicker als der Einband vermuten ließ.
    Als Nikolas den Druck verminderte, rieselten getrocknete Gänseblümchen auf den Boden. Sie drehten sich, tanzten in der Luft, bis sie schließlich hauchzart auf den Sägespänen landeten. Zur Sicherheit sah er sich um, während er sie aufhob und auf der Werkbank ausbreitete. Es waren genug, um einen dicken Strauß zu bilden. Der Regen hatte noch einmal zugenommen, verschlucke jeden Laut. Plötzlich entdeckte er im Augenwinkel einen Schatten, nicht mehr als

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