Wunscherfuellung Fuer Selbstabholer

literarisches
     Vorbild. Als ich an meiner Dissertation saß, war ich manchmal nahe daran, alles hinzuwerfen und auszuwandern. Was mich wieder
     aufbaute, war der Blick auf ein Poster über meinem Schreibtisch, das mir irgendwann ein Verlag zugeschickt hatte. Es zeigte
     Hemingway in einem Pariser Hotelzimmer vor seiner Schreibmaschine. Sein Gesichtsausdruck ist so verbissen, als säße er gerade
     an der sechsten Neufassung von
In einem anderen Land
. Ich fand es tröstlich, dass sich selbst große Schriftsteller quälen mussten – und hielt gestärkt durch.
    In diesem Sinne kann Ihnen ein geistiger Coach auch bei Ihren Wünschen helfen.
     
    Stellen Sie fest, was Sie brauchen.
    Was soll Ihr mentaler Coach denn für Sie leisten? Vielleicht soll er Sie ermutigen, Ihnen Selbstbewusstsein geben, Know-how vermitteln, Sie zum Durchhalten
     bewegen, Sie loben, Ihnen versichern, dass Sie es schaffen werden, oder Sie konstruktiv kritisieren, eine andere Sichtweise
     beisteuern, praktische Tipps geben. Wählen Sie ein oder zwei Eigenschaften aus.
     
    Überlegen Sie, wer Ihnen das geben kann.
    Da es sich um eine geis tige Verbindung handelt, spielen weder Zeit noch Realität eine Rolle. Die Person, die Sie zu Ihrem Coach ernennen, kann eine
     historische Gestalt sein. Es kann jemand aus Ihrer Kindheit sein, etwa Ihre liebevolle verstorbene Großmutter. Auch Protagonisten
     aus der Literatur sind möglich, wie Ibsens Nora oder Pippi Langstrumpf. Oder Comicfiguren wie Marge Simpson oder Batman, Filmheldinnen
     und -helden von Marlene Dietrich bis James Bond. Sie dürfen außerdem die besten Experten aus Gegenwart und Vergangenheit bemühen.
     Wen hätten Sie gerne? Picasso, Coco Chanel, Sigmund Freud, Bill Gates, Angela Merkel, |99| Mutter Teresa, Madonna, Jamie Oliver, den Dalai Lama? Oder Sie nehmen Frauen oder Männer aus Ihrem Bekanntenkreis, die Ihnen
     imponieren.
    Sie haben die freie Auswahl. Einzige Bedingung: Ihr Favorit muss Ihnen das bieten, was Sie sich wünschen. Wenn Sie möchten,
     können Sie ihn ein bisschen ausstatten. Vielleicht finden Sie Fotos, Bücher oder markante Aussprüche zur Person.
     
    Treffen Sie sich mit Ihrem Coach.
    Suchen Sie sich einen ruhigen Platz, und sorgen Sie dafür, dass Sie nicht gestört werden. Setzen Sie sich bequem hin, und schließen Sie die Augen. Rufen
     Sie innerlich Ihren Coach herbei. Sobald er da ist, teilen Sie ihm offen mit, wie Sie sich fühlen. Sagen Sie ihm, was Sie
     sich von ihm wünschen. Stellen Sie die Fragen, die Ihnen auf den Nägeln brennen. Und dann warten Sie ab, was Sie hören. Sie
     werden staunen, welche Antworten Sie erhalten. Es ist, als ob sich die Person bei Ihnen im Zimmer befindet. Sie erhalten neue
     Impulse, unerwartete Gedanken, liebevolle Rückendeckung und manchmal auch direkte Kritik samt Vorschlägen, wie Sie etwas besser
     machen können.
    Eine mir bekannte Drehbuchautorin, die gerne mit dieser Methode arbeitet, hatte den Auftrag für einen TV-Spielfilm. Als Erstes
     musste sie eine ausführliche Ideenskizze, im Fernsehdeutsch »Treatment« genannt, vorlegen. Sie war unsicher, ob ihr ein guter
     Plot gelungen war. Also traf sie sich in ihrem Arbeitszimmer mit dem Filmregisseur Steven Spielberg. Der strich sich über
     den Bart und sagte dann gnadenlos: »Was du da zusammengeschrieben hast, ist tödlich langweilig.« »Was soll ich denn machen?«,
     jammerte sie. »Führe eine richtig böse Figur ein«, riet er ihr. »Mach deiner Heldin das Leben schwer. Und lass die Story nicht
     in Deutschland spielen, sondern in einem exotischen Land.« Die Drehbuchautorin bedankte sich und setzte die Tipps vom Profi
     um.
    Also doch Magie? Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Raum und Zeit eine Illusion sind und alles mit allem verbunden ist –
     dass Sie also tatsächlich mit der jeweiligen Person, ob tot oder lebendig, geistig Verbindung aufnehmen können. Ich halte
     es jedoch für vermessen, |100| mich in diesem Zusammenhang über Quantentheorie zu äußern, ohne genügend von Physik zu verstehen, oder Rupert Sheldrakes morphogenetische
     Felder zu zitieren, ohne Biologin zu sein. Psychologisch gesehen erweitert diese Fantasie unser Bewusstsein. Sie schließt
     die Schatzkammer unseres gespeicherten Wissens auf. Was dabei herauskommt, schreiben wir dann unserem imaginären Coach zu.
    Und wenn es bei Ihnen nicht funktioniert? Dann liegt Ihnen das eben nicht, Sie suchen sich Ihre Unterstützung wahrscheinlich
     lieber bei realen Personen.
     
    Sie