Wunschkonzert: Roman (German Edition)
Teambuildings verraten werden, trägt einen etwas eigenartigen Titel:
Kindergeburtstage richtig schön feiern
heißt es, und darunter steht noch etwas kleiner:
Tolle Spiele für drinnen und draußen.
Verständnislos starre ich auf das Buch – damit hat unser Chef die ganze Zeit gearbeitet? Mir kommt ein Zettel entgegengeflattert, der vorn in dem Ratgeber gesteckt hat. Es ist ein handschriftlicher Brief.
Liebe Stella,
ich habe den anderen schon im Bus auf der Heimreise verraten, was es mit dem schwarzen Buch auf sich hat. Du warst ja leider verschwunden, und es tut mir leid, dass die Sache für dich so aus dem Ruder gelaufen ist.
Wieso also Spiele für Kindergeburtstage? Ganz einfach: weil sie Spaß machen, egal, wie alt man ist. Weil wir uns auch als Erwachsene hin und wieder daran erinnern sollten, mit welcher Freude, Leichtigkeit und Zuversicht wir als Kinder durchs Leben gegangen sind. Das vergessen wir oft im Alltagsstress, und dieses Gefühl wollte ich wieder in euch erwecken. Bei dir ist es mir scheinbar nicht gelungen, was ich sehr schade finde.
Und ja, es war schon einigermaßen hart, was du dir von deinen Kollegen anhören musstest. Ich teile ihre Meinung nicht – und doch weiß ich noch nicht, welcher der beste Weg für dich ist, das musst du selbst herausfinden. Aber vielleicht fängst du einfach mal damit an, das kleine Mädchen in dir zu suchen?
Liebe Grüße,
David
PS: Ich weiß, dass du es warst, die unter meinem Bett gelegen hat, ich habe dich erkannt. Wäre schön gewesen, wenn du es zugegeben hättest. Aber ich find’s auch gar nicht schlimm, sondern eher lustig!
Ich muss den Brief mehrmals hintereinander lesen, um ihn ganz zu begreifen. Dabei bin ich hin- und hergerissen zwischen Rührung und Wut – Rührung, weil mich Davids Worte im Herzen ziemlich bewegen, Wut, weil ich mich von ihm so unglaublich verschaukelt fühle. Kindergeburtstagsspiele? So was macht man doch nicht mit Erwachsenen! Und dass er wusste, dass ich in seinem Zimmer war? Na gut, dass er mich beim Flaschendrehen nicht bloßgestellt hat, war schon irgendwie nett, das muss ich zugeben.
Ich blättere durch das Buch, tatsächlich finden sich darin alle »Übungen«, die wir gemacht haben: den Büroklammertausch, den Filmdreh, ein Gesangswettbewerb – das wird der Karaoke-Abend gewesen sein –, das paarweise blind durch die Gegend führen – nur über den
›Pfad der Wahrheit‹
ist nichts zu lesen, das muss eine Spezialidee von David gewesen sein. Wundert mich allerdings nicht sonderlich, denn sich wechselseitig unangenehme Wahrheiten um die Ohren zu hauen, scheint mir für einen Kindergeburtstag jetzt nur bedingt ein passendes Spiel zu sein …
Unentschlossen wandere ich durch meine Wohnung. Was mache ich denn jetzt? Ich schnappe mir das Telefon, im Zweifel erst mal Miriam anrufen, denn gerade jetzt habe ich ihr wirklich eine ganze Menge zu erzählen und kann eine Aufheiterung dringend gebrauchen. Ich wähle ihre Nummer und warte auf das Freizeichen. Doch stattdessen klackert es nur kurz in der Leitung, dann erklingt eine Stimme: »Stella? Bist du dran?«
Mama.
»Ja, ich bin’s«, antworte ich, »wollte gerade Miriam anrufen, da bist du wohl dazwischengeraten.«
»Aha«, erwidert meine Mutter schon wieder leicht sauertöpfisch, »ich scheine ja meistens dazwischenzugeraten.«
»Mama«, gebe ich genervt zurück, »ich bin gerade erst nach Hause gekommen.«
»Und ich bin in der Zwischenzeit fast umgekommen vor lauter Sorgen! Ich warte doch auf einen Anruf von dir und habe ständig versucht, dich zu erreichen!«
»Das tut mir leid, aber mein Handyempfang hat auf deine Befindlichkeiten keine Rücksicht genommen, und ich hatte zu viel um die Ohren, um mir andauernd das Telefon meiner Kollegin zu leihen.«
»Befindlichkeiten?«, plärrt sie prompt beleidigt. »Das nennst du
Befindlichkeiten,
wenn ich nachts nicht mehr in den Schlaf komme, weil ich mir Sorgen mache?«
»Stell dir vor«, werde ich jetzt richtig patzig, »du bist nicht die Einzige, die sich Sorgen macht! Hier ist die Kacke gerade richtig am Dampfen, das kann ich dir sagen.«
»Was ist denn jetzt schon wieder passiert?«
»Och, eigentlich nichts, bis auf die Tatsache, dass meine Kollegen mich alle scheiße finden, mein Chef mich nicht für teamfähig hält und … und der Mann, den ich gernhabe, nichts mehr von mir wissen will.« Während mir das rausrutscht, wird mir erst die Bedeutung meiner eigenen Worte klar. Aber es stimmt: Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher