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Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Titel: Wunschkonzert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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mit einem Zeigefinger, sie macht grinsend ebenfalls die Geste mit dem Reißverschluss. »Das Problem ist nur: Ich bin es nicht. Also, glücklich, meine ich. Und das hat nichts damit zu tun, dass dieses Seminar so ein Chaos war und ich gerade ein bisschen in der Patsche sitze. Es hat etwas mit mir zu tun … und mit dir.« Mama guckt mich fragend an, sagt aber nichts. »Weißt du«, rede ich weiter und suche nach den richtigen Worten, um ihr zu erklären, was ich meine, ohne sie dabei zu verletzen, »mir ist klar, dass du immer nur das Beste für mich wolltest und willst. Aber dabei hast du es manchmal vielleicht ein kleines bisschen zu gut gemeint.«
    »Zu gut?«, gibt meine Mutter nun doch von sich, schlägt sich aber sofort mit einer Hand vor den Mund und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu.
    »Weißt du, als Papa damals einfach abgehauen ist, war das für dich wahrscheinlich noch viel schlimmer als für mich. Ich war ja noch so klein.«
    »Du warst so unendlich tapfer«, setzt Mama an, unterbricht sich dann allerdings sofort wieder.
    »Glaubst du das wirklich, Mama? Natürlich habe ich geweint«, gebe ich zu, »daran kann ich mich bis heute noch gut erinnern. Genauso gut erinnere ich mich aber daran, wie unglücklich und verzweifelt du warst. Und dass ich mir geschworen habe, dir niemals einen Grund zum Weinen zu geben.«
    »Das hast du ja auch nicht«, wirft sie lächelnd ein, woraufhin ich wieder nach ihrer Hand greife und sie zärtlich drücke.
    »Aber genau das ist der Punkt. Ich habe immer versucht, alles zu kontrollieren, alles im Griff zu haben, damit nie wieder etwas Schlimmes passiert. Und du hast seitdem immer versucht, mich vor allem zu beschützen.«
    »Das muss ich als deine Mutter doch auch.«
    »Einerseits ja. Andererseits muss ich auch meine eigenen Erfahrungen machen.« Ich überlege. »Mal ein blödes Beispiel: Wenn du mir stundenlang erklärst, wie ich am besten zu dir fahre und wo ich parken kann – dann ist das natürlich sehr süß und lieb von dir«,
und extrem nervig,
füge ich im Geiste hinzu, »aber ich bin schon erwachsen. Wenn ich also mal in eine Sackgasse gerate, ist das eben so, dann muss ich auch selbst wieder hinausfinden.« Ich schlucke schwer. »Und auch was Männer angeht, kann ich nicht immer mit irgendwelchen Katastrophen rechnen oder allen und jedem gegenüber misstrauisch sein. Besser gesagt: Ich will es auch nicht. Ich möchte in jedem erst einmal das Gute sehen. Auch wenn das heißt, dass ich manchmal – wie zum Beispiel im Fall von Martin Stichler – damit auf die Nase falle. Weißt du, überleben werde ich das immer – aber nur wenn ich hinfalle, kann ich auch lernen, mich wieder aufzurappeln.« Ich werfe ihr einen prüfenden Blick zu und bemerke, dass auch ihr langsam Tränen in die Augen steigen.
    »Stella«, sagt sie, und ich bemerke ein Zittern in ihrer Stimme, »ich wollte immer nur verhindern, dass dir jemals so etwas passiert wie mir. Dass du in deinem Leben irgendwann auch einmal so großen Kummer ertragen musst.«
    »Ich weiß«, lächelnd drücke ich noch einmal ihre Hand, obwohl sich mein Hals gerade zuschnürt. Die eigene Mutter weinen zu sehen, das tut sehr, sehr weh. Aber manchmal muss man es wohl zulassen und aushalten. »Dafür bin ich dir auch dankbar. Aber Traurigkeit gehört zum Leben eben auch dazu, man kann nicht jedes Risiko ausschließen. Das habe ich in den vergangenen Tagen begriffen.«
    Sie sieht mich groß an. »Und was heißt das jetzt?«
    »Gute Frage.« Ich seufze. »Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach noch nicht. Aber es wird mir schon einfallen.«
     
    »Und du hast zusammen mit deiner Mutter alle diese komischen Übungen nachgemacht?«, will Miriam erstaunt wissen, als sie am Sonntagabend bei einem guten Glas Wein mit mir auf dem Sofa sitzt.
    »Ja«, erwidere ich, »hab ich.«
    »Das stelle ich mir strange vor.«
    »War es nicht. Im Gegenteil, hat echt viel Spaß gemacht! Mama und ich haben uns so gut wie schon lange nicht mehr verstanden und mal ein paar Dinge zwischen uns geklärt.«
    »Klingt interessant«, meint Miriam und nimmt einen Schluck von ihrem Wein. »Vielleicht sollte ich das mit Gunnar auch mal machen?«
    »Wieso mit Gunnar? Gibt’s da Probleme?«
    Miriam zuckt mit den Schultern und wirkt etwas ratlos. »Probleme würde ich nicht direkt sagen. Aber ich bin genervt davon, dass er pausenlos arbeitet, und ihn stört es, dass ich immer so viel unternehmen und ausgehen will.«
    »Tja, sieht fast so aus, als

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