Wunschkonzert: Roman (German Edition)
früher zuschlagen und nicht so ein Angsthase sein sollen! Gedankenverloren summe ich mit, lasse mich von Lied zu Lied treiben und genieße es, Tims schöner Stimme und seinen Texten zu lauschen.
Sosehr man sich auch anstrengt
man kommt nicht an dich ran
Wer immer deinen Kopf lenkt
hält dich in seinem Bann
Beim Song
Verlierer
bekomme ich mal wieder spontan eine Gänsehaut, diese Ballade geht mir durch und durch. Ich gehe rüber zum CD -Player und drehe den Ton lauter.
Wie kann ich dir bloß beistehen?
du lässt dich nicht berühren
Jetzt musst du einfach einsehen:
So wird es zu nichts führen
Ich schließe die Augen, lege den Kopf in den Nacken – und dann, ganz, ganz laut, singe ich aus voller Kehle den Refrain mit:
Lass dich nicht fallen
du hast keinen Grund dafür
Nur du kannst dich halten
Drum finde den Weg zurück zu dir
Wieder und wieder spiele ich das Lied ab, singe es laut mit und tanze dazu durch mein Wohnzimmer.
Finde den Weg zurück zu dir
– habe ich nicht genau das heute morgen zu meiner Mutter gesagt? Dass ich meinen Weg finden muss? Das tun, was mich glücklich macht? Anders leben? Noch einmal spiele ich den Song. Und noch einmal. Und noch einmal. Und noch einmal. So lange, bis meine Nachbarin energisch gegen die Wand klopft. Ich muss lachen und schalte den CD -Player aus, halb eins ist vielleicht tatsächlich nicht die richtige Zeit für ohrenbetäubende Beschallung.
Während ich ein letztes Mal nach draußen auf die im Dunklen liegende Straße und das fahle Licht der Laternen blicke, fällt es mir mit einem Mal wie Schuppen von den Augen. Jetzt weiß ich, was ich zu tun habe.
19. Kapitel
A ch, guten Morgen, Stella!« Hilde strahlt mich fröhlich an, als ich am nächsten Tag um kurz vor zehn die neuen Büroräume von World Records in der Hafencity betrete und als Erstes ins Sekretariat marschiere. David Dressler hat nicht zu viel versprochen: Sehr schick und stylish sieht es hier aus, die Einrichtung ist modern, der Blick auf die Elbphilharmonie und den Hafen wirklich atemberaubend. Überall an den Wänden, im Flur und auch hier im Sekretariat, hängen große Bilderrahmen mit Fotos von Musikern oder Alben, auf dem grauen Teppichboden ist alle zwei Meter in großen roten Lettern der Name des Labels gedruckt. Alles wirkt freundlich, luftig und hell.
Hilde und ihre neue Kollegin Christiane sitzen in einem großzügigen Vorzimmer, hinter dem das Büro von David Dressler liegt. »Schön, dass du hier bist!«, sagt Hilde. »Ich hatte schon befürchtet, du würdest heute nicht kommen.«
»Guten Morgen!«, erwidere ich. »Kann ich mit David sprechen? Ich brauche auch nicht lange, ich will nur kurz etwas mit ihm klären.«
»Klar doch. Allerdings hat er gerade Besuch, wird wohl noch zehn Minuten dauern. Soll ich dir so lange schon mal dein neues Büro zeigen?«
Aha, gefeuert bin ich offenbar noch nicht, ich habe hier ein Büro. Ich zögere einen Moment, denn ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist und ich nicht besser einfach im Sekretariat warten sollte, bis David frei ist. Dann aber siegt die Neugier.
»Okay«, antworte ich. Hilde steht von ihrem Schreibtischstuhl auf.
»Dann immer mir nach.«
Wir gehen den Flur entlang bis zu einem Büro, das hinter einer großen Glastür liegt. Wir treten ein, und es verschlägt mir fast die Sprache: Der Raum ist mindestens dreimal so groß wie meine alte Wirkungsstätte; durch die große Glasfront habe ich einen direkten Blick auf das Hanseatic Trade Center.
»Wow!«, entfährt es mir.
»Ja«, urteilt Hilde, »das ist schon was anderes hier als in unseren alten Räumen, oder? Irgendwie weltoffener.« Ich nicke.
»Das kann man wohl sagen.« Bis auf meinen Computer ist alles im Büro nigelnagelneu, vom Schreibtisch bis zu den Regalen, in die die Umzugsleute bereits meine Unterlagen fein säuberlich einsortiert haben. Eine riesige Zimmerpflanze steht hinter meinem Stuhl und verleiht dem Raum etwas Wohnliches. Dann fällt mein Blick auf eine kleine Besprechungsecke mit einem runden Tisch und vier Ledersesseln. Dort steht ein großer Blumenstrauß, offenbar ein Willkommensgruß.
»Mach es dir hier einfach gemütlich«, sagt Hilde. »Ich ruf dich an, sobald David Zeit hat.«
»Ist gut.« Sie lässt mich allein, ich bleibe noch einen Moment einfach nur so stehen und lasse die Atmosphäre auf mich wirken, dann setze ich mich auf einen der bequemen Sessel meines neuen Besprechungstisches. Sehr mondän, das muss ich schon sagen. Mein Blick
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