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Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Titel: Wunschkonzert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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müsstet ihr einen Kompromiss finden. Vielleicht ist der ›Pfad der Wahrheit‹ wirklich keine schlechte Idee?«
    »Ja, das kann durchaus sein«, gibt sie mir recht. »Aber jetzt mal wieder zu dir: Tim war also total sauer, dass du was mit Martin Stichler hattest?« Ich nicke.
    »Sauer und verletzt, würde ich sagen.«
    »Dieser Stichler ist aber auch ein Arschloch!« Miriam guckt finster drein.
    »Ja … und nein«, meine ich.
    »Ja und nein?«, wiederholt meine beste Freundin und sieht mich verständnislos an. »Viel mehr Arsch kann man ja wohl nicht sein!«
    »Na ja«, ich nehme auch noch einen Schluck Wein, »er hat seine Chance genutzt, weil ich zu blöd war, es selbst zu tun. Hab einfach zu lange gezögert und wollte mal wieder auf Nummer sicher gehen.«
    »Aber trotzdem!«, empört Miriam sich. »Erst schnappt er dir die Reeperbahnjungs weg, und dann schleift er dich noch durch die Kiste!«
    »Die Idee mit dem ›Spaßhaben‹ kam von mir, erinnerst du dich? Kann man es ihm vorwerfen, dass er das mitgenommen hat?«
    Miriam schüttelt ungläubig den Kopf. »Was ist nur los mit dir?«, will sie wissen. »So weichgespült kenne ich dich ja gar nicht! Du hast dich in den wenigen Tagen echt verändert.«
    »Ein bisschen schon«, stimme ich ihr zu.
    »Gefällt mir aber gar nicht so schlecht.« Sie lächelt mich an.
    »Wir werden sehen, wie gut das ist«, erwidere ich.
    »Und willst du Tim nicht doch noch einmal anrufen? Vielleicht in ein paar Tagen, wenn ein bisschen mehr Gras über die Sache gewachsen ist?«
    »Weiß nicht. Ich glaube, das habe ich ziemlich verbockt.«
    Miriam seufzt. »Und ich gebe dir auch noch den blöden Rat mit dem Spaßhaben!« Sie haut sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Ich könnte mir in den Hintern beißen, ich Hornochse!«
    »Och«, sage ich und muss dabei fast kichern, »ich meine, Spaß habe ich durchaus gehabt, das muss ich schon sagen.« Wir grinsen uns an.
    »Wie geht’s denn jetzt weiter?«, will meine Freundin wissen. »Trittst du morgen bei World Records an oder nicht?«
    »Muss ich ja wohl. Aber vielleicht schmeißt David Dressler mich ja auch sofort raus.«
    »Das glaube ich nicht«, erwidert Miriam. »So dramatisch war die Sache ja nun auch nicht. Außerdem hat er versprochen, dass erst einmal keine Personalentscheidungen anstehen.«
    Ich nehme noch einen Schluck aus meinem Glas und starre nachdenklich vor mich hin.
    »Was denkst du gerade?«, will Miriam wissen.
    »Es klingt eigenartig. Aber momentan geht es in meinem Kopf irgendwie drunter und drüber. Und ich glaube, ich fände es nicht einmal besonders tragisch, wenn ich tatsächlich gefeuert werde.«
    »Was?«, ruft Miriam. »Das war doch bis vor kurzem noch dein absolutes Horrorszenario!«
    »Ich weiß. Das ist es immer noch. Aber vielleicht habe ich mich tatsächlich in den letzten Tagen ein bisschen verändert.«
     
    Nachdem Miriam gegangen ist, mache ich mich fürs Schlafen fertig, ziehe wie immer meinen Pyjama an und will danach den Wetterbericht checken, um mir Sachen für morgen rauszulegen. Ich nehme mein Handy von der Ladestation und will gerade nachsehen, da halte ich in der Bewegung inne.
    Nein, ich mache das nicht. Ich werde bis morgen früh warten und dann entscheiden, was ich anziehe. Und dafür werde ich einfach nur aus dem Fenster gucken, wie die meisten anderen Menschen das auch jeden Tag tun.
    Gutgelaunt marschiere ich ins Badezimmer und fange an, mir die Zähne zu putzen. Diesmal lasse ich auch die Finger von der Sanduhr, sondern putze einfach so lange, wie ich es für nötig halte. Es fühlt sich ungewohnt an, aber mehr auch nicht.
Ein kleiner Schritt, Stella,
freue ich mich. Aber ein erster Richtung neues Leben.
    Statt mir wie immer die Spätnachrichten anzusehen, lümmele ich mich anschließend auf meinem Sofa und trinke noch ein Glas Wein. Damit war die Sache mit dem Zähneputzen zwar sinnlos, aber meine Beißerchen werden es schon überleben.
    Nachdenklich lasse ich noch einmal die letzten Tage Revue passieren. Fast muss ich kichern: War schon alles ziemlich verrückt. Mein neuer Boss, das Seminar, Martin, Tim … Er und die Reeperbahnjungs werden ihr Album nun also ohne mich produzieren. Ein seltsamer Gedanke. Und er tut auch ein kleines bisschen weh.
    In einem Anflug von Nostalgie schnappe ich mir meine Handtasche und krame ihre Demo- CD heraus. Ich lege sie ein und lausche ihren Songs, während ich etwas wehmütig aus dem Fenster gucke. Doch, wirklich gut, die Musik, ich hätte echt

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