Wuppertod
Stimme.
»Wer hat Ihren
Mann tot gefunden?«
»Ich«,
erwiderte sie leise. »Er lag im Schlafzimmer, neben dem Bett.
Das leere Röhrchen mit den Schlaftabletten lag, neben
ihm.«
»Und
dann?«
»Ich rief den
Notarzt. Dann kamen Rettungssanitäter und der Arzt. Sie
versuchten, ihn wiederzubeleben, obwohl er längst tot,
war.« Henrike Jochims schluchzte haltlos. »Nie werde
ich das! Bild vergessen. Sie zogen ihn aus und untersuchten
ihn.«
»Und dann
kreuzte der Notarzt wahrscheinliche Todesursache ungeklärt im
Totenschein an«, vermutete Stefan.
Sie nickte.
»Ja.« Ihre Stimme war nur ein Hauch. »Der Arzt
rief die Polizei, die kam direkt mit der Kripo an.« Sie
blickte Stefan
unverwandt an. »Als ob ich ihn umgebracht hätte.
Ich - meinen
eigenen Mann!«
»Das ist eine
Routinesache«, beruhigte Stefan sie. »Sobald die
Todesursache nicht einwandfrei feststeht, ist der Notarzt
verpflichtet, die Polizei zu informieren. Das hat nichts mit Ihnen
zu tun, Frau Jochims.« Er lächelte ihr aufmunternd zu,
obwohl er sich zusehends unwohl in seiner Haut
fühlte.
Henrike Jochims Stimme
war kaum zu verstehen, als sie fortfuhr. »Die kamen dann mit
zwei Leuten von der Spurensicherung. Fast eine Stunde lang haben
sie alles genau untersucht. Ich wurde befragt, meine Aussagen
aufgezeichnet. Zum Schluss sagte man mir, ich solle mich
bereithalten, falls sie noch Fragen hätten.«
»Wann war
das?«
»Vor gut einer
Woche. So lange hat es gedauert, bis sie meinen Mann zur Bestattung
freigegeben haben.«
Stefan kannte die
Abläufe, schwieg aber dazu.
»Ich muss jetzt
los, wenn ich nicht zu spät zur Beerdigung meines Mannes
kommen will«, bemerkte sie, erhob sich und schob ihn zur
Tür.
Dort angelangt, drehte
sich Stefan noch einmal zu ihr um. »Wusste Ihr Mann von Ihrer
Affäre mit Heiger?«
»Nein und wir
hatten uns auch schon wieder getrennt.« Damit schloss sie die
Tür.
Stefan stand wie ein
begossener Pudel vor dem Haus. Er wunderte sich zwar über die
Auskunftsbereitschaft der Witwe, musste sich selbst aber
zugestehen, nicht sonderlich viel herausbekommen zu
haben.
Auch wusste er nicht
recht, ob er in den Augen der trauernden Witwe trotz aller
Taschentücher nicht doch auch ein paar Krokodilstränen
gesehen hatte.
* * *
Von dem tragischen
Zwischenfall an der Ohligsmühle erfuhr Heike während
ihrer Sendung. Ein ziemlich aufgeregter Roland Kracht stürmte
ins Studio, gerade als der neue Titel von Kate Ryan lief und das
Mikro dicht war.
»Was ist denn
los?«, fragte Heike.
Kracht massierte sich
das Kinn und sein Bart rauschte leise. »Jemand hat versucht,
einen der Schauspieler vom Wuppertod zu erschießen. Vom einem
Bankgebäude aus … Die Szene sollte auf dem
Schwebebahngerüst spielen. Der Schauspieler strauchelte auf
dem Gerüst und stürzte in die Wupper. Er ist schwer
verletzt.«
»Das ist ein
Mordanschlag«, stellte Heike fest.
»Natürlich,
das ist ja der Hammer«, rief Kracht. »Lass uns das in
die nächsten Nachrichten nehmen, ja?«
Heike nickte.
»Klar. Gibt es schon ein Statement der Produktionsfirma oder
eine Pressemeldung der Polizei?«
»Nein«,
schüttelte Kracht den Kopf. »Nichts dergleichen. Die
Meldung ist brandheiß.«
»Ich werde das
selbst in die Hand nehmen.« In Heike erwachte die
Abenteuerlust. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Ihre Sendung lief
noch gut zehn Minuten. Nach dem Titel eine kurze Abmoderation und
ein Hinweis auf die Neuigkeit, danach hatte sie endlich
Feierabend.
Nach - wie es ihr
schien - einer kleinen Ewigkeit stand sie schließlich vor der
Redaktion des Senders und überlegte, was sie tun sollte.
Ulbricht fiel ihr ein. Soweit sie wusste, war er mit dem Mord an
Tim Heiger betraut worden. Es würde ihn interessieren, was in
der Zwischenzeit passiert war.
Sie zog das Handy aus
ihrem kleinen Rucksack und wählte die Nummer des
Polizeipräsidiums. Ulbricht war nicht im Dienst, so sagte man
ihr. Seine private Nummer oder Adresse verriet man ihr
natürlich nicht. Also machte Heike auf dem Absatz kehrt und
stürmte die Stufen zur Redaktion empor, die im oberen Stockwerk
eines Bankgebäudes unweit des Alten Markts lag. Nach einem
flüchtigen Klopfen an der Tür betrat sie Eckhardts
Büro.
»Ich brauche die
Adresse von Kommissar Verdammt.«
Michael Eckhardt, der
gerade eine Akte sichtete, blickte seine Redakteurin an wie eine
Geisteskranke. Die Haare standen ihm mal wieder zu Berge und ein
dicker Kaffeefleck zierte seine Krawatte.
»Die private
Anschrift von Kommissar
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