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weiteren Karten durch. Bei R hatte Baines die Nummer des Royal Automobile Club eingetragen, unter S eine Versicherungsfirma. Dann T. Und wieder spürte er seine innere Erregung. Taylor – und dahinter die Nummer. Morse legte nachdenklich den Kopf zur Seite. Es schien ihm, als habe sich soeben ein weiteres Puzzlestück eingefügt. U und V – nichts. Unter W der Name Wright, dann die Nummer und in Klammern Maler und T a pezierer . Die Karten für X, Y und Z waren wieder leer. Was noch fehlte, war die erste Hälfte des Alphabets bis L. Mit einiger Spannung drückte er auf die Taste für die Eintragungen unter A und richtig – A wie Acum, die Privatnummer.
Morse ging das Register noch einmal ganz durch. Es waren insgesamt nur vierzehn Eintragungen, die meisten davon völlig unverdächtig – Handwerker, eine Buchhandlung, die Nummer eines Arztes. Und dann die drei Namen, denen er im Laufe seiner Ermittlung begegnet war, Acum, Phillipson, Taylor. Merkwürdig, wie sich bei diesem Fall immer Dreierkonstellationen zu bilden schienen. Die erste hatte gelautet: Acum, Phillipson, Baines; und nun, da Baines ausgeschieden war, gab es sofort eine neue, mit dem Namen Taylor als Ersatz. Irgendwo in Morse’ Hinterkopf machte es zum drittenmal klick .
Die Leute von der Spurensicherung hatten zwar die Vorhänge zurückgezogen, das Licht aber brennen lassen. Morse knipste es beim Hinausgehen aus. Es war 5 Uhr 30.
»Und was jetzt als nächstes?« fragte Lewis.
Morse überlegte einen Moment. »Hat Ihre Frau schon die Kartoffeln aufgesetzt, Lewis?«
»Wahrscheinlich, Sir. Aber ich mag kalte Kartoffeln inzwischen ganz gerne.«
Kapitel Zwanzig
Alibi (lat. alibi, anderswo); Nachweis der Abwesenheit vom Tatort zur Tatzeit
Konversationslexikon
»Es wird ihm nicht gefallen.«
»Braucht es ja auch nicht.«
»Es muß für ihn so aussehen, als hätten wir ihn in Verdacht.«
»Das haben wir ja auch, oder etwa nicht?«
»Aber nicht ihn allein.«
»Nein, ihn und noch ein paar andere.«
»Es wäre besser, wenn wir die genaue Todeszeit wüßten.« Es klang bedrückt.
»Darüber machen Sie sich mal keine Gedanken. Ihre Aufgabe ist lediglich, uns von ihm eine Aufstellung zu besorgen, was er gestern gemacht hat, und zwar angefangen von dem Zeitpunkt, als er die Schule verließ, bis zum Schlafengehen.«
»Es wird ihm nicht gefallen.« Lewis schüttelte bedenklich den Kopf.
Morse stand auf und brachte die Unterhaltung etwas abrupt zu Ende: »Er wird sich damit abfinden müssen.«
Kurz nach halb sieben verließ Morse das Präsidium und machte sich auf den Weg zu den Taylors. Genau wie Lewis empfand auch er die vor ihm liegende Aufgabe nicht als besonders angenehm. George Taylor würde bestimmt sofort annehmen, daß er ihn verdächtigte, und so ganz falsch war diese Vermutung ja nicht.
Vor dem Reihenhaus stand der grüne Morris Oxford. Auf sein Klingeln öffnete ihm George in Hemdsärmeln die Tür, eilig noch einen Bissen seines Abendessens herunterschluckend.
»Ich sehe, ich störe gerade. Dann schaue ich wohl besser in einer halben Stunde noch mal vorbei.«
»Das ist nicht nötig, ich war sowieso fast fertig. Kommen Sie rein.« George hatte allein in der Küche gegessen. Auf dem Tisch stand ein fast leerer Teller mit Eintopf. Daneben lag aufgeschlagen eine Oxford Mail . »Möchten Sie einen Tee?«
Morse lehnte dankend ab und setzte sich George gegenüber auf einen altersschwachen Stuhl.
»Womit kann ich Ihnen helfen, Inspector?« Er füllte eine große Steinguttasse mit dunkelbraunem Tee und zündete sich eine Woodbine an. Morse teilte ihm mit, daß Baines ermordet worden sei. Aus der Zeitung konnte er es noch nicht erfahren haben – Baines’ Tod war zu spät am Nachmittag bekannt geworden, als daß in der Abendausgabe schon ein Bericht darüber hätte erscheinen können.
George nahm die Nachricht eher gleichgültig auf und äußerte auch kein Wort des Bedauerns. Er hatte Baines zwar von Elternabenden und Schulveranstaltungen her gekannt, aber eben nur vom Sehen. Morse war befremdet, daß sich jemand dem Tod eines anderen Menschen gegenüber derartig teilnahmslos verhalten konnte, doch andererseits mochte er den Mann, weil so deutlich war, daß ihm jegliche Bosheit und Heuchelei abgingen. Trotzdem – früher oder später würde er ihn auffordern müssen, ihm darüber Rechenschaft abzulegen, wo er sich gestern abend aufgehalten hatte, doch schob er diesen Moment noch hinaus. Zum Glück war George gesprächig,
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