Wurzeln
Sörr, ich mein, jetzt nicht mehr …«
»Wieder dieses Herumgerede!«
»Ich red nicht herum.« Hühner-George tat sein Bestes, um den Eindruck zu erwecken, er wünsche sich dringend den Rat des Masser. »Ich möcht gern was sagen, was ich noch niemandem gesagt hab, Ihr kennt doch Masser MacGregor, den, der immer mit gelben Vögeln zu den Hahnenkämpfen kommt?«
»Natürlich. Wir reden oft miteinander. Was hat er damit zu tun?«
»Ich weiß ja nun, daß ich den Passierschein kriege, also brauch ich nicht zu lügen. Aber in letzter Zeit bin ich wirklich oft bei einem Mädchen drüben auf Masser MacGregors Plantage gewesen, das stimmt …« Er machte ein tiefsinniges Gesicht. »Das ist ’ne Sache, über die ich wirklich mit jemandem reden muß, mit dem ich reden kann, Masser. Ich werd nicht klug aus ihr. Sie heißt Matilda, sie arbeitet auf dem Feld und hilft im großen Haus aus, wenn sie gebraucht wird. Masser, sie ist das erste Mädchen, das sich nicht anfassen läßt, nein, Sörr, da kann ich sagen und tun, was ich will. Sie kann mich gut leiden, sagt sie, aber sie hat was gegen meine Art – und ich hab ihr gesagt, ich kann auch ohne sie leben und daß ich alle Frauen haben kann, die ich will, und sie sagt, das soll ich ruhig tun und sie in Frieden lassen.«
Masser Lea lauschte Hühner-George genauso ungläubig, wie Hühner-George zuvor ihm zugehört hatte.
»Und noch was«, fuhr der Junge fort. »Immer wenn ich hinkomm, schmeißt sie mir Bibelsprüche an den Kopf. Die Bibel kann sie lesen, weil sie bei einem Pfarrer groß geworden ist. Der mußte dann wegen seiner Religion alle seine Nigger verkaufen. Neulich hat sie gehört, ’n Haufen freier Nigger wollen im Wald ein Fest feiern mit Essen und Trinken und Tanzen. Da schleicht sie sich, siebzehn ist sie erst, von Masser MacGregors Plantage fort und platzt dort hinein, wie es grade hoch hergeht. Sie hat ein großes Trara gemacht, den Herrn angerufen, er soll herabsteigen und die Sünder retten, bevor der Teufel sie holt und sie in der Hölle braten müssen. Die Nigger sind einer über den andern gestolpert, so schnell sind sie weggelaufen, der Fiedler hinterher. So fromm ist sie.«
Masser Lea brach in schallendes Gelächter aus. »Das ist ja ’ne tolle Schnecke, das muß ich sagen!«
»Masser …« Hühner-George zögerte. »Bevor ich sie kannte, war ich genau, wie ihr sagt, immer scharf auf die Miezen, jetzt hab ich das Gefühl, bei der ist es mehr als nur Pussy. Vielleicht soll ich mit ihr übern Besen springen …« Hühner-George war von sich selbst überrascht. »Natürlich nur, wenn sie mich nimmt«, fügte er mit schwacher Stimme hinzu. Und dann, noch zaghafter: »Und wenn Ihr nichts dagegen habt, Masser …«
Vom Knarren des Wagens und dem Glucken der Kampfhähne begleitet, fuhren sie ein gutes Stück weiter, bevor Masser Lea sich dazu äußerte: »Weiß Mr. MacGregor, daß du hinter diesem Mädchen her bist?«
»Sie arbeitet auf dem Feld, und bestimmt hat sie ihm nicht direkt was gesagt, nein, Sörr, aber die Nigger im Haus wissen es, und die werden’s ihm wohl gesagt haben.«
»Wie viele Nigger hat Mr. MacGregor?« fragte Masser Lea.
»’ne ganze Menge, Masser. Soviel Sklavenhütten, wie es da gibt – täte ich sagen zwanzig oder so.« Die Fragen verwirrten George. Wieder schwieg der Masser eine Weile. »Wenn ich es recht bedenke«, sagte er dann, »du hast mir nie Ärger gemacht – du warst sogar ganz nützlich, und ich will was für dich tun. Hast ja gehört, was ich vorhin gesagt hab: ich brauch ’n paar jüngere Nigger für die Feldarbeit. Also wenn deine Mieze so dumm ist, daß sie mit einem übern Besen springt, der so hinter den Weibern her ist wie du, dann will ich mal mit Mr. MacGregor reden. Wenn er so viele Nigger hat, wie du sagst, wird es ihm ja auf eine nicht ankommen, vorausgesetzt, daß wir uns über den Preis einigen können. Dann könntest du sie herbringen – wie heißt sie denn eigentlich?«
»Tilda – Matilda, Masser«, hauchte Hühner-George, der glaubte, nicht richtig gehört zu haben.
»Dann könntest du sie also herbringen, könntest für euch eine Hütte bauen …«
Georges Lippen bewegten sich, aber er brachte keinen Ton heraus. »Nur ein wirklich feiner Masser würde so was tun«, platzte er schließlich heraus.
Masser Lea brummte etwas und fuchtelte mit den Armen. »Solange du dir über eines klar bist: Zuerst kommt deine Arbeit mit Mingo.«
»Natürlich, Sörr!«
Stirnrunzelnd richtete Masser Lea
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