Wurzeln
hinter meinem Rücken. Dreckskerle, verdammte!« Er schlug mit der knochigen Faust auf die Tischplatte. »Da hab ich mir geschworen – Tom Lea wird’s ihnen schon noch zeigen! Und jetzt bist du wieder da. Wir werden uns wieder ’n paar Hühner anschaffen! Macht nichts, wenn ich auch schon dreiundachtzig bin – Wir werden’s noch schaffen, Junge!«
»Masser –«
Masser Lea blickte ihn scharf an. »Hab ganz vergessen – wie alt bist du jetzt, Junge?«
»Vierundfünfzig, Masser.«
»Das kann doch nicht wahr sein!«
»Ist aber wahr, Masser. Bald bin ich fünfundfünfzig–«
»Verdammt noch mal, ich hab dich doch an dem Morgen gesehn, wie du geboren wurdest! So ’n kleiner runzliger strohfarbener Nigger warst du da –« Masser Lea kicherte. »Verdammt noch mal, ich hab dir sogar deinen Namen gegeben!«
Er goß sich noch ein Glas ein, nachdem Hühner-George abgewinkt hatte, blickte sich rasch um, als wollte er sicher sein, daß sie alleine waren, und sagte: »Hat ja keinen Sinn, daß ich dir was vormache wie all den andern, die mir aufgesessen sind! Die glauben nämlich, daß ich überhaupt nichts mehr habe –« Er warf Hühner-George einen verschwörerischen Blick zu. »Junge, wenn ich mal sterbe, weißt du, wer dann kriegt, was ich habe? Ich hab nämlich noch zehn Morgen Land! Und Land ist wie Geld auf der Bank! Und was ich habe – das kriegst du ! Du bist der, der mir jetzt am nächsten steht, Junge.«
Er schien mit irgend etwas zu kämpfen. Dann lehnte er sich noch weiter vor. »Verdammt noch mal. Hat ja keinen Zweck mehr, daß ich’s nicht sage. Was uns verbindet – ist Blut , Junge!«
Er muß wirklich am Ende sein, wenn er das sagt. Hühner-George spürte, wie sich alles in ihm zusammenkrampfte. Er saß stumm da.
»Bleib doch noch ’ne Weile bei mir, George –« Das Schnapsgesicht wurde bittend. »Ich weiß doch, daß du nicht so einer bist, der den im Stich läßt, der ihm auf die Welt verholfen hat –«
Als ich wegfuhr, hat er mir meinen Freiheitsbrief gezeigt, geschrieben und unterzeichnet, und dann hat er gesagt, er schließt ihn in seine Schatulle ein. Hühner-George wurde sich klar darüber, daß er Masser Lea noch betrunkener machen mußte. Er blickte prüfend auf das Gesicht ihm gegenüber am Tisch und dachte dabei: Das einzige, was ihm geblieben ist: er ist weiß.
»Masser, ich werd nie vergessen, wie Ihr mich erzogen habt – gibt nicht viel weiße Männer, die so gut sind –«
Die wäßrigen Augen glitzerten. »Du warst grad so ’n kleiner Hemdzipfelnigger. Na klar erinner ich mich –«
»Jasörr – Ihr und Onkel Mingo –«
»Der alte Mingo! Verdammt noch mal, er hat’s geschafft – der beste Niggertrainer, das war er –« Seine ruhelosen Augen suchten sich auf Hühner-George zu konzentrieren. »Dann hast du gut gelernt – hab dich zu den Kämpfen mitgenommen und Mingo dagelassen –«
»– hoffentlich traust du und der Masser mir noch zu, daß ich die Hühner füttern kann –« Die Erinnerung an den gekränkten und verbitterten alten Onkel Mingo schmerzte noch immer.
»Erinnert Ihr Euch, Masser, wie wir zu dem großen Kampf nach New Orleans wollten?«
»Na klar! Und wir haben’s nie geschafft –« Er runzelte die Stirn. »Onkel Mingo ist damals gestorben. Deshalb war’s.«
»Ja! Der alte Mingo liegt jetzt auch unter den Weiden.« Mit meiner Mammy und Schwester Sarah und Miss Malizy, wenn sie dran ist, und es kommt nur drauf an, wer von euch zuerst geht. Er fragte sich, wie der eine ohne den anderen auskommen sollte.
»Junge, erinnerst du dich, wie ich dir den Passierschein gegeben hab, damit du dir so viel Weiber schnappen konntest, wie du wolltest?«
Hühner-George zwang sich zu schallendem Gelächter und schlug jetzt selbst mit der Faust auf den Tisch, während der Masser fortfuhr: »Verdammt noch mal, das hab ich, denn du warst ’n verdammt geiler Bock. Das weiß ich doch. Wir beide haben in der Beziehung schon was auf die Beine gestellt, wenn wir auf Reisen waren, Junge! Ich weiß es von dir, und du weißt es von mir –«
»Jasörr! Das stimmt, Masser!«
»Dann hast du mit Wetten angefangen, und ich hab dir Geld zum Wetten gegeben, und du hast dir den Arsch vergoldet!«
»Stimmt genau, Masser, ist die reine Wahrheit!«
»Junge, wir waren ein Paar, was?«
Hühner-George fühlte, wie er sich auch fast dem Schwelgen in Erinnerung überließ; außerdem verspürte er die Wirkung des Whiskeys. Aber er mußte an sein Ziel denken. Er langte über den
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