Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
Vom Netzwerk:
getrunken! Bin ja so froh, daß du da bist. Endlich mal jemand, mit dem man reden kann!«
    »Ist ja nicht, um zu reden, Masser! Wo ist meine Familie –«
    »LIZY!«
    »Jasörr, Masser –« Ihre schwere Gestalt schob sich durch den Türrahmen, sie fand einen Krug und Gläser, die sie auf den Tisch stellte, und ging sogleich wieder hinaus, als habe sie Masser Lea und George gar nicht bemerkt.
    »Ja, mein Junge. Tut mir wirklich leid wegen deiner Mammy. War einfach zu alt geworden. Hat nicht viel gelitten, es ist schnell gegangen bei ihr. Hab sie in ein gutes Grab getan –« Masser Lea goß zu trinken ein. Er sagt mit Absicht nichts von Tilda und den Kindern , schoß es Hühner-George durch den Kopf. Hat sich überhaupt nicht verändert – immer noch voller Tricks und gefährlich wie ’ne Schlange – muß mich in acht nehmen, daß ich ihn nicht wirklich in Wut bringe –
    »Masser, erinnert Ihr Euch an das, was Ihr mir zuletzt gesagt habt? Ihr habt gesagt, Ihr werdet mich freilassen, sowie ich zurückkomme. Na, und hier bin ich!«
    Aber Masser Lea gab durch nichts zu erkennen, daß er verstanden hatte. Er schob George ein zu drei Vierteln gefülltes Glas über den Tisch. Dann erhob er seines: »So, jetzt bist du also da, Junge. Trinken wir eins auf deine Rückkehr –«
    Das brauch ich grade – Hühner-George schluckte den Fusel und fühlte, wie er ihn im Innern wärmte.
    Jetzt versuchte er es noch einmal, aber auf indirekte Art. »Tut mir wirklich leid, wie ich von Miss Malizy gehört hab, daß Ihr die Missis verloren habt, Masser.«
    Masser Lea schlürfte grunzend seinen Schnaps und sagte: »Ist einfach eines Morgens nicht mehr aufgewacht. War schon ’n Schlag für mich, daß sie weg war. Sie hat mir keine Ruhe gelassen, seit dem Hahnenkampf damals. Aber trotzdem war es ein Schlag für mich. Bei jedem, der stirbt, ist es ein Schlag für mich.« Er rülpste. »Wir müssen alle mal sterben –«
    Er ist noch nicht so schlimm dran wie Miss Malizy, aber er ist auf dem besten Wege , dachte George. Dann kam er direkt zur Sache.
    »Meine Tilda und die Kinder, Masser. Miss Malizy sagt, Ihr habt sie verkauft –«
    Masser Lea starrte ihn an. »Ja, Junge. Mußte! Ging nicht anders! Hatte so ’n Pech, daß ich ganz unten war. Mußte fast alles Land verkaufen und alles andre auch, Teufel noch mal. Sogar die Hühner!«
    Hühner-George war schon drauf und dran, aufzubrausen, als der Masser sagte: »Junge, ich bin jetzt so arm, daß ich und Malizy nur noch essen, was wir gerade pflücken und fangen können!« Plötzlich kicherte er wieder. »Teufel auch, ist ja schließlich nichts Neues! Bin ja arm geboren!« Dann wurde er plötzlich wieder ernst. »Aber jetzt bist du ja zurück, und du und ich, wir werden die Bude schon wieder in Gang bringen, verstehst du? Ich weiß, daß wir das können, Junge!«
    Das einzige, was Hühner-George zurückhielt, auf Masser Lea loszugehen, war die Gewißheit der Folgen, die er zwangsläufig zu erwarten hatte, wenn er die Hand gegen einen Weißen erhob. Aber die Wut wallte so heftig in ihm auf, daß er nahe daran war. »Masser, Ihr habt mich von hier weggeschickt und mir Euer Wort gegeben, daß Ihr mich freilaßt! Und jetzt, wo ich zurück bin, habt Ihr sogar meine Familie verkauft. Ich will meine Papiere, und ich will wissen, wo meine Frau und die Kinder sind, Masser!«
    »Hab ich’s dir nicht schon gesagt? Die sind drüben in Alamance County bei einem Pflanzer namens Murray. Nicht weit von den Eisenbahnwerkstätten –« Masser Lea kniff die Augen zusammen. »Und schlag gefälligst nicht so ’n Ton an, Junge. Kapiert?«
    Alamance Murray – Eisenbahnwerkstätten. Hühner-George prägte sich diese Worte ein, und jetzt gelang es ihm auch, ein scheinbar reuevolles Gesicht aufzusetzen. »Tut mir leid, Masser. War nur so aufgeregt. Hab’s nicht so gemeint, Masser–«
    Der Masser zögerte einen Augenblick, dann vergab er ihm.
    Ich muß ihn irgendwie dazu bringen, daß er mir das Papier gibt, was er geschrieben hat, daß er mich freiläßt.
    »War wirklich am Ende, Junge!« Der Masser lehnte sich über den Tisch und kniff die Augen zusammen. »Hörst du mich? Niemand weiß, wie sehr ich am Ende war! Und ich mein nicht nur das Geld –« Er schlug sich auf die Brust. »Hier drinnen!« Er schien eine Antwort zu erwarten.
    »Jasörr.«
    »Hab schlimme Tage durchgemacht, Junge! Diese Schweinehunde haben mir meinen Namen nachgeschrien, wenn ich bloß über die Straße ging. Hab sie lachen hören

Weitere Kostenlose Bücher