Wut
verdient, wofür Babur kämpft - Stimmrecht, das Recht auf Eigentum, die ganze Liste legitimer Menschenrechte. Du hast gedacht, hier werde für die Menschenwürde gekämpft, für eine gerechte Sache, und du warst tatsächlich stolz darauf, daß Babur deine passiven Rassengenossen gelehrt hat, ihre eigenen Schlachten zu schlagen. Infolgedessen warst du bereit, einen gewissen Grad von, nun gut, nennen wir es Illiberalismus zuzulassen. Der Krieg ist hart, und so weiter. Da geraten gewisse Feinheiten schon mal unter die Räder. Das alles hast du dir gesagt, und die ganze Zeit hat dir eine andere Stimme in deinem Kopf ganz leise flüsternd gesagt, was du nicht hören wolltest, daß du nämlich zur Hure der Geschichte wurdest. Du weißt doch, wie es geht. Sobald man sich verkauft hat, kann man kaum noch über den Preis verhandeln. Wieviel würdest du ertragen? Wieviel autoritären Scheiß im Namen der Gerechtigkeit? Wie weit kannst du gehen, ohne das Kind mit dem Bad auszuschütten? - Du bist also, wie du sagtest, etwas ganz Großem auf der Spur, und du hast recht, es verdient deine Aufmerksamkeit, aber das Folgende auch: daß du nämlich nur wegen der Wut so weit gegangen bist, die dich in meinem Schlafzimmer in einer anderen Stadt in einer anderen Dimension des Universums urplötzlich gepackt hat. Ich kann nicht genau artikulieren, was in jener Nacht geschehen ist, aber ich weiß, daß eine Art psychischer Feedback-Schleife zwischen dir, Mila und Eleanor entstanden ist, die Wut ging rundherum und rundherum, verdoppelte sich und verdoppelte sich abermals. Sie bewirkte, daß Morgen mich niederschlug, und sie warf dich quer über den Planeten in die Arme eines kleinen Napoleon, der dein Volk unterdrücken wird, wenn er gewinnt, sogar noch mehr als die Elbees, die, jedenfalls in deinen Augen, bisher die Bösewichter in diesem Drama gewesen sind. Oder er wird sie auf eine andere Art genauso grausam unterdrücken. Versteh mich bitte nicht falsch. - Ich weiß, daß Menschen, wenn sie zerbrechen, gewöhnlich Mißverständnisse als Waffe benutzen, daß sie dies ganz bewußt tun, und sich in etwas hineinstürzen, um die Perfidie des anderen zu beweisen - ich sage nicht, daß du meinetwegen hergekommen bist. Du wolltest ohnehin kommen, nicht wahr? Es war unsere große Abschiedsnacht, und wenn ich mich recht erinnere, lief sie ganz wunderbar, bis sich mein Schlafzimmer plötzlich in die Grand Central Station verwandelte. Also wärst du so oder so hierhergekommen, und das Gezerre hier wäre nicht spurlos an dir vorbeigegangen, ob es mich nun gab oder nicht. Aber ich glaube, was dich wirklich dazu getrieben hat, war enttäuschte Liebe. Du warst von mir enttäuscht, das heißt, von der Liebe, von der großen, grenzenlosen Liebe, die für mich zu empfinden du dir gerade eben erst zu gestatten begonnen hattest. Du hattest gerade eben begonnen, mir so weit zu vertrauen, dir selbst so weit zu vertrauen, um dich gehenzulassen, und dann verwandelt sich der Prinz plötzlich in eine fette, alte Kröte. Was da passiert war, ist, daß die Liebe, die du verschenkt hast, schlecht geworden, sauer geworden ist, und nun benutzt du diese Tatsache, diese Enttäuschung, diesen Zynismus, um dich in Baburs Sackgasse treiben zu lassen. Warum nicht, eh? Wenn Gutsein eine Phantasie und Liebe ein Illustriertentraum ist, warum nicht? Nette Jungens werden Zweiter, dem Sieger gehört die Beute, et cetera. Dein System kämpft gegen sich selbst, die verletzte Liebe wendet sich dem Idealismus zu und zwingt ihn zur Kapitulation. Und rate mal! Das bringt dich in eine unmögliche Situation, in der du mehr aufs Spiel setzt als nur dein Leben. Du riskierst deine Ehre und deine Selbstachtung. Jetzt ist er da, Neela, dein Galileo-Moment. Dreht sich die Erde? Sag mir nichts. Ich kenne die Antwort. Aber es ist die wichtigste Frage, die man dir jemals stellen wird, bis auf die eine, die ich dir jetzt stellen werde: Liebst du mich noch, Neela? Denn wenn du es nicht tust, bitte, geh, geh deinem Schicksal entgegen, und ich werde hier auf das meine warten, aber ich glaube nicht, daß du das fertigbringst. Denn ich liebe dich, wie du geliebt werden mußt. Du hast die Wahl: In der falschen Ecke sitzt die fette, alte Kröte, die weiß, wie man dir gibt, was du brauchst, und die so dringend braucht, was du wiederum ihr zu geben weißt. Kann Recht Unrecht sein? Ist das Falsche für dich das Richtige? Ich glaube, du bist heute abend hierhergekommen, um die Antwort darauf zu finden, um
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