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mit einem Gemüse-Burrito in der Hand aus der Küche. Sie trug einen schwarzen Sport-BH sowie einen tief sitzenden braunen Batikrock mit einem Gürtel aus alten Münzen, die ihr um die Hüften klimperten. Bevor der Hunger sie gepackt hatte, hatte sie in unserem Wohnzimmer gerade ihre Bauchtanzübungen absolviert.
„Welcher ist es?“ fragte sie und gesellte sich zu mir vor den Computer.
„Der Naturbiologe.“
„Wer war denn das noch mal?“
Ich griff nach meinem Ordner und blätterte einige Seiten um. Auf meine Annonce hatten sich dermaßen viele Interessenten gemeldet, dass die Einzelheiten der jeweiligen Bewerber sich zu überlappen begannen und ich daher als letzten Ausweg die sympathischsten Kandidaten katalogisiert hatte.
„36, braunes Haar, blaue Augen, ledig, vor drei Monaten von Utah wegen Antritt eines neuen Jobs in der Audubon-Society hergezogen. Hobbys: alte Schallplatten sammeln, Wandern, Camping. Schaut gerne wissenschaftliche Sendungen wie ‚Discovery‘ im Fernsehen. Lieblingsfilm:
Jagd auf Roter Oktober
– wie bei mir! Lieblingslektüre:
Der Herr der Fliegen
.“
„Herr der Fliegen
? Klingt ja nicht gerade aufregend.“
„Wieso nicht? Ich finde den Roman klasse!“
„Du steckst in einem seelischen Ausnahmezustand. Man muss dich nur anschauen, dich und diesen Ordner.“
„Na, hör mal, ich führe schließlich eine Mission durch.“
„Die Liebe ist keine Mission“, sagte Cassie.
„Für mich schon! Oder vielleicht sollte ich den Ausdruck ‚Aufgabe‘ benutzen.“ Ich unterbrach mich und überlegte. „Lieber doch nicht. Klingt nicht ganz so, wie ich das meine.“
„Wie du willst.“
„Und es enthält in gewisser Weise ein synchrones Element: Ich hab dir doch von der Wandertour durch die Natur erzählt. Weißt du noch? Die mit Führer, bei der ich vielleicht mitmachen wollte. Nun hätte ich womöglich meinen eigenen Experten an der Hand!“
„Hm“, machte sie, offenbar nicht annähernd so überzeugt, wie es sich meiner Meinung nach eigentlich für sie gehörte, denn schließlich stammte die Aufforderung, nach zufälligen Übereinstimmungen Ausschau zu halten, ja von ihr.
„Hast du denn schon mal einem geantwortet?“ fragte ich.
Sie biss in ihren Burrito. „Nein.“
„Cass!“ sagte ich verdattert. „Wieso denn nicht?“
Sie zuckte die Schultern. „Irgendwie hatte ich bei allen so ‘n komisches Gefühl.“
„‚Komisches Gefühl‘? Ungewohnt – das ist aber auch schon alles an Gefühl! Also, wenn du mich fragst, da waren einige dabei, die eine ganze Menge mit dir gemeinsam hatten.“
„Die Energie stimmte nicht.“
Ich verzog den Mund. Bei Diskussionen über „Energie“ kam ich nie besonders weit. „Willst du damit sagen, dass ihre Persönlichkeitsprofile irgendwelche verdächtigen Merkmale aufwiesen? Oder ihre Briefe? Oder waren es Typen, die eine kluge Frau wollen und dabei nicht mal das Wort ‚intelligent‘ richtig schreiben können?“
Sie zog eine Schulter hoch. „Möglich. Ich hab halt nicht das Gefühl, ich würde den Richtigen im Internet finden.“
„Bei deiner Vorgehensweise mit Sicherheit nicht.“
„Kann man nie wissen. Die Liebe kommt, wenn man sie gar nicht sucht. Man muss seinen Wünschen freien Lauf lassen, bevor man sie sich erfüllen kann.“
Ich schaute sie stirnrunzelnd an und wandte mich dann wieder dem Monitor zu. Wenn man eine Kontaktanzeige aufgab – wie konnte man dann behaupten, man suche gar nicht nach Liebe? Und wie sollte man das erreichen, was man sich vorgenommen hatte, wenn man jegliche Anstrengung von vornherein unterband?
„Wo willst du ihn denn treffen?“ fragte sie.
„Irgendwo unter Leuten. Vielleicht im ‚Starbucks‘ am Pioneer Courthouse Square. Das müsste doch ausreichend Sicherheit bieten, findest du nicht?“
„Eigentlich schon. Aber nimm dich in Acht!“
„Ich bin ja nicht blöd. In sein Auto steigen oder so, das kommt nicht infrage.“
„Hannah, findest du es nicht grundverkehrt, dass wir über so etwas überhaupt diskutieren?“
„Dass wir davon ausgehen müssen, wir könnten uns eventuell mit einem Psychopathen verabredet haben? Meinst du das?“
„Jedenfalls stelle ich mir ein Rendezvous anders vor.“
Ich nagte an der Unterlippe. Meine Eltern hatten sich beim Stadtfest kennen gelernt. Noch idyllischer gings wohl kaum. Zudem hatte es reichlich gemeinsame Bekannte gegeben, und jeder konnte sich vom guten Ruf des anderen überzeugen. Soweit ich wusste, brauchte Mom niemals zu
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