Wyler, Leana
glaube, sie will nicht, dass man sie sieht, weil sie ein Krüppel ist. Und weil sie Angst hat, dass das dem Ansehen des Sheriffs schaden könnte. Aber sie hat treue Diener um sich geschart.”
„Du meinst, sie hat etwas zu bestimmen dort auf der Burg?” Susannah wollte sich das lieber nicht vorstellen.
„Ungefährlich ist sie jedenfalls nicht, sagen manche. Sie zieht dort heimlich die Fäden, so hat es mir mal einer der Soldaten erzählt. Und hat eine Menge Einfluss. Aber nach außen hin hält sie sich lieber im Verborgenen. Weißt du, ich bin wirklich überglücklich, dass du mich da rausgeholt hast!”
Susannah lächelte sie an. „Brauchst du etwas zu essen?” Die Hebamme griff zu ihrer bauchigen Tasche „Ich habe Brot dabei.“
„Nein, danke. Heute wurden doch am Marktplatz mehrere Säcke mit Lebensmittel verteilt. Die standen plötzlich da rum. Niemand weiß, woher die kommen, aber es kann ja nur Robin Hood gewesen sein!“
„Sicher”, sagte Susannah nachdenklich. „Wer sollte sonst Säcke mit Essen verteilen.”
Sie stand auf und machte sich auf dem Heimweg. Waren die Gaben wirklich von Locksley? Oder hatte der Sheriff sich tatsächlich daran erinnert, was sie von ihm gefordert hatte bevor sie ihn – beglückt hatte? Nun, zumindest schien er ein Mann zu sein, der sich an seine Abmachungen hielt.
Grübelnd marschierte sie den ausgetretenen Weg entlang bis zu ihrem Haus am Rand des Dorfes. Ihr Vater war schon seit dem frühen Morgen bei Kranken unterwegs. Als sie eintrat, fand sie auf dem Tisch ein Pergament mit den bekannten steilen Schriftzügen. Sie seufzte laut.
*
Susannah wartete bis zum Anbruch der Dunkelheit, ehe sie aufs Pferd stieg und in Richtung Castle ritt. Vielleicht würde seine Mutter sie im Dämmerlicht nicht so gut erkennen. Sie hatte einen weiten Umhang ihres Vaters umgeworfen, um sich, so weit es ging, zu verkleiden. Diese Frau machte ihr Angst, sie erschien ihr unberechenbar und zu allem fähig. So eine unbedeutende Hebamme aus dem Dorf war doch von den Dienern schnell beseitigt und in den Burggraben geworfen. Kein Mensch würde jemals dahinter kommen, wohin sie verschwunden wäre.
Sie zitterte, als sie sich dem Castle näherte. Der Soldat am Tor sah sie doch irgendwie seltsam an, oder nicht? Unterstand er vielleicht der Alten und hatte den Auftrag, ihr den Garaus zu machen?
All ihre Muskeln spannten sich an und ihr Mund war trocken, als sie dem Mann die Zügel übergab und ihn mit einem verkrampften Lächeln grüßte. Doch er ließ sie unbehelligt in die Burg eintreten.
Susannah raffte ihr Kleid ein wenig hoch, damit sie schneller gehen konnte. Mit eiligen Schritten lief sie den finsteren Gang entlang und entspannte sich erst ein wenig, als sie vor der letzten Tür ankam. Der gelangweilte Wachmann sah sie kaum an, als sie heraneilte.
„Dein Herr hat mich einbestellt”, erklärte sie, noch ziemlich außer Atem.
Er nickte ihr nur kurz zu und gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie eintreten sollte.
Geschafft!
Als die Tür von innen hinter ihr zufiel, atmete sie auf.
Nottingham wartete bereits auf sie. Er trug ein dunkles, dünnes Hemd und fuhr sie barsch an: „Was kommst du denn so spät!“
Langsam schritt er von der anderen Seite des Zimmers auf sie zu, die Miene unergründlich, seine hellen Augen funkelten sie an.
„Ich warte ungern”, sagte er, zog sie an sich und küsste sie besitzergreifend. Anschließend knöpfte er ihr Leinenkleid auf – behutsam, keine Spur von seiner sonstigen Grobheit - und streifte es Stück für Stück über ihre Schulter. Etwas unbeholfen begann er, mit der Hand über die nun freiliegende Haut zu streichen.
Überrascht atmete Susannah ein. Wollte er nun endlich lernen, wie man eine Frau richtig behandelte?
Er fuhr mit den Fingern langsam durch ihre Haare, nahm diese nach hinten und beugte sich über sie. Dann kam er mit seinem Gesicht näher an sie heran, so nah, dass sie seinen Atem spüren konnte, und küsste sanft ihren Hals. Ein heißer Schauer überfiel Susannah. Sie schluckte. Er hatte schnell gelernt, das musste man ihm lassen. Sie legte einen Arm auf seinen Rücken, spürte das Spiel seiner Muskeln unter dem dünnen Stoff. Er fühlte sich gut an, das war nicht zu leugnen. Männlich. Stark.
Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als er sie eng an sich zog. Sie schob ihre Hand unter sein Hemd, nackte Haut unter ihren Fingern, hörte ihn leise aufstöhnen an ihrem Ohr. Sie schloss die Augen, als seine Lippen die ihren
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