Wyoming 2 - Wildes Herz
aktiv gewesen und hatte noch mehr Aktivitäten entfaltet, nachdem sie nach Fleming Hall gekommen war, und das war wohl auch der Grund für ihre schlanke, schmale Figur. Und im letzten Monat hatte sie vor Sorge um ihn abgenommen, und ihre Kleider saßen nicht mehr richtig. Nicht etwa, daß sie sich daran gestört hätte. Sie war absolut kein eitles Mädchen. Sie nahm hin, was sie vorfand und machte sich keine allzu große Mühe, das Beste aus sich zu machen.
Edward hatte jedoch in seiner Vernarrtheit feststellen müs-sen, daß er extrem eifersüchtig war, wenn es um sie ging, und daher war er froh, daß andere Männer sie nicht so hübsch fanden wie er. Und da seine Beziehung zu ihr keine sexuelle war, war ihre Figur kein Thema.
»Habe ich dir schon gesagt, wie dankbar ich dir dafür bin, daß du bereit warst, meine Herzogin zu werden? «
»Mindestens hundertmal. «
Wieder drückte er ihre Hand. Sie spürte es kaum.
»Habt ihr gepackt, die Gräfin und du? «
»Eddie, laß uns... «
»Wir müssen darüber reden, meine Liebe. Du mußt auf der Stelle verschwinden, selbst, wenn es mitten in der Nacht ist. «
»Das gehört sich nicht. «
Er wußte, worauf sie anspielte. »Beerdigungen sind deprimierend, Jocelyn. Niemandem ist damit gedient, wenn du auf meinem Begräbnis erscheinst, aber du könntest alles zunichte machen, was ich getan habe, damit du in Sicherheit bist. Versprichst du es mir? «
Sie nickte, wenn auch widerstrebend. Er ließ ihre bevorstehende Abreise so real werden. Sie hatte sich bemüht, nicht daran zu denken, als könne er länger bei ihr bleiben, wenn sie sich keine Gedanken darüber machte. Das war jetzt nicht mehr möglich.
»Ich habe eine Abschrift des Testaments an Maurice geschickt. « Als er sah, wie sich ihre Augen weiteten, erklärte er es ihr. »Ich hoffe, das wird ihn von drastischen Maßnahmen abhalten. Ich hoffe auch, wenn ihm erst klar ist, daß du das Land verlassen hast, wird er die Dinge ihren Lauf nehmen lassen und sich mit dem Familienbesitz zufriedengeben, der an ihn fällt. Eaton wirft genug ab, um ihn und seine große Familie zu ernähren. « Sie brauchte nicht bis zur Testamentseröffnung zu bleiben, da er bereits alles andere, was er besaß, auf sie überschrieben hatte.
»Wenn du ihm einfach alles überlassen hättest... «
»Niemals! Eher würde ich es für Wohltätigkeitsverbände spenden, als... Jocelyn, ich will, daß du es bekommst, und zwar alles. Das ist einer der Gründe, aus denen ich dich geheiratet habe. Ich will wissen, daß es dir nie an etwas fehlen wird. Und ich habe für deine Sicherheit gesorgt. Die Männer, die ich als Wächter für dich eingestellt habe, sind die besten, die man finden kann. Sowie du England verlassen hast, wird Maurice nicht mehr imstande sein, die Gerichte gegen dich zu manipulieren. Und wenn du erst volljährig wirst oder falls du einmal wieder heiraten solltest... «
»Sprich jetzt nicht von einer Heirat, Eddie... jetzt nicht«, sagte sie mit gebrochener Stimme.
»Es tut mir leid, meine Liebe, aber du bist noch so jung. Der Tag wird kommen, an dem du... «
»Eddie, bitte! «
»Von mir aus. Aber du weißt doch, daß ich dein Glück will? «
Er hätte nicht so viel mit ihr reden dürfen. Jetzt war er müde; er konnte kaum noch die Augen offenhalten. Und doch gab es noch so vieles, was er noch sagen wollte.
»Die Welt gehört dir... genieße sie. «
»Das werde ich tun, Eddie, ich verspreche es dir. Ich werde diese Reise zu einem Abenteuer machen, genau, wie du gesagt hast. Ich werde mir alles ansehen, alles tun. « Sie sprach jetzt schnell, denn er schien vor ihren Augen hinzuscheiden. Sie umklammerte seine Hand fester, bis sich sein Blick wieder auf sie richtete. »Ich werde auf Kamelen und Elefanten reiten, in Afrika Löwen jagen, in Ägypten die Pyramiden besteigen. «
»Und vergiß nicht... dein Gestüt. «
»Das werde ich nicht vergessen. Ich werde die edelsten Pferde züchten, die besten reinrassigen Vollblüter auf... Eddie? « Seine Augen hatten sich geschlossen, und seine Finger waren schlaff heruntergefallen. »Eddie? «
»Ich liebe... dich... Jocelyn. «
»Eddie! «
Kapitel 3
Territorium Arizona, 1881
Es war weniger eine Straße als ein Trampelpfad, und der war stellenweise so schmal, daß die vorderste Kutsche mehrfach steckenblieb, einmal zwischen einer Bergwand und Felsbrocken, die sich nicht von der Stelle bewegen ließen, und ein anderes Mal zwischen zwei hohen Felshängen. Jedesmal vergingen etliche
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