Wyoming 2 - Wildes Herz
Stunden damit, den Weg mit Schaufeln und Hacken zu verbreitern, Werkzeug, das sie zum Glück mitgenommen hatten. An diesem heißen Morgen im Oktober hatten sie nicht allzu viele Meilen zurückgelegt.
Heiß. Das war es allerdings, aber in Mexiko war es schlimmer gewesen, viel schlimmer, vor allem im Juli, eine ungünstige Jahreszeit, um gerade in dieses Land einzureisen. Die Kolonne von Kutschen und Wagen hatte die mexikanische Grenze in der vergangenen Nacht überquert, und im selben Moment war ihr Reiseführer verschwunden - der Grund, weshalb sie jetzt nicht auf einer anständigen Straße waren. Sie waren inmitten von Gebirgsketten verloren, die sich in alle Ewigkeit zu erstrecken schienen, obwohl der Weg, dem sie folgten, doch sicherlich irgendwo enden mußte.
Sie waren auf dem Weg nach Bisbee. Oder war es Benson? Für diese Gegend brauchten sie wirklich einen Führer. Der Mexikaner, den sie vor einigen Monaten eingestellt hatten, hatte seine Sache bewundernswert gemacht, als er sie ohne jeden Zwischenfall über die Grenze gebracht hatte, doch was seine Kenntnisse dieser Gegend von Nordamerika betraf, hatte er offensichtlich gelogen, sonst wäre er nicht fortgelaufen und hätte sie ohne jede Vorwarnung sich selbst überlassen.
Natürlich hatten sie keine Eile, irgendwo anzukommen. Sie hatten genügend Vorräte für einen Monat dabei und ausreichend Gold, um ihre Vorräte wieder aufzufüllen, wenn sie endlich in Bisbee oder Benson ankämen, in der von den beiden Städten, die als erste auf ihrem Weg lag. Ei-
gentlich konnte es auch jede beliebige Stadt sein. Es spielte wirklich keine Rolle.
In der letzten Zeit waren häufig Münzen geworfen worden, um zu entscheiden, in welche Richtung sie als nächstes reisen würden, etwas, womit Jocelyn schon in Europa angefangen hatte, weil sie sich nicht entscheiden konnte, welches Land sie sich als nächstes ansehen sollte. Sie hatte die erklärte Absicht, diesmal irgendwann nach Kalifornien zu gelangen, denn dorthin hatte sie ihr Schiff geschickt, die J ocel, um sich von ihr abholen zu lassen. Falls sich in der Zwischenzeit etwas ereignen sollte, was sie andere Entschlüsse fassen ließe, könnte sie natürlich immer noch eine Nachricht an den Kapitän schicken, er solle sie an einem anderen Ort erwarten. So hatte sie es bisher schon häufiger getan.
Sie war unschlüssig gewesen, ob sie einige Monate hier verbringen und sich das Land näher ansehen sollte, wie sie es in Mexiko gemacht hatten, oder ob sie nach Kanada oder Südamerika Weiterreisen sollten, wenn sie Kalifornien erst erreicht hatten. Es war eine Frage der Prioritäten, die sie setzte, oder genauer gesagt, es ging um die Frage: Sicherheit oder Vergnügen. Sie wollte sich mehr von diesen Territorien im Westen ansehen, und sie hätte sich auch gern weitere amerikanische Staaten und deren Städte angeschaut. Bisher war sie nur in New York und in New Orleans gewesen. Und insbesondere wollte sie die Gestüte in Kentucky aufsuchen, von denen sie gehört hatte, um sich ein Bild davon zu machen, wie die Vollblüter, die dort gezüchtet wurden, im Vergleich zu ihren Pferden dastanden und ob es dort Stuten gab, die sie vielleicht für Sir George kaufen wollte, den Zuchthengst, den sie mitgenommen hatte.
Aber wenn sie tat, was sie wollte, war es wahrscheinlich, daß John Longnose sie wieder einholen würde. Das war der Kerl, der ihnen um die Welt gefolgt war, seit sie England vor drei Jahren verlassen hatten. In den verschiedenen Ländern hatte er Banditen angeheuert, wie sie ihm gerade über den Weg liefen. Daher wußten sie nie wirklich, wen sie verdächtigen und vor wem sie auf der Hut sein sollten. Sie hatten den Mann nie zu sehen bekommen, und sie kannten ihn auch nicht bei seinem richtigen Namen. John Longnose war ganz einfach der Name, den sie ihm gegeben hatten, weil er so oft Gegenstand ihrer Unterhaltungen war und sie einen Namen für ihn brauchten. Das sicherste wäre es gewesen, wieder den Seeweg zu nehmen, sowie sie Kalifornien erreicht hätten. Die Chancen standen gut, daß Longnose in dem Fall ihre Fährte verlieren würde, jedenfalls für eine Weile. Es sei denn, er hätte ihr Schiff bereits an der Westküste ausfindig gemacht und würde sie dort erwarten. Aber zum Teufel, sie hatte es satt, auf Nummer Sicher zu gehen, sie hatte es wirklich satt. Sie hatte nichts anderes getan, seit dieses irrsinnige Abenteuer begonnen hatte, und oft hatte sie einen Ort vorzeitig verlassen müssen, häufig die Hotels
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