Wyoming 2 - Wildes Herz
nicht die Kraft, seinen Arm am Boden festzuhalten. Thunder ist es gelungen, sein Messer hochzureißen und den letzten Messerstich abzuwehren. Dabei hat der Indianer sein Messer fallen lassen und das Gleichgewicht verloren, weil er Thunders Handgelenk immer noch festgehalten hat, als es dazu gekommen ist. «
Jocelyn wollte schon lächeln, aber es war noch nicht vorbei. Oder doch? Colt stand langsam auf, schnitt seine rechte Hand los und hielt seinem Gegner dann die linke hin, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Er hatte den Apachen also nicht getötet, obwohl er so still dagelegen hatte, daß sie bisher anderer Meinung gewesen war. Doch der Mann, der die Niederlage eingesteckt hatte, lehnte sein Angebot ab, zog sich langsam auf die Füße und ging schnurstracks auf sein Pferd zu.
Colt wartete dort, bis der Apache sich seinen Begleitern wieder angeschlossen hatte und sie alle fortgeritten waren. Dann stieg er auf und kehrte zu den Kutschen zurück. Er war verärgert, als er sah, daß die Herzogin immer noch vor ihrer Kutsche stand. Als er vor ihr stehenblieb, ließ sie besorgte Blicke über seinen Körper gleiten und suchte nach Blutspuren. Sie schien erleichtert zu sein, als sie kein Blut sah, und das ärgerte ihn noch mehr. Er wollte nicht, daß diese Frau sich Sorgen um ihn machte. Ihre Besorgnis grub sich wie Krallen in sein Herz und gab ihm das Gefühl... Himmel, es frustrierte ihn nur noch mehr, denn er würde sie niemals besitzen können.
»Ich bin froh, daß Sie ihn nicht getötet haben. « Sie blickte lächelnd zu ihm auf.
Bei ihrem Lächeln verfinsterte sich sein Gesicht noch mehr. »So? Wäre er ein Cheyenne gewesen, dann hätte ich es tun müssen, denn meine Leute sterben lieber, als die Schmach einer Niederlage zu ertragen. Aber die Bräuche der Apachen unterscheiden sich in vieler Hinsicht von denen meines Volks. Sie ziehen es vor weiterzuleben, um weiterkämpfen zu können, und deshalb habe ich ihn am Leben gelassen. «
Ihr verging das Lächeln. »Und wenn sie wiederkommen, um wegen Sir George weiterzukämpfen? «
»Dazu wird es nicht kommen. Ich habe ihnen gesagt, daß der Hengst mir gehört. Da er davon ausgegangen ist, bestand seine einzige Chance, das Pferd an sich zu bringen, darin, mich zu töten, und das ist ihm mißlungen. «
»Wollen Sie damit sagen, daß Sie... daß er... daß Sir George... « Sie war derart außer sich, daß sie einen Moment lang die Zähne zusammenbiß und ihre heftige Erleichterung vollkommen vergaß, die sie noch einen Moment vorher verspürt hatte, weil er unverletzt und am Leben war. »Jetzt sagen Sie mir bloß, was um alles in der Welt passiert wäre, wenn Sie verloren hätten? «
Colt versetzte sie in noch größere Wut, denn er grinste, ehe er gedehnt sagte: »Das wäre wohl kaum noch mein Problem gewesen, Herzogin, oder? «
Kapitel19
Vanessa seufzte matt, als sie Jocelyn durch das Fenster der Kutsche beobachtete, wie sie eine gewaltige Staubwolke aufwirbelte und Sir George Bewegung verschaffte. Sie ritt nicht mehr weit auf dem Hengst aus, seit es zu diesem Zusammenstoß mit den Apachen gekommen war. Vanessa war immer noch dankbar dafür, daß sie diesen Zwischenfall nicht miterlebt, sondern nur davon gehört hatte. Trotz der öden Landschaft, die sie umgab, gab die Gräfin gegen den leuchtend blauen Himmel ein prächtiges Bild ab.
Diese Landschaft wurde immer bedrückender, doch Jocelyn schien sich nicht im geringsten daran zu stören. Zwischendurch hatten sich lavendelfarbene Berge in allen Richtungen über den Horizont gezogen, aber sie lagen in so weiter Ferne, daß sie unerreichbar schienen. Vorwiegend waren sie durch endlose Weiten von flachem, ausgedörrtem Land gekommen, in dem die Erde rissig war. Vereinzelte Kakteen waren das einzige Grün gewesen, und alles andere, von den Sträuchern bis zu dem welken Gras, war von der lodernden Sonne verbrannt.
Regnete es denn nie in diesen Breiten? Seit sie Tombstone
verlassen hatten, diese Stadt, die von Gewalttätigkeiten überschwemmt wurde und einen allzu passenden Namen trug, hatte es kaum einen Tropfen geregnet. Und in all der Zeit waren sie nur auf einen Flußlauf gestoßen, den San Simon, der um diese späte Jahreszeit nicht mehr als ein Rinnsal war und noch dazu so verschlammt, daß selbst ein Bad nicht in Frage gekommen wäre. Wenn sie nicht ihre eigenen Wasserfässer bei sich gehabt hätten, hätten sie ganz schön in der Klemme gesessen.
Vanessa beklagte sich jedoch nicht, nicht im geringsten, schon
Weitere Kostenlose Bücher