Wyoming 2 - Wildes Herz
Wildlederhemd, das lang war und über seine Hose hing. Darüber trug er einen breiten, kunstvoll verzierten Gürtel. Als er sich umdrehte, um seine Jacke über das Sattelhorn zu hängen, sah sie, daß vorn auf seinem Hemd eine Art Muster war... Verdammt, er war einfach zu weit weg. Es sah aus wie Stickereien aus weißen und blauen Perlen auf den Schultern, aber sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Die auffällig langen Fransen neben den Stickereien wehten um seine Oberarme, hingen aber auch an den Ärmeln bis zu den Handgelenken, und am Ende jeder Franse schien eine Perle befestigt zu sein.
Als nächstes zog er seinen Hut ab, und Jocelyn konnte nur mit offenem Mund gaffen, als er sein Haar direkt hinter den Ohren scheitelte und sich auf beiden Seiten einen Zopf flocht. Als er anschließend seinen Pistolenhalfter ablegte, stieg ein erster Anflug von Panik in ihr auf. Sie trat einen Schritt vor, blieb aber sofort wieder stehen, als sie sah, daß Colt eine der langen Fransen abriß und sie dem Apachen reichte, ehe er dem Indianer den Rücken zukehrte. Was zum Teufel...?
Im nächsten Moment schnappte sie nach Luft, als Colt sich wieder zu dem Apachen umdrehte, und sie war nicht die einzige, die einen Laut der Verblüffung von sich gab. Auch ihre Wachen flüsterten miteinander und fragten sich, warum sich Colt von dem Apachen die rechte Hand hinter seinem Rücken am Gürtel festbinden ließ, um den Arm unbrauchbar zu machen, doch genau das war geschehen. Im nächsten Moment wurde ihre Frage beantwortet.
Die beiden Männer zogen ihre Messer, um einen Kampf auszutragen, den man nur als äußerst primitiv bezeichnen konnte. Colt hatte diese Benachteiligung akzeptiert, eine beträchtliche Benachteiligung, da Jocelyn wußte, daß er Rechtshänder war. Beide hielten die Messer in den Fäusten, und die langen Klingen wiesen nach außen. Der Apache holte zum ersten Hieb aus.
Er war flink und beweglich und wollte eindeutig Blut sehen, aber dasselbe ließ sich von Colt auch sagen. Anscheinend war es das Ziel dieses Kampfes, sich gegenseitig in Streifen zu schneiden. Colt hatte den Vorteil der größeren Armlänge, aber das war auch schon alles. Sein Nachteil bestand darin, daß er den anderen Arm nicht zur Abwehr benutzen konnte, und es fiel ihm auch schwerer, das Gleichgewicht zu halten. Wenn er stürzen sollte... man durfte sich gar nicht ausmalen, was dann geschehen würde.
Offensichtlich erkannte das auch der Apache, denn nachdem er einige Schnittverletzungen auf dem Oberkörper hatte, ohne seinerseits Colt getroffen zu haben, änderte er seine Taktik. Er sprang auf Colt zu und nicht länger vor ihm zurück, und er versuchte, ihn von hinten anzugreifen. Als das nicht klappte, versuchte er, ihm ein Bein zu stellen.
Jocelyn erwachte endlich aus ihrer Betäubung und wollte hinlaufen, doch Sir Parker vertrat ihr augenblicklich den Weg. »Das dürfen Sie nicht tun, Euer Gnaden. Er hat gesagt, wenn sich von unserer Seite aus jemand einmischt, könnten die anderen das Feuer eröffnen. «
»Aber wir müssen diesen Kampf verhindern! «
»Dazu ist es jetzt zu spät. Wir können nur noch hoffen, daß diese Indianer ein paar Brocken Englisch verstehen, wenn wir mit ihnen verhandeln müssen, nachdem... «
Er verstummte, weil jede Farbe aus ihrem Gesicht gewichen war. Wenn Colt tot war? Glaubten sie alle, daß er nicht die geringste Chance hatte? Nein, er durfte nicht sterben. Sie würde ihnen Sir George freiwillig überlassen...
Aber jetzt war es zu spät. Als sie die Kämpfenden wieder ansah, stellte sie fest, daß Colt bereits am Boden lag. Der Apache lag auf ihm. Sie wurde fast ohnmächtig, als sie erkannte, daß sie die beiden nicht mehr rechtzeitig erreichen konnte, um etwas zu unternehmen. Sie konnte nur zusehen, wie es die anderen auch taten, als der Apache Colts einzige Gegenwehr unterband, indem er mit der linken Hand die Hand auf dem Boden festhielt, in der Colt das Messer hatte, während er mit der rechten Hand zu einem letzten Stoß ausholte.
Jocelyn drehte sich schleunigst um, weil sie unmöglich mitansehen konnte, wie hier vollendete Tatsachen geschaffen wurden. Doch sie drehte sich einmal um ihre eigene Achse, denn es war ihr ebenso unerträglich, sich abzuwenden. Und in diesen wenigen Sekunden hatte Colt das Unmögliche geschafft. Er war jetzt oben, und sein Messer lag auf der Gurgel des Apachen.
»Was war? Wie konnte das kommen? «
Sir Parker schien dieser Ausgang nicht zu gefallen. »Der Indianer hatte
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