Wyrm. Secret Evolution
ging auf das riesige Loch zu, das sich explosionsartig im Boden aufgetan hatte. Von dort unten klangen merkwürdige Geräusche zu ihr nach oben, kaum zu unterscheiden von dem Chaos um sie herum â und doch komplett anders. Es war ein Knirschen und Rumpeln, so als erwache dort unter ihnen gerade ein gewaltiger Drache zum Leben.
Die Erde hatte sich unter ihrem geparkten Wagen geöffnet, um mit unglaublicher Geschwindigkeit ihre Schrottkiste mitsamt Robbie zu verschlucken, den sie nicht mehr rechtzeitig aus seinem Kindersitz hatte befreien können.
Jetzt klaffte an dieser Stelle eine hässliche Wunde in der KarlsstraÃe. Der Boden um das gigantische Loch wirkte wie abgenagt â und er war noch immer nicht zur Ruhe gekommen. Durch die Risse und Sprünge, die sich im Asphalt und auf dem angrenzenden Gehweg gebildet hatten, ging ein ständiges Flirren, das sich mit den Augen kaum festhalten lieÃ.
Susan hörte einen erschrockenen Ausruf hinter sich, aber sie lieà sich davon nicht aufhalten. Sie musste wissen, wohin ihr Sohn verschwunden war. Unbeirrt steuerte sie auf den Rand der hässlichen Wunde im Asphalt zu.
»Bleiben Sie stehen!« Energische Schritte hielten auf sie zu, und aus den Augenwinkeln heraus erkannte sie den Einsatzleiter. »Sie können hier nicht weiter â¦Â«
Durch den Boden ging ein Zittern und Beben, sacht und doch so kraftvoll, dass Susans Herz einen erschrockenen Sprung machte. Unwillkürlich blieb sie stehen. Die Unglücksstelle war groÃräumig abgesperrt. Sie selbst wäre niemals in den inneren Kreis gelangt, wenn sie nicht selbst von dem betroffen gewesen wäre, was dort unter ihnen zum Leben erwacht war.
Hauptkommissar Weber hatte sie nun erreicht, packte sie grob am Arm und zerrte sie entschlossen zurück. »Sind Sie verrückt geworden? Hier darf niemand hin!«
Susan nickte kaum merklich. »Aber mein Sohn â¦Â«
Der Mann runzelte die Stirn ⦠und dann war er es, der nickte. »Ich weiÃ, was mit Ihrem Sohn passiert ist«, sagte er nun in sanftem Ton. »Aber deswegen dürfen Sie sich nicht noch weiter in Gefahr bringen. Unsere Spezialisten werden dort runtergehen und ihn rausholen.«
Susan hörte seine Worte, ohne deren Sinn zu erfassen. Der Trichter vor ihr, der sich wenige Tage zuvor wie aus dem Nichts gebildet und einen Baum in die Tiefe hinabgesogen hatte, hatte wie eine Laune der Natur erneut zugeschlagen. Als sie mit ihrem Wagen direkt an der Absperrung gehalten hatte, hatte sie nicht im Mindesten ahnen können, dass dieses Ereignis nichts weiter als der Auftakt zu etwas viel GröÃerem, Schrecklicherem werden würde â¦
Der Trichter hatte sich in einen Schlund verwandelt, der alles verschlang, was ihm zu nahe kam.
»Denken Sie an Ihre Tochter«, fuhr Weber eindringlich fort. »Sie braucht Sie. Gerade jetzt. Um alles Weitere werden wir uns kümmern.«
Susan fuhr zu ihm herum ⦠und starrte dann dem Krankenwagen hinterher, der gerade durch eine Lücke in der Absperrung gelotst wurde. Ihre süÃe kleine Brit wurde gerade in die nahe gelegene Kinderklinik gebracht. Man hatte Susan gedrängt, sie zu begleiten. Aber das hatte sie nicht vermocht. Bis auf den Schock, den Brit erlitten hatte, als ihr Bruder mitsamt des Familienwagens von dem Schlund verschluckt worden war, schien es ihr gut zu gehen.
Ganz im Gegensatz zu Robbie.
»Nun kommen Sie schon«, fuhr der Einsatzleiter fort. »Es ist zu gefährlich hier â¦Â«
»Gefährlich«, wiederholte Susan tonlos. »Ja. Und wer weiÃ, was mit Robbie dort unten gerade passiert. Was man ihm dort antut.«
Weber schüttelte den Kopf. »Nichts tut man ihm dort an. Wir wissen mittlerweile, was hier passiert ist.«
Susan starrte ihn verstört an. »Und was sollte das sein?«
»Wir wissen, dass sich unter uns ein verwaister U-Bahnhof befindet. Weil es damals beim Bau irgendwelche Probleme gab, ist er nie in Betrieb genommen worden. Und jetzt ist offensichtlich ein Teil der Decke eingebrochen.«
Susan schüttelte fassungslos den Kopf. »Sie wollen behaupten, dass das nur wegen eines Pfuschs am Bau passiert ist? Dass man es hätte verhindern können, wenn man dieses ⦠dieses Loch unter uns rechtzeitig zugeschüttet hätte?«
Im Gesicht des Uniformierten zuckte ein Muskel. Dann wandte er sich der Unglücksstelle zu. Das empordringende
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