Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
sich darauf nieder. »Reverend Reeves. Ich bin der Gemeindevorsteher hier in Eborat. Ich konnte nicht umhin, einen Teil Ihres Gespräches gerade mit anzuhören.«
    Coppelstone nickte. Er sah sich demonstrativ um. »Offenbar hat das jeder hier«, sagte er säuerlich.
    »Sie müssen die Leute hier verstehen«, sagte Reeves. »Fremde kommen selten hierher, und Neugier ist die am weitesten verbreitete Krankheit unter der Dorfbevölkerung.«
    Coppelstone lachte. Reeves gefiel ihm, weil er so geradeheraus war. »Nicht nur unter der Landbevölkerung, Reverend«, sagte er. »Glauben Sie mir, nicht nur unter der Landbevölkerung.« Reeves hob zwei Finger, um einen Krug Bier und zwei Gläser zu bestellen.
    Coppelstone blickte erstaunt. »Sie trinken Alkohol?«
    »Außerdem rauche ich und habe eine Frau und fünf Kinder«, sagte Reeves. »Überrascht Sie das? Oder gefällt es Ihnen nicht?«
    »Nein, nein«, antwortete Coppelstone hastig. »Im Gegenteil. Ich dachte nur, dass Gottesmänner allen weltlichen Genüssen abschwören müssten.«
    »Keineswegs«, erwiderte Reeves. »Gottes Sohn hat Wasser in Wein verwandelt, nicht Wein in Wasser. Und nirgendwo in der Bibel steht, dass der Mann dem Weibe fernbleiben soll.«
    Coppelstone lachte. Reeves wurde ihm immer sympathischer. Er wartete, bis der Wirt das Bier gebracht hatte, dann sagte er: »Ich habe heute Mittag versucht mit Ihrem … Kollegen in Magotty zu reden, Reverend. Aber ich konnte ihn nicht finden.«
    »Es gibt keinen Geistlichen in Magotty«, antwortete Reeves. Seine Miene verdüsterte sich. »Schon seit langer Zeit nicht mehr. Die Kirche ist geschlossen und verfällt. Sie ist zu einem Ort des Bösen geworden.«
    »Im Augenblick sind sie gerade dabei, sie zu renovieren.« Er hielt die rechte Hand in die Höhe, auf deren Fingerknöcheln noch ein Rest weißer Farbe zu sehen war.
    »So?« Reeves wirkte nur mäßig beeindruckt. »Ja. Von Zeit zu Zeit streichen sie sie, damit es nicht allzu deutlich auffällt.«
    »Damit was nicht auffällt?«, fragte Coppelstone.
    »Dass Magotty dem Bösen anheimgefallen ist«, antwortete Reeves ernst.
    »Sie sind nicht der Erste, der mir das sagt, Reverend«, sagte Coppelstone.
    »Weil es die Wahrheit ist. Sie sollten auf Matt hören und nicht dorthin zurückkehren.«
    »Wieso will mich eigentlich seit einiger Zeit jedermann verscheuchen?«, fragte Coppelstone in scharfem Ton. »Habe ich eine ansteckende Krankheit oder so etwas?«
    »Diese Stadt hat eine ansteckende Krankheit«, antwortete Reeves. »Sie ist eine Brutstätte des Bösen, und jeder, der ihr zu nahe kommt, geht entweder zugrunde oder wird selbst ein Opfer des Bösen. Sie werden hier niemanden finden, der Ihnen etwas über Magotty erzählt. Die Leute fürchten Magotty. Sie sprechen nicht einmal diesen Namen aus, wenn es sich vermeiden lässt.«
    Coppelstone nippte an seinem Bier. »Aber Sie sind nicht so, Reverend.«
    »Doch«, widersprach Reeves. »Auch ich fürchte das Böse. Doch es ist auch meine Aufgabe, es zu bekämpfen. Und ich habe den stärksten Verbündeten auf meiner Seite, den ich mir nur wünschen kann.«
    »Gott? Verstehen Sie mich nicht falsch, Reverend, aber Gottes Bastion in Magotty scheint nicht allzu lange standgehalten zu haben.«
    »Magotty ist ein Sündenpfuhl«, antwortete Reeves stur. »Gäbe es die kirchliche Inquisition noch, würde es brennen.«
    »Vielleicht sollte man es wirklich einfach anzünden«, sagte eine Stimme an einem der Nebentische. Niemand antwortete laut, aber Coppelstone vernahm trotzdem das zustimmende Murmeln, das sich überall im Raum erhob.
    »Ich will solches Gerede nicht hören!«, sagte Reeves, nicht einmal besonders laut, aber in so scharfem Ton, dass seine Worte überall im Raum zu hören sein mussten. An Coppelstone gewandt und wieder merklich ruhiger, sagte er: »Gehen Sie nicht wieder dorthin, Mister Coppelstone. Und schon gar nicht nach Einbruch der Dunkelheit. Es gibt Dinge in den Wäldern rings um Magotty …«
    »… denen man besser nicht begegnet, ich weiß«, unterbrach ihn Coppelstone. »Sie sind nicht der Erste, der mir das sagt.«
    »Dann sollten Sie vielleicht darauf hören«, erwiderte Reeves.
    Coppelstone machte eine ärgerliche Geste, als wollte er Reeves’ Worte einfach aus der Luft fegen. Es war sehr still geworden. Alle Gespräche im Schankraum waren verstummt, und Coppelstone war klar, dass ihm jedermann gebannt zuhörte. Doch das war ihm gleich. Er wollte jetzt endlich Klarheit über die Vorgänge in

Weitere Kostenlose Bücher