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Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hinterher keine klare Erinnerung mehr daran hatte, so sorgten sie doch dafür, dass er lange vor Sonnenaufgang erwachte. Er hatte das Gasthaus bereits verlassen, als der Wirt zu der vereinbarten Zeit kam, um ihn zu wecken.
    Es war noch dunkel, als er Magotty wieder erreichte. Im Osten begann sich der Himmel zwar bereits wieder grau zu färben, doch der Ort lag noch in vollkommener Schwärze da.
    Coppelstone stoppte den Wagen auf der letzten Hügelkuppe vor Magotty, und aus einem plötzlichen Gefühl heraus schaltete er den Motor und die Scheinwerfer aus, um vom Ort aus nicht gesehen zu werden. Er hatte Reeves’ Warnung, sich nach dem Dunkelwerden nicht mehr in Magotty aufzuhalten, nicht wirklich ernst genommen, sondern sie für das abergläubische Gerede eines Hinterwäldlers gehalten. Jetzt aber, während er dasaß und auf die in vollkommener Dunkelheit liegende Ortschaft hinabsah, konnte er sie fast verstehen.
    Der Ort wirkte … unheimlich . Nein, unheimlich war nicht das richtige Wort. Etwas an ihm war … nicht, wie es sein sollte. Er lag dunkel und vollkommen leblos unter ihm und trotzdem … war da etwas. Irgendetwas Körper-, aber nicht Substanzloses, das in den schwarzen Schluchten zwischen den Häusern zu lasten und sie gleichermaßen mit einer Art unheiligem Leben zu erfüllen schien. Es war ein unheimliches, Angst machendes Gefühl, das er als umso schlimmer empfand, weil er es nicht einordnen oder werten konnte. Er versuchte es zu verscheuchen, aber dieser Versuch machte es eher schlimmer. Es war das gleiche Gefühl, das er in Morrisons Haus gehabt hatte. Irgendetwas war hier . Etwas Fremdes und Düsteres, dem er besser nicht zu nahe kam. Coppelstone war aber noch weit davon entfernt, an Übermächtiges zu glauben oder gar an Dinge, die älter als das menschliche Leben waren und sich in den Wäldern rings um Morrisons Farm eingenistet hatten, wie Reeves meinte, aber in einem Punkt gab er dem Reverend längst recht: Irgendetwas Verbotenes ging hier in Magotty vor. Und er würde herausfinden, was es war.
    Gerade als er weiterfahren wollte, gewahrte er ein Licht unter sich. Es war ein bleicher, gelblicher Schein, wie von einer schlecht abgeschirmten Lampe, der aus der Kirche von Magotty kam.
    Coppelstone nahm die Hand vom Lichtschalter und beugte sich erregt vor. Er konnte nicht sehen, wer sich dort unten bewegte, doch es mussten drei, wenn nicht vier oder mehr Gestalten sein, die im Schein einer altmodischen Petroleumlampe aus dem Kirchenportal heraustraten. Sie waren in sonderbare, fast an Mönchskutten erinnernde Gewänder gehüllt, und als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten und sich entfernten, da hatten ihre Bewegungen tatsächlich etwas von einer Prozession – wenn auch ganz bestimmt keiner, an der er gerne teilgenommen oder sie auch nur aus der Nähe gesehen hätte.
    Plötzlich hatte er das Gefühl, der Lösung aller Rätsel ganz nahe zu sein. Vielleicht war es das, was Reeves ihm hatte sagen wollen. Möglicherweise gingen in dieser Kirche unsagbare heidnische Dinge vor sich, und vielleicht war sie in Wahrheit schon lange keine Kirche mehr, sondern das genaue Gegenteil, das sich nur hinter der Fassade eines vermeintlichen Gotteshauses verbarg.
    Er musste herausfinden, was es war.
    Coppelstone wartete, bis die bizarre Prozession in der Nacht verschwunden und auch das Licht nicht mehr zu sehen war, und er ließ nur zur Sicherheit auch dann noch einmal gut fünf Minuten verstreichen, ehe er aus dem Wagen stieg, zu seinem Heck ging und das Gepäckfach öffnete. Es gehörte schon seit Langem zu seinen festen Gewohnheiten, immer eine gewisse Grundausstattung von Werkzeugen und anderen nützlichen Utensilien mit sich zu führen, zu der auch eine Grubenlampe und ein Sturmfeuerzeug gehörten. Damit und mit einem handlichen Brecheisen ausgestattet, machte er sich auf den Weg und trat zwei Minuten später durch das Tor im Lattenzaun, der die Kirche umgab.
    Er wagte es nicht, das Eingangsportal zu öffnen, vermutete jedoch zu Recht, dass es eine zweite Tür auf der Rückseite der Kirche gab. Sie war ebenso verschlossen wie das Hauptportal, machte jedoch keinen sehr stabilen Eindruck, sodass er, ohne lange zu zögern, sein Brecheisen ansetzte und die Tür tatsächlich ohne sonderliche Mühe aufzustemmen imstande war.
    Coppelstone war auf das vorbereitet gewesen, was kam – und trotzdem ließ ihn der Schwall Übelkeit erregenden Gestanks, der ihm entgegenschlug, instinktiv einen Schritt
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