Xander, auf Liebe und Tod
Giles, dass es dem Vampir soeben
gelungen war, mit Hilfe seiner Prothese die Handfessel zu durchtrennen.
»Aufgepasst!«, rief der Wächter im selben Augenblick, als Willow »Buffy!«
schrie.
Der Vampir holte mit seinen rasiermesserscharfen Krallen nach
Buffy aus, die jedoch geistesgegenwärtig in Deckung ging. Unglücklicherweise
hatte ihr Ausweichmanöver zur Folge, dass sie auf dem Rasen vor dem Haus ins
Straucheln geriet und zu Boden ging. Der Vampir ging sofort auf die Jägerin
los, die im Krebsgang zurückwich, bis sie gegen den Zaun stieß.
Während Giles noch mit sich selber darüber stritt, ob es weise
war, ihr zu Hilfe zu eilen, bekam Buffy eine der Zaunlatten zu packen, brach
sie blitzschnell heraus und benutzte sie, um den Vampir damit zu durchbohren.
Der Blutsauger zerfiel zu Staub.
Lächelnd, als ob nichts geschehen wäre, stand Buffy auf und sagte:
»Kommt ihr?« Damit marschierte sie auf das Gebäude zu.
Vielleicht liegt es ja an ihrer minimalen Aufmerksamkeitsspanne,
dachte der Wächter stolz, aber dieses Mädchen behält immer die Übersicht.
Dann hörte er einen Hilfeschrei, der ihm das Blut in den Adern
gerinnen ließ…
6
Das Rieseninsekt öffnete die Tür des Käfigs und bedeutete Xander
herauszukommen.
Okay, das ist also der große Augenblick. Jetzt wirst du über die
Mächte der Finsternis triumphieren und kämpfen und weiterleben.
Er verbarg den stibitzten Gitterstab hinter dem Rücken und
arbeitete sich mit den Füßen voran Zentimeter um Zentimeter aus dem Käfig
heraus. »Bin schon da«, sagte er. »Bin schon da.«
Als er nahe genug heran war, zog er der Mantis den Gitterstab über
ihr hässliches Haupt, sprang auf die Füße und rannte geradewegs zur Treppe.
Ich habe es geschafft! Ich bin frei! Es wird alles wieder gut…
Ein Insektenbein brachte ihn zu Fall, und er landete mit Knochen
stauchender Wucht auf den Treppenstufen.
Ich habe es nicht geschafft. Ich werde sterben.
Das zweite Vorderbein umschlang seinen Torso, und die
Gottesanbeterin hob ihn wie eine Feder vom Boden. Dann trug sie ihn zu einer
Wand und band ihn mit Lederriemen sicher daran fest. Hätte mir gestern jemand
gesagt, dachte Xander bitter, dass mich Miss French binnen vierundzwanzig
Stunden mit Lederriemen fesseln würde, wäre ich bestimmt ausgeflippt.
»Oh ja, jetzt geht’s los«, ließ sich Blayne vernehmen.
»Was? Was geht los?«, rief Xander verzweifelt, obwohl er
sich nicht hundertprozentig sicher war, dass er das wirklich wissen wollte.
»Die Eier? Wird sie jetzt ihre Eier legen…?«
Ihm fiel ein, was Miss French vor mehreren Lebensspannen im
Biounterricht gesagt hatte: »Die kalifornische Gottesanbeterin legt ihre Eier
und sucht sich anschließend ein Männchen, sie zu befruchten.« Er entdeckte ein
Bündel Eier an der Wand neben sich - wahrscheinlich das Ergebnis ihrer
leidenschaftlichen Nacht mit dem armen Kerl im Käfig neben Blayne.
Xander fragte sich, ob er sich das bloß einbildete, aber die
Gottesanbeterin schien tatsächlich zu lächeln. Vermutlich spielten ihm nur
seine überreizten Nerven einen Streich…
In diesem Moment schob sich der Insektenkopf nach vorne und
wisperte mit Natalie Frenchs Stimme. »Küss mich!«
Xander zerrte vergeblich an seinen Fesseln und keuchte: »Ich würde
gerne noch etwas sagen: Hilfe! Hiiiilfe!«
Wie zur Antwort zerbarst plötzlich das kleine Fenster neben der
Treppe, das auf den Rasen vor dem Haus hinaus ging, und der schönste Anblick,
den Xander in den sechzehn Jahren seines kurzen Lebens gesehen hatte, schob
sich in Gestalt von Buffy hindurch.
»He, hierhin ich!«, kreischte Blayne. »Hallo? Hier! Im
Käfig!«
Buffy bewies eine erstaunliche Geistesgegenwart; sie schenkte
Blayne keine Beachtung, sondern wandte sich dem Monsterinsekt zu und schrie:
»Lass ihn los!« Gleichzeitig griff sie gewissermaßen tief in die Trickkiste,
indem sie zwei Dosen Insektenspray aus ihrem Rucksack zog und »Miss French«
damit aus beiden Düsen besprühte.
Der Gestank war entsetzlich, doch für Xander duftete es wie Rosen.
Die Attacke hatte Erfolg, das Rieseninsekt zog sich rasch in eine Ecke zurück.
»Hilf mir!«, heulte Blayne unbeirrt weiter. Gib es auf, du
Waschlappen, du bist doch in deinem Käfig in Sicherheit, dachte Xander genervt.
»Schafft sie hier raus«, rief Buffy, und erst jetzt bemerkte
Xander, dass Willow und Giles ihr durch das Kellerfenster gefolgt waren. Willow
lief zu dem Käfig und versuchte ihn zu öffnen, während Giles Xanders
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