Xander, auf Liebe und Tod
finde das mit der Jungfräulichkeit gar nicht so schlimm«,
meinte Willow lächelnd. »Ich finde es eigentlich eher…«
Xander bückte sich und hob die Machete vom Boden auf, die Buffy
dort fallen gelassen hatte.
»… süß«, sagte Willow schnell, deren Augen angesichts der scharfen
Klinge riesengroß geworden waren. »Das ist bestimmt kein Thema, das ich jemals
wieder anschneiden werde.«
Xander lächelte, dann machte er sich auf den Weg zu den
Insekteneiern.
Methodisch wie ein Boxer vor einem Punchingball hackte und
schlitzte er die Hülle um die Eier in kleine Stücke.
Seit Wochen schon hatte er nichts mehr so sehr genossen.
Angel machte überhaupt kein Geräusch, als er im Bronze neben
Buffy auftauchte. Allerdings hatte sie ihren Gedanken freien Lauf gelassen, und
die Musik war heute Abend ganz besonders laut. Trotzdem hatte es immer wieder
den Anschein, als würde er einfach aus dem Nichts kommen. Das ist wirklich eine
unerfreuliche Angewohnheit, befand sie.
Außerdem kam ihr mit einem Mal zu Bewusstsein, dass sie noch immer
seine Jacke trug…
»Ich habe gehört, dass es einen Vampir weniger gibt, der
herumläuft und den Leuten auf die Nerven geht«, sagte er.
»So ist es. Ich schätze, ich sollte dir für den Tip danken.«
Er schenkte ihr sein typisches halbes Lächeln und antwortete: »Das
Vergnügen war ganz auf meiner Seite.«
»Es wäre in Zukunft natürlich alles etwas leichter, wenn ich
wüsste, wie ich Kontakt zu dir aufnehmen kann…«
»Ich bleibe in der Gegend.«
»… oder wer du bist.«
Dieses Mal war es ein ganzes Lächeln. Ein Teil von ihr
wünschte sich verzweifelt, ihm einen Kinnhaken zu verpassen; ein anderer Teil
wollte ebenso verzweifelt in diesem Lächeln versinken.
»Wie auch immer«, sagte sie einen Augenblick später und begann,
sich aus der Jacke zu schälen.
Er hob abwehrend die Hand. »Die steht dir besser als mir.« Und
dann fuhr er kurz mit der Hand über den Kragen der Jacke.
Plötzlich wurde es im Bronze ausgesprochen warm.
Angel ging, und Buffy schaute ihm noch lange nach, auch als er
ihrem Blick schon längst entschwunden war.
»Oh, Mann…«
Schuldirektor Flutie hatte einen neuen Biologielehrer gefunden,
der Dr. Gregorys Stelle einnahm. Er war größer als sein Vorgänger, hatte dafür
aber weniger Haare und die Ausstrahlung einer abgestorbenen Pflanze. Buffy
lernte Dr. Gregorys Vortragskünste erst in dem Moment schätzen, als sie dem
eintönigen Geleiere dieses Typen - dessen Namen sie nicht mal behalten
hatte - lauschen musste.
»Alle Hausarbeiten zur Schuljahresmitte werden exakt sechs Seiten
lang sein. Nicht mehr. Ein Drittel Ihrer Benotung wird von dieser Hausarbeit
abhängen. Nicht mehr. Nicht weniger…«
Sein Tonfall ändert sich überhaupt nie, dachte sie, und die
Aussicht auf die Trübsal des noch verbleibenden Schuljahres erfüllte sie mit
Grauen. Sie hatte eben erst angefangen, sich für Biologie zu interessieren,
aber sie hegte den Verdacht, dass dieser Lehrer ihr Interesse im Keim ersticken
würde.
Sie schielte nach dem Nachbarpult. Xander gab sich alle Mühe,
aufmerksam zu bleiben, und versagte dabei kläglich. Buffy vermutete, dass es
sich dabei um einen Rest von Schuldgefühl in Kombination mit dem Wunsch
handelte, niemals wieder riesigen Gottesanbeterinnen auf den Leim zu gehen.
Auch Willow sah ganz so aus, als kämpfe sie darum, ihre Augen offen zu halten.
Ein untrügliches Alarmsignal, dachte Buffy. Wenn der Lehrer sogar
Will langweilt, muss er ein echter Verlierer sein.
Diverse Eiszeiten später ertönte endlich die Schulglocke. Buffy
stand auf und wollte gehen, als etwas auf einem der schmalen Pulte ihre
Aufmerksamkeit erregte.
Dr. Gregorys zerbrochene Lesebrille lag noch genau dort, wo sie
sie abgelegt hatte.
»Und bitte, schenken Sie den Vorurteilen des Direktors oder
irgendeiner anderen Person über Sie keine Beachtung. Bringen Sie sie dazu, Ihre
Akte verspeisen zu müssen. Was sagen Sie dazu?«
Ich werde mein Bestes tun, versprach Buffy.
Heute Nacht, Teil 2
Xander Harris hatte im Leben nur sehr wenige Alpträume gehabt.
Aber einmal, gegen Ende des zweiten Schuljahrs, war ihm die Gelegenheit zuteil
geworden, sich einem solchen zu stellen: Schuld daran war der Clown, der
während der Party zu seinem sechsten Geburtstag für die Unterhaltung zu sorgen
hatte.
Ein anderer Alptraum, von dem er glaubte, dass er ihn wohl niemals
loslassen würde, war die riesige Gottesanbeterin, die auf ihn zukam, um
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