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Xeelee 1: Das Floss

Xeelee 1: Das Floss

Titel: Xeelee 1: Das Floss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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verschwommene Gesicht des Walreiters beunruhigend bekannt vor…
    Gover wußte zwar nicht, was da los war, aber vielleicht ließ sich ja irgendein Vorteil daraus ziehen.
    Er atmete zischend durch die Zähne aus und arbeitete sich zwischen den Verwundeten und Erschöpften hindurch, um Decker zu suchen.

    In den Stunden, nachdem er den Wal dazu ›überredet‹ hatte, seine Schule zu verlassen, hatte sich Rees oft gewünscht zu sterben.
    Der Wal bewegte sich stetig aus den Tiefen des Nebels hinaus und wand sich vor Einsamkeit und Trauer, weil er seine Kameraden hatte verlassen müssen. Dieser gewaltige Schmerz schlug über Rees zusammen, und Höllenqualen manifestierten sich in ihm. Er hatte weder essen noch schlafen können und lag fast bewegungsunfähig an der Magenwandung; sogar das Atmen bereitete ihm Schwierigkeiten. Einige Male hatte er sich halb bewußtlos im warmen Schleim des Bauchs gewälzt.
    Aber er bewahrte die Konzentration. Wie Streichholzflammen im Wind hielt er vor seinem geistigen Auge die Bilder von Hollerbach, Pallis und den anderen; und in Gedanken auf das Floß fixiert, sang er immer und immer wieder das Lied der Wale.
    Rees lag da, fürchtete sich vor dem Einschlafen, und so vergingen die Schichten. Dann, ganz abrupt, spürte er eine Veränderung; zu dem mentalen Sturm des Wals hatte sich eine Brise der Verwirrung gesellt, und das Tier schien sich in engen Kurven durch die Luft zu bewegen. Rees rollte sich auf den Bauch und peilte durch die transparente Knorpelmasse.
    Zuerst konnte er das, was er sah, nicht identifizieren. Eine große, rostbraune Scheibe, gegen die sogar der Wal wie ein Zwerg wirkte, ein kleiner Wald aus Bäumen, die sich langsam über unbeleuchteten Straßen aus Metall drehten…
    Es war das Floß!
    Mit neuer Kraft hatte er an den Knorpeln vor seinem Gesicht gerissen und die Finger in die dichte, faserige Substanz gegraben.

    Der Baum näherte sich zielstrebig der rollenden Masse des Wals.
    »Mach schon, Junge«, befahl Pallis. »Wer auch immer das da oben ist, er hat unsere Haut gerettet. Und jetzt retten wir ihn.«
    Widerstrebend beschickte Nead die Feuerkessel. »Glaubst du etwa, daß er den Wal absichtlich hierher gebracht hat?«
    Pallis zuckte die Achseln. »Welche andere Erklärung könnte es geben? Wie oft hast du schon einen Wal so dicht an das Floß herankommen sehen? Noch nie! Und wie oft hast du einen Mann auf einem Wal reiten sehen?
    Zwei unmögliche Ereignisse in einer Schicht? Nead, die simpelste Logik müßte dir sagen, daß es da einen Zusammenhang gibt.« Nead blickte ihn fragend an. »Siehst du«, sagte Pallis grinsend, »nicht einmal Wissenschaftler Dritter Klasse verfügen über den Stein der Weisen. Jetzt gib Dampf auf die verdammten Kessel!«
    Der Baum durchstieß den Rauchvorhang. Bald füllte der Wal den ganzen Himmel aus; es war eine monströse, rotierende Masse, auf der der Passagier wie ein Kind auf einem Karussell wirkte.
    Als der Baum näherkam, verlangsamte sich trotz Neads Bemühungen ruckend seine Rotation. Schließlich kam er vielleicht zwanzig Meter unterhalb des Walbauchs ganz zum Stillstand.
    Der Wal richtete seine drei Augen rollend auf das saftige Laub.
    »Ich kann nichts machen«, rief Nead. »Der verdammte Rauch ist so dick, daß man darauf gehen könnte, aber der Baum will sich einfach nicht bewegen.«
    »Nead, ein Baum wirkt ungefähr genauso verlockend für einen Wal wie ein Teller Synthofleisch für dich. Er gibt sein Bestes; halte ihn nur in dieser Position!« Pallis formte seine Hände zu einem Trichter und brüllte durch die Luft: »He, du! Auf dem Wal!«
    Ein zaghaftes Winken war die Antwort.
    »Hör zu, wir können nicht näher herankommen. Du mußt springen. Hast du verstanden?«
    Eine lange Pause, dann noch ein Winken.
    »Ich werde versuchen, dir zu helfen«, rief Pallis. »Die Rotation des Wals wird dich herüberschleudern; du mußt nur zum richtigen Zeitpunkt loslassen.«
    Der Mann grub sein Gesicht in das Fleisch des Wals, als ob er völlig erschöpft wäre. »Nead, dieser Bursche sieht nicht allzu gesund aus«, murmelte Pallis. »Wenn er es auf diese Art versucht, wird er wahrscheinlich keinen Halt finden können. Vergiß jetzt mal für einen Moment die Feuerkessel und mach dich bereit, dorthin zu laufen, wo er auftreffen wird.«
    Nead nickte und richtete sich auf, wobei er die Zehen im Laub verankerte.
    »Du da oben… bei der nächsten Umdrehung ist es soweit. Alles klar?«
    Ein weiteres Winken.
    Pallis stellte sich vor,

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