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Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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hilfloser Panik durchflutete ihn. »Was, zum Teufel, ist ihr zugestoßen?«
    »Nichts, Michael. Mir geht es gut. Siehst du?«
    Poole wirbelte beim Klang der tiefen, leicht rauhen und nur zu bekannten Stimme herum. Er sah sie wie durch einen Schleier – das markante, lebendige Gesicht, den kurzen Haarschopf und Augen, in denen die Tränen standen. Er warf sich blindlings in ihre Arme. Miriam war vielleicht zehn Zentimeter größer als Michael, und ihr schlanker, in eine robuste rosa Fliegerkombination gehüllter Körper verspannte sich für einen Moment, obwohl ihre Arme seinen Rücken umklammerten; dann entspannte sie sich und drückte sich mit dem ganzen Körper an ihn. Er vergrub sein Gesicht in der weichen Wärme ihres Halses.
    Als sie die Umarmung lockerte, löste er sich von ihr, nahm sie an der Schulter und sah ihr ins Gesicht. »Mein Gott, Miriam, ich dachte, du wärst tot. Als ich das Rettungsboot sah…«
    Sie lächelte mit schmalen Lippen. »Nicht sehr freundlich von ihnen, stimmt’s? Aber sie haben mir nichts getan. Vielleicht gewöhne ich mich noch daran. Ich bin jetzt schon ein Jahr hier…«
    »Und die Reise durch die Zeit? Wie war die?«
    Ihre Gesichtszüge schienen einzufallen, aber dann bekam sie sich wieder unter Kontrolle. »Ich habe es überlebt«, meinte sie nur.
    Mit einem Gefühl der Verlegenheit wich Poole etwas von ihr zurück. Ihm war wieder eingefallen, daß Harry dicht neben ihm stand, aber er sah ihn nicht an; er war zwei Jahrhunderte alt, und er sollte verdammt sein, wenn er noch mehr väterliche Zuneigung zu verkraften hatte. Nicht gerade jetzt.
    Jetzt sah er, daß eine Frau bei Miriam stand: so groß wie sie, etwas hager; ihr schmales, knochiges Gesicht war jung und schön – mit Ausnahme der kuppelförmigen Glatze, von der Poole kaum den Blick wenden konnte. Die Frau sah ihn unverwandt an. Der Blick ihrer hellen Augen war irgendwie irritierend: Poole erkannte in ihnen die Unbekümmertheit der Jugend, überlagert von schierer Emotionslosigkeit.
    Harry ging auf das Mädchen zu und streckte die Hand aus. »Michael hat seine Begrüßung bekommen; was ist mit mir?«
    »Harry…«, stöhnte Michael innerlich.
    Das Mädchen schwenkte den Kopf zu Harry herüber und machte einen Ausfallschritt zurück. »Das wäre nett, wenn es denn möglich wäre, Sir«, meinte sie mit feierlichem Gesichtsausdruck.
    Harry grinste und zuckte theatralisch die Achseln. »Ist meine Auflösung wieder mal zu niedrig? Verdammt, Michael, warum hast du mir nichts gesagt?«
    Berg beugte sich dicht zu Poole hinüber. »Wer ist dieser komische Vogel?«
    »Mein Vater. Kaum zu glauben, was?«
    Berg verzog das Gesicht. »Wie peinlich. Warum schaltest du ihn nicht einfach ab? Er ist doch nur ein Virtueller.«
    »Nicht, wenn es nach ihm geht.«
    »Michael Poole.« Nachdem das Mädchen sich aus den Fängen von Harrys Aufmerksamkeit befreit hatte, wandte es sich Poole zu; ihr Teint war ziemlich blaß, und die Haut um die Augen faltig und schlaff. Poole fühlte sich von der Morbidität dieses Mädchens aus der Zukunft angezogen – diesem Kontrast zu den High-Tech-Übermenschen, die er sich zuweilen in wilden Phantasien vorgestellt hatte. Sogar die einteilige Kombination, die sie trug, war wie die von Miriam aus einer groben, billig wirkenden Kunstfaser zusammengeschneidert.
    »Ich bin Poole«, stellte er sich vor. »Meinen Vater kennen Sie ja schon.«
    »Mein Name ist Shira. Es ist mir eine Ehre, Ihre Bekanntschaft zu machen.« Ihr Akzent war futuristisch, aber neutral. »Auch in meiner Zeit werden Ihre Leistungen noch gerühmt«, sagte das Mädchen. »Natürlich wären wir nicht hierher gekommen, wenn wir nicht auch Ihr Interface-Projekt hätten in Augenschein nehmen wollen…«
    »Habt ihr sie deswegen landen lassen, ohne sie gleich aus dem All zu pusten?« warf Berg scharf ein.
    »Das hätten wir nicht getan, Miriam Berg«, dementierte Shira. Sie klang leicht verletzt.
    »Gut, aber ihr hättet auch nur mal vorbeischauen und dann mit eurem Hyperantrieb abhauen können, wie ihr es bei den anderen Schiffen gemacht habt…«
    Das Wort traf Poole wie ein Schlag ins Gesicht. »Haben sie wirklich einen Hyperantrieb?«
    »Sicher«, bestätigte Berg düster. »Frag sie doch, ob du ihn dir mal ansehen darfst.«
    Harry beugte sich nach vorn und schob sein junges Gesicht dicht an das des Mädchens. »Warum mußtet ihr hierher kommen, in unsere Zeit? Warum hat dieses Schiff nur eine Nachricht an das ganze Sonnensystem

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