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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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sich das Zentrum der Ring-Scheibe über den stark gekrümmten Horizont von Callisto. Deutlich konnte Louise Störstellen erkennen, die mahlend den geometrischen Mittelpunkt der Scheibe umkreisten und ihre überfüllten, mühseligen Orbits entlangtaumelten. Aber das Zentrum der Scheibe selbst war unspektakulär – nur ein hellerer Fleck, der sich zusammen mit dem Rest der Scheibe drehte. Es war irgendwie frustrierend, als ob etwas fehlte.
    Seilspinnerin hörte sich enttäuscht an. »Ich kann nichts in der Mitte erkennen. Wo früher der Planet war.«
    Louise grinste. »Das war auch nicht zu erwarten. Ein Schwarzes Loch mit der Masse von Jupiter hätte gerade einmal einen Durchmesser von sechs Metern oder so…«
    »Im höheren Frequenzbereich tut sich einiges«, meldete Mark. »Die Gammastrahlung, und weiter oben…«
    »In Richtung auf den Mittelpunkt des Systems haben wir eine veritable Akkretionsscheibe«, fuhr er fort, »wobei die Materie enorm aufgeheizt wird, bevor sie in das Schwarze Loch selbst stürzt. Sie ist zwar klein, aber sehr strukturiert, wenn man die richtigen Frequenzen auswählt.«
    Mit offensichtlichem Eifer justierte Seilspinnerin das Visier vor dem Gesicht, und Mark sagte ihr, welche Einstellungen sie vornehmen mußte. Bald nahmen Seilspinnerins Augen wieder diesen unfokussierten Blick an, als sie sich auf die optische Verstärkung konzentrierte.
    Louise ließ ihr Visier im Schoß liegen; das Schwarze Loch und sein großer, milchiger Ring deprimierten sie auch im sichtbaren Spektrum schon genug.
    Das neue Ringsystem von Jupiter mit seiner diffusen Blässe und dem schnellen, dichten Wirbel im Mittelpunkt war in jedem Frequenzbereich alles andere als schön. Es war zu offensichtlich, daß es sich hier um eine Trümmerlandschaft, um einen Ort der Vernichtung handelte – eine Zerstörung, die sich erkennbar fortsetzte, während das Schwarze Loch an seiner Akkretionsscheibe nagte. Und, als Louise die Sache mit den Augen des Ingenieurs betrachtete, wirkte das System mit seinem leeren Mittelpunkt unfertig und provisorisch. Das System hatte keine Seele, dachte sie, die Größe der Ringe wurde durch nichts kompensiert: Im Vergleich hierzu hatten die Saturnringe wie Schmuck gewirkt, eine Kette aus Eis und Felsen um den Hals einer ohnehin schon schönen Welt.
    Seilspinnerin wandte sich ihr zu, wobei die bebrillten Augen von dem Visier verdeckt wurden. »Das ganze Ding sieht wie ein Whirlpool aus«, kommentierte sie.
    Louise zuckte die Achseln. »Gut möglich. Ein Whirlpool, der ein Loch in der Raumzeit umkreist.«
    »Ein Whirlpool aus Gas…«
    … Gas, und Felsen und Wassereis: Fragmente zertrümmerter Welten…
    Louise erzählte Seilspinnerin von den verschwundenen Jupiter-Monden. Sie erwähnte Io mit seinen Vulkankratern und den hundert Meilen hohen Schloten, seiner schwefelbedeckten Oberfläche und dem ihn umgebenden Torus aus vulkangespeistem Plasma; sie erwähnte Ios Erzminen im Schatten des Riesenvulkans Babbar Patera. Sie erzählte Seilspinnerin von Ganymed: Größer als Merkur, mit Kratern übersät und eine geologische Fundgrube – der stabilste und am dichtesten besiedelte aller Jupiter-Monde. Und Europa, eine Eiskugel mit einer glatten, hellen Oberfläche – ständig durch geschmolzenes Eis und tektonische Aktivitäten erneuert –, die sich über eine flüssige Schicht zog. Vielleicht war Ganymed sogar ein leuchtender Vorgänger dieses glasierten Leichnams von Callisto gewesen.
    Welten, alle besiedelt – alle verschwunden.
    Louise hoffte inständig, daß sie vor dem finalen Desaster noch genügend Zeit zur Evakuierung der Monde gehabt hatten. Wenn nicht, dann würde es hier noch Überreste von Menschen geben, die inmitten der Feisund Eisfragmente, aus denen diese Ringe bestanden hatten, im Jupiterorbit drifteten: Relikte zerstörter Häuser, Spielzeuge, Leichen.
    Seilspinnerin schob das Visier hoch und rieb sich die Augen. »Ich hätte Jupiter gern gesehen, mit seinen Monden und all diesen Städten… Vielleicht hätte Jupiter gerettet werden können. Wie du mir gesagt hast, muß diese Implosion schließlich Tausende von Jahren gedauert haben.«
    Louise verkniff sich einen sarkastischen Kommentar. »Ja. Aber offensichtlich war es etwas zu schwierig, Schwarze Löcher aus dem Herzen eines Gasgiganten zu holen, selbst für die Menschen, die viele Jahrtausende in meiner Zukunft lebten.«
    Jupiter war durch die Aktionen der Freunde von Wigner vernichtet worden.
    Die Freunde waren menschliche

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