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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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sie, wobei sich Besorgnis und Neugier hinter der Brille miteinander verquickten.
    »Woran denkst du gerade, Louise?«
    »Das hätte sich erst in fünf Milliarden Jahren ereignen dürfen«, sinnierte Louise. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie hatte Mühe, die Stimme konstant zu halten. »Die Sonne hatte gerade erst ihre halbe Lebensdauer hinter sich – die Hälfte ihres stabilen Lebenszyklus in der Hauptreihe.«
    Das hätte nicht passieren dürfen. Jemand hat das vorsätzlich herbeigeführt und uns unserer Zukunft, unserer Welten beraubt – verdammt, das war unsere Sonne…
    »Louise.« Marks synthetische Stimme klang energisch und dringlich.
    Sie atmete tief durch und versuchte, ihren Zorn und Ärger zu verdrängen und sich auf die Gegenwart zu konzentrieren.
    »Was gibt’s?«
    »Du solltest lieber zur Northern zurückkommen. Morrow hat etwas gefunden… Etwas im Eis. Er glaubt, daß es ein Raumschiff ist.«

16

    »UVAROV. UVAROV.«
    Garry Uvarov wurde aus dem Schlaf gerissen. Er versuchte die Augen zu öffnen…
    Wie immer in diesem ersten Augenblick des Erwachens – selbst nach all diesen Jahren – vergaß er. Seine Blindheit überwältigte ihn, eine gefleckte Dunkelheit vor den Augen, die jedes neue Erwachen zu einem wüsten Horror werden ließ.
    »Garry. Sind Sie wach?«
    Es war die besorgte Stimme dieser Pseudo-Person, Mark Bassett Friar Armonk Wu. Uvarov schwenkte den Kopf herum und versuchte, den Ursprung der synthetischen Stimme zu lokalisieren. Sie schien von allen Seiten zu kommen. Er versuchte zu sprechen; er spürte, wie sich sein pelziger Mund mit einem Schmatzen, wie bei einem Fisch, öffnete. »Mark Wu. Wo sind Sie, verdammt?«
    »Genau hier. Oh.« Eine Sekunde des Schweigens. Dann: »Ich bin hier.«
    Nun kam die Stimme direkt auf ihn zu, von einem präzisen, gut definierten Ort.
    »Besser«, grummelte Uvarov.
    »Tut mir leid«, bedauerte Mark. »Ich hatte keine Projektion aufgebaut. Ich hatte nicht gewußt…«
    »Es war Ihnen egal«, grollte Uvarov. »Weil ich Sie nicht sehen kann, hielten Sie es für ausreichend, in der Luft um mich herumzuschweben wie ein Gespenst.«
    »Ich wußte nicht, daß es Ihnen so wichtig ist«, verteidigte sich Mark.
    »Nein«, sagte Uvarov. »Daran zu denken wäre ein zu menschlicher Akt für eine Kopie wie Sie gewesen, stimmt’s?«
    »Brauchen Sie etwas?« fragte Mark mit strapazierter Geduld. »Etwas zu essen, oder…«
    »Nichts«, erwiderte Uvarov brüsk. »Dieser Stuhl kümmert sich um alles. Bei mir geht es an einem Ende rein und am anderen wieder raus; ich muß nicht mal schlucken.« Er schürzte die Lippen und verzog spöttisch das Gesicht. »Das wissen Sie aber auch selbst. Warum haben Sie sich also die Mühe gemacht, sich nach meinem Wohlbefinden zu erkundigen? Nur um mir ein Gefühl der Abhängigkeit zu vermitteln?«
    »Nein.« Mark klang ungerührt, nun aber selbstsicherer. »Ich hielt es für menschlich, danach zu fragen.«
    Uvarov ließ sich darob ein meckerndes Lachen entlocken. »Touché.«
    »Es ist nur deswegen, weil Sie immer so lange schlafen, Uvarov«, meinte Mark trocken.
    »Das würden Sie auch, wenn Sie nicht tot wären«, konterte Uvarov.
    Er konnte seinen rasselnden Atem hören, das leise Ticken einer großen alten Uhr irgendwo hier im Speisesaal von Louises altem Dampfschiff. Der Transport dieses nutzlosen Relikts über fünf Megajahre in die Zukunft war natürlich ein absurdes Unterfangen gewesen, und es enthüllte eine fundamentale Charakterschwäche von Louise Ye Armonk. Aber dennoch mußte Uvarov sich eingestehen, daß die Struktur des alten Materials – die bunten Wände, die Spiegel, das polierte Holz der beiden langen Tafeln – wundervoll klangen.
    »Ich nehme an, daß Sie einen Grund dafür hatten, mich zu wecken.«
    »Ja. Die Sonnenmaser-Sonden…«
    »Ja?«
    »Wir bekommen nun aussagekräftige Daten herein, Uvarov.« Mark klang jetzt erregt, aber Uvarov vergaß zu keinem Zeitpunkt, daß jede Gefühlsregung in der Stimme dieser Künstlichen Intelligenz rein synthetisch war.
    Dennoch, trotz dieser zynischen Überlegung, erweckte dies nun auch in Uvarov ein spezifisches Interesse – ein Gefühl des Wunders. Aussagekräftige Daten?
    Die Maser-Strahlung stammte von heißen Flecken in der Photosphäre selbst – Flecken intensiver Maserhelligkeit mit einem Äquivalent von Dutzenden Millionen Wärmegraden, vor einem kühleren Hintergrund als dem der früheren gelben Sonne. Der Konvektionsmechanismus, der den kohärenten Pfaden

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