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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Phantasie – auf das Konzept einer Intelligenz im Innern der Sonne zu konzentrieren…
    Aber das war so schwierig.
    Seine Gedanken schweiften erneut ab. Er dachte an seine Waldkolonie. Er dachte an Seilspinnerin.
    Manchmal fragte Uvarov sich, wie erfolgreich wohl junge Leute gewesen wären, wenn sie die Gelegenheit gehabt hätten, zu studieren und zu lernen, mit diesem fremden, zerstörten Universum als intellektuellem Hintergrund. Wieviel mehr hätte die Jugend mit ihrem klaren Blick und Verstand erforschen können, als er es bewerkstelligen konnte!
    Es war bereits fünfzig Jahre her – in seinem fehlgeleiteten, zeitweiligen Wahn –, seit er seine Waldkinder inspiriert hatte, ihre gefahrvolle Reise aus der Lebenskuppel zu unternehmen. Fünfzig Jahre: Einst fast ein ganzes Menschenalter, überlegte er – und doch, heute, kaum mehr als ein Zwischenspiel seines eigenen, absurd langen Lebens, eingesperrt wie er war in seinem verwesenden Kokon eines Körpers.
    Also mußte selbst Seilspinnerin, Pfeilmachers naseweise Tochter, bereits – was, chronologische fünfundsechzig sein? Vielleicht gar siebzig? Schon eine alte Frau. Aber dank der AS-Konservierung wies sie nach wie vor die Merkmale – und, soweit er es erkennen konnte, auch die Mentalität – eines Kindes auf.
    Er fühlte sich von einer großen Sorge befrachtet. Natürlich war sein Experiment jetzt verloren; ohne Zweifel war sein sorgfältig entwickelter Gen-Pool mittlerweile durch die Vermischung der Waldmenschen und der von Suprahet kontrollierten Decks verunreinigt, und seine unsterbliche Zucht wurde durch AS-Behandlung verdrängt.
    Aber dennoch war der von ihm gemachte Fortschritt in seinen Augen präsent; die Gene existierten nach wie vor, schliefen zwar, waren aber bereit. Und wenn – falls – die Besatzung der Northern diese Zeit der Ungewißheit überstand, wenn sie eine neue Welt erreichte, dann konnte das große Experiment von neuem beginnen.
    Aber in der Zwischenzeit…
    Wieder dachte er an Seilspinnerin, eine Kindfrau, die zwischen Bäumen und Blättern aufgewachsen war und nun die Trümmer des Sonnensystems durchstreifte.
    Uvarov hatte viele Fehler gemacht. Nun, er hatte auch genug Zeit dafür gehabt. Aber er konnte, wenn schon auf nichts anderes, zumindest darauf stolz sein: Daß er – Garry Uvarov – bis in diese Ära der universalen Zerstörung wenigstens einen Hauch von Jugendfrische bewahrt hatte. »Uvarov«, meldete sich Mark.
    Uvarov drehte sich um. Die synthetische Stimme der KI klang jetzt anders – merkwürdig monoton, bar jeder Expressivität. Also keine dieser verdammten künstlichen Tonlagen, dachte Uvarov mit leichtem Triumph. Es hatte den Anschein, daß die Prozessorkapazität des Virtuellen kurzfristig andernorts gebraucht wurde. Etwas war geschehen. »Nun? Was gibt es?«
    »Ich habe es geschafft. Ich habe das Signal entschlüsselt – die Informationen in den Maser-Pulsen. Auf dem Monitor entsteht eine Darstellung…«
    »Eine Darstellung? Reden Sie, verdammt.« Es war das Gesicht einer Frau (sagte Mark), das von farbigen Pixeln grob abgebildet wurde. Ein menschliches Gesicht. Die Frau hatte ein physisches Alter von etwa fünfundsechzig Jahren; sie hatte kurzes, sandfarbenes Haar, eine kräftige Nase, einen großen Schmollmund und große, verletzliche Augen. Ihre Lippen bewegten sich.
    »Ein Frauengesicht – das nach fünf Millionen Jahren mittels Masersignalen aus dem Herzen einer Sonne übertragen wird, die sich in einen Roten Riesen verwandelt hat? Ich glaube das einfach nicht.«
    Mark schwieg einen Moment lang. »Glauben Sie, was Sie wollen. Ich vermute, daß sie etwas sagen will. Aber wir haben noch keinen Ton.«
    »Wirklich sehr inkommod.«
    »Warten Sie… Aha. Da kommt er.« Jetzt hörte Uvarov es, hörte die Stimme der unglaublichen Abbildung aus der Vergangenheit. Anfangs war das Timbre verzerrt, die Worte praktisch unverständlich, und, wie Mark ihm mitteilte, sehr schlecht mit den Lippenbewegungen synchronisiert.
    Dann, nach ein paar Minuten – und mit beträchtlicher Signalverstärkung von den Rechnerprozessoren –, wurde die Botschaft deutlich.
    »Verdammt«, meinte Mark, »sogar die Sprache kommt mir bekannt vor…«
    Mein Name ist Lieserl. Willkommen daheim, wer auch immer ihr seid. Ich nehme an, daß ihr euch fragt, warum ich euch für heute abend hergebeten habe…

    Die Akkretionsscheibe des Schwarzen Lochs von Jupiter funkelte groß und bedrohlich vor dem dunkelroten Hintergrund der zerstörten,

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