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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Schiff zu veranlassen, diese Anbauteile als integrale Komponenten seiner Struktur zu betrachten.
    Aber dennoch, ungeachtet der menschlichen Zusätze, konnte Seilspinnerin das Funkeln der kosmischen Strings an den Flügelkanten erkennen, als die Schwingen sich über Hunderte von Kilometern im Raum entfalteten und die Nachtschwärze der Weltflächen-Flügel selbst sich ausbreitete. Während sie sich abwickelten, überlagerten sich die Schwingen mit einer für so große Artefakte erstaunlichen Eleganz und Grazie, dachte Seilspinnerin – und doch schienen diese Linien ein gigantisches Potential an Energie und Kraft auszustrahlen. Sie berührte die Waldos.
    Die Schwingen pulsierten.
    In einem Augenblick sah sie Port Sol von sich zurückweichen, eine blitzlichtartige Impression von geduckten menschlichen Gebäuden und klaffenden Eiswunden, die mit erschreckende Geschwindigkeit in einem Lichtpunkt implodierte.
    Und dann war die Kleinstwelt verschwunden. Innerhalb eines Herzschlages hatte sich Port Sol so weit entfernt, daß der Mond nicht einmal mehr als ein Punkt zu sehen war – und es existierte auch kein Referenzhintergrund mehr, anhand dessen sie ihre Geschwindigkeit hätte bestimmen können.
    Dann, mit zunehmender Geschwindigkeit immer deutlicher, begann wieder die Blauverschiebung die vor ihr stehenden Sterne zu überlagern. Die einige Stunden anhaltenden relativistischen Effekte würden diesen gealterten Sternen schlagartig wieder einen Teil der Helligkeit zurückgeben, der sie sich einst erfreut hatten.
    Und wieder überkam sie dieses kaum definierbare Gefühl, daß jemand bei ihr war, hier im Cockpit – eine Präsenz, sicherlich menschlich, die genauso sehnsüchtig wie sie zu den blauverschobenen Sternen hinausschaute.
    Sie fragte sich, ob sie Louise davon erzählen sollte. Aber – real oder nicht, außerhalb ihres verwirrten Geistes oder nicht – ihr Begleiter stellte keine Bedrohung dar.
    Und außerdem, was würde Louise dazu sagen? Was konnte sie dagegen tun?
    Als der Sternenbogen sich erneut um sie herum verdichtete, verdunkelte Seilspinnerin das Helmvisier und kuschelte sich in den Sitz, bis sich eine lästige Kleidungsfalte auf dem Rücken geglättet hatte, und dann versuchte sie zu schlafen.

    Die langsamen, weiten Orbits von Port Sol und des Funkfeuers hatten, vom Mittelpunkt der Sonne aus betrachtet, einen Neunzig-Grad-Winkel zwischen sie gelegt. Louise hatte einen Kurs gewählt, der den Nightfighter auf einer weiten Flugbahn hoch über die Ekliptik in die äußeren Regionen führte. Die Bahn des Nightfighters glich der einer Fliege, die von einem Tellerrand auf den anderen wechselt.
    Die Sonne hockte wie eine aufgeblähte, groteske Spinne im Herzen ihres zerstörten Systems. Die inneren Planeten – Merkur, Venus, Erde/Mond – waren verschwunden… mit Ausnahme von Mars, der zu Schlacke reduziert worden war, sicher ohne jedes Leben, da sein Orbit ihn durch die obersten Schichten des neuen Roten Riesen führte. In wenigen Jahrtausenden würde dieser fragile Orbit kollabieren und auch Mars dem Feuer überantworten. Von den äußeren Gasriesen – Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun – hatten alle mehr oder weniger unbeschadet überlebt, außer dem implodierten Jupiter. Aber der äußerste Planet überhaupt – die Zwillingswelt Pluto/Charon – war verschwunden. Seilspinnerin lauschte Louises Ausführungen. »Was ist also mit Pluto geschehen?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gestand Louise. »Auf seiner alten Umlaufbahn ist keine Spur zu entdecken. Vielleicht werden wir es nie erfahren.
    Seilspinnerin, viele der kleineren Himmelskörper des Systems scheint es schwer erwischt zu haben. Zweifellos ist das teilweise auf den neuen, extremen Zustand der Sonne zurückzuführen… aber vielleicht handelt es sich dabei auch um Vorsatz.«
    Früher hatte das Sonnensystem eine ganze Reihe kleiner Himmelskörper beherbergt. Die Oort-Opik-Wolke war ein Schwarm aus hundert Milliarden Kometen gewesen, die in einem riesigen, leeren Raumsektor kreisten, zwischen vier Lichtmonaten und drei Lichtjahren von der Sonne entfernt. Auch diese Wolke war verschwunden.
    »Viele der Kometen müssen durch die Expansion der Sonne zerstört worden sein«, spekulierte Louise, »durch den riesigen Schwall Wärmeenergie verdampft… Sie wären auch von anderen Systemen aus zu sehen gewesen; sie hätten quasi Wasserzeichen in das Spektrum der Sonne integriert: Eine Art spektraler Nachlaß für das Sonnensystem, falls überhaupt noch irgendwo

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