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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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herrschte hier nur Leere.
    Die Sonne war eine dunkelrote Kugel, die rechts unter dem Käfig stand.
    Sogar hier, am Rande des Systems, erschien die Sonne noch als eine große Scheibe und schickte blutiges Licht schräg durch ihren Käfig herauf.
    Zu ihrer Linken rotierte langsam die Miniaturwelt, die Louise Port Sol nannte. Der kleine Eismond war von Hunderten von Kratern vernarbt: Tief und erstaunlich regelmäßig. Der winzige Mond hatte früher das Eis für die Reaktionsmasse der alten interstellaren GUT-Schiffe bereitgestellt. Es existierten noch immer Gebäude, über die Oberfläche verstreute, kompakte Siedlungen; Seilspinnerin konnte die Überreste von Kuppeln, Pylonen und Bögen sehen, spektakuläre Mikrogravitations-Architektur, zu deren Instandhaltung wohl wahnwitzige Summen erforderlich gewesen sein mußten.
    Aber die Gebäude waren verschlossen, verdunkelt, und dünner Frost überzog ihre Oberflächen; die Pylonen und eleganten Kuppeln waren eingestürzt, wobei Glas und Metallreste wie gebrochene Knochen vorsprangen.
    »Einiges davon kommt mir bekannt vor«, sagte Louise. »Ein Teil der Geographie, meine ich. Ich könnte dir sogar Ortsnamen nennen. Kannst du dir das vorstellen – nach fünf Megajahren?
    Aber ich schätze, das sagt uns nur, daß Port Sol nicht lange nach meiner Zeit aufgelassen wurde. Nach dem Erwerb des Hyperantriebs der Squeem müssen die GUT-Schiffahrtslinien – sogar der Betrieb der Wurmlochstrecken – mit einem Schlag überflüssig geworden sein. Der weitere Betrieb von Port Sol hatte keinen ökonomischen Vorteil mehr. Ich frage mich, wie die letzten Tage aussahen… Vielleicht wurde der Hafen noch für eine Weile durch den Tourismus am Leben erhalten. Und im Rückblick hat es sicher etliche Leute gegeben, die nicht in das überfüllte innere System zurückkehren wollten. Vielleicht sind einige von ihnen hiergeblieben, bis die AS-Behandlung schließlich versagte…
    Vielleicht war das so«, mutmaßte sie. »Aber ich halte es trotzdem für wahrscheinlicher, daß eine größere Gruppe auf dem Mond zurückgeblieben war.«
    »Wie hat Port Sol die Kriege überstanden?«
    »Wer hätte denn schon hierher kommen sollen?« fragte Louise zurück. »Worum könnte man hier wohl kämpfen? Es gibt nichts, das es wert wäre, auch nur zerstört zu werden. Seilspinnerin, Port Sol muß schon den größten Teil der fünf Megajahre seit dem Abflug der Northern verlassen sein. Der Mond ist um den Rand des Systems gedriftet, unbemerkt und von niemandem besucht, während die Xeelee-Kriege in Wellen über die inneren Welten schwappten. Das System ist vielleicht mit aufgegebenen Stützpunkten wie diesem übersät – zu abgelegen, als daß es sich lohnen würde, Suchexpeditionen dorthin zu entsenden, die Orte auszuschlachten oder auch nur zu vernichten. Alles mit Fragmenten der menschlichen Geschichte verkrustet – und verlorenem Leben, vermoderten Knochen.«
    Seilspinnerin lachte unbehaglich; solche Betrachtungen war sie von der Ingenieurin nicht gewohnt.
    Sie drehte den Kopf und überblickte den Himmel. »Mir gefällt es hier nicht, Louise«, meinte sie. »Alles ist tot. Verlassen. Ich dachte schon, das Jupiter-System sei übel, aber…«
    Von der Sonne und Port Sol abgesehen leuchteten hier nur die entfernten, trüben Sterne, unglaublich weit weg. Seilspinnerin wurde von der riesigen Dimension dieser sie umgebenden Einöde niedergedrückt: Ihr eigener Funken menschlichen Lebens und Wärme nahm sich gegenüber dieser unendlichen Dunkelheit so unbedeutend aus wie das düstere Glühen der Sensorbeleuchtung auf ihren Steuergeräten.
    Leer. Tot. Das war der Grundzustand des Universums, dachte sie; Leben, Vielfalt der Arten und Energie waren nur isolierte Abweichungen. Das Wald-Deck der Northern – die Gesamtheit dieser eingeschlossenen Welt, die ihr als Kind so groß erschienen war – war nichts weiter als ein winziger Fleck aus deplaziert wirkendem Grün, irrelevant in dieser ganzen Leere.
    »Ich weiß, wie du dich fühlst«, sagte Louise. »Bei Jupiter war wenigstens noch etwas am Himmel. Stimmt’s? Hör zu, Seilspinnerin; es ist alles nur eine Frage des Maßstabes. Port Sol ist ein Kuiper-Objekt – eine Eiskugel, die die Sonne in einem Abstand von etwa fünfzig AE umkreist. AE – das sind Astronomische Einheiten – das heißt…«
    »Ich weiß, was das heißt.«
    »Seilspinnerin, Jupiter befindet sich nur fünf AE vom Zentrum der Sonne entfernt. Damit ist unsere Distanz zum Herzen des Systems zehnmal

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