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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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virtueller Klang, dachte sie, übertragen durch einen Defekt in der Raumzeit, und – vielleicht – über eine Grenze zwischen verschiedenen Spezies.
    Komm schon, Lieserl. Wir müssen weiterarbeiten.
    Erneut ließ sie ihr Bewußtsein in eine virtuell-menschliche Form implodieren.
    Sofort reduzierte sich ihr Wahrnehmungsspektrum wieder. Der Blick durch quasi-menschliche Augen war tröstlich… irgendwie. Und doch, so dachte sie, eingeschränkt.
    Kein Wunder, daß Suprahet so darauf bedacht gewesen war, sie mit Sympathie für die Menschheit zu imprägnieren… bevor sie ihrer Menschlichkeit vollständig beraubt worden war.
    Vielleicht würde es nicht mehr sehr lange dauern, bis sie bereit war, selbst diesen letzten Rest von Menschlichkeit noch abzustreifen.
    Und was dann?

    Gebadet im Licht des Jupiter saßen Louise, Uvarov, Milpitas und Mark auf den weichen Couches, deren Lehnen weggeklappt worden waren. Die Virtuellprojektion von Michael Poole hielt einen Schwenker mit altem Brandy in der Hand; das Glas war mit der Illusion blaugoldener Lichtreflexe des Interface angefüllt, und Virtuell-Poole nippte mit allen Anzeichen des Genusses daran – als ob es das erste und gleichzeitig auch letzte Glas wäre, das er jemals genießen würde.
    Was für diese spezifische, autonome sensitive Kopie womöglich auch zutraf, dachte Louise.
    »Auf das Überleben der Spezies.« Louise erhob ihr Glas und nippte am Whisky, einem feinen torfigen Scotch. »Aber was hat das mit mir zu tun? Ich habe ja nicht einmal Kinder.«
    »Suprahet hat eine lange Geschichte«, meinte Virtuell-Poole steif. »Du wirst es vielleicht nicht wissen, aber Suprahet besteht bereits seit eintausend Jahren. Der Name geht auf eine alte Geheimsekte in Nordamerika zurück, welche die ersten Atomwaffen verehrte…«
    Das Suprahet-Credo verkörperte in mancherlei Hinsicht die Essenz des Optimismus der Menschheit vor Poole. Suprahet glaubte, daß es nichts gab, was die Menschheit nicht verwirklichen könnte.
    Poole starrte in seinen Drink. »Suprahet ist der Auffassung, daß die Realisierung von etwas, das physikalisch realisierbar ist, nur eine Frage der Ingenieurskunst sei.« Der Gesichtsausdruck des Virtuellen war komplex – fast gequält, stellte Louise fest. »Aber es bedarf der Planung – unter Umständen in riesigen Zeiträumen«, fuhr der Virtuelle fort.
    Louise spürte, wie sich ein vager Zorn in ihr aufstaute. Uvarov hatte recht. Das ist nicht Michael Poole. Poole würde die grandiosen Ziele von Suprahet nicht auf diese Art legitimieren. Das ist eine Travestie einer Programmierung, die sich im Widerstreit mit Emotionen befindet.
    »In der Vergangenheit«, sprach der Virtuelle weiter, »hat Suprahet viele der Öko-Ingenieursprojekte gesponsert, die einen großen Teil der irdischen Biosphäre restauriert haben – wie etwa die Kohlenstoff-Ausfällungskuppeln.«
    Louise wußte, daß das stimmte. Die großen Makro-Ingenieursprojekte des letzten Jahrtausends, ergänzt durch die Nano-Aufbereitung der Atmosphäre und Litosphäre sowie die Auslagerung der meisten Kraftwerke und Industrieanlagen in den Weltraum, hatten das fragile Ökosystem der Erde stabilisiert und bewahrt. Die gemäßigten Breiten wurden jetzt wieder von mehr Wald bedeckt, als es seit dem Ende der letzten Eiszeit der Fall gewesen war. Dadurch wurde ein Großteil des überschüssigen Kohlendioxids gebunden, das in den vergangenen Jahrhunderten so viele Probleme bereitet hatte. Und der massive Schwund der Arten, der nach dem Beginn der Industrialisierung vor einigen Jahrtausenden eingesetzt hatte, war schon lange wieder umgekehrt worden, dank der Nutzung genetischer Archive und der sorgfältigen Rekonstruktion verlorener Genotypen durch die Rückkreuzung verschiedener Abkömmlinge.
    Die Erde war der erste Planet, der einer Terraformung unterzogen worden war.
    »Aber die Ziele von Suprahet wurden nach dem Zwischenfall mit den Freunden von Wigner modifiziert…«, dozierte der Virtuelle.
    »Wenn Suprahet schon eine derart hehre Organisation ist«, grummelte Uvarov, »warum hält sie sich dann so bedeckt? Wozu diese Geheimniskrämerei?«
    »Suprahet ist tausend Jahre alt, Doktor«, erwiderte Poole.
    »Keine menschliche Organisation mit einer solchen Lebensdauer hat sich jemals völlig geöffnet. Denken Sie nur an die großen etablierten Religionen, Gesellschaften wie die Templer und die Freimaurer. Gruppierungen wie Suprahet umgeben sich im Laufe der Zeit mit einem Nimbus der Tradition und

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